Greifswald. „Prof. Succow ist national wie international eine Ausnahmepersönlichkeit im Naturschutz. Sein Engagement für große Wildnisgebiete und eine dauerhaft umweltgerechte Landnutzung in Deutschland ist einmalig, sein in großen Teilen ehrenamtlicher Einsatz herausragend. Er ist eine Persönlichkeit mit umfassendem Wissen und der Fähigkeit, auf fachlicher Basis mit Leidenschaft, persönlichem Engagement, großem Geschick und Charisma andere von den als richtig erkannten Zielen nachhaltig zu überzeugen. Wir verdanken ihm einen bahnbrechenden Zuwachs großräumiger Schutzgebiete in den ostdeutschen Bundesländern und damit neue Impulse für den wissenschaftlichen und praktischen Naturschutz in Deutschland.“ – Mit diesen Worten würdigte heute Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Verleihung des DBU-Ehrenpreises an Prof. em. Dr. Michael Succow (74, Greifswald). Bundespräsident Joachim Gauck wird die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung am 8. November in Essen überreichen.
Große Chance für den Natur- und Umweltschutz genutzt
Bottermann erinnerte daran, dass Succow in der Zeit des politischen Umbruchs in Deutschland – damals auf Drängen der Bürgerbewegung als Stellvertreter des Ministers für Natur-, Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR - mit seinen Mitstreitern Dr. Matthias Freude (Berlin), Dr. Lebrecht Jeschke (Speck, Mecklenburg-Vorpommern) und Dr. Hans Dieter Knapp (Putbus, Mecklenburg-Vorpommern) die große Chance gesehen habe, die sich für den Natur- und Umweltschutz plötzlich ergab.
Zeitlicher und persönlicher Kraftakt
In einem zeitlichen und persönlichen Kraftakt sei es ihnen gelungen, die Beschlussvorlage für das Gesetz zur Festsetzung von Großschutzgebieten auf die Tagesordnung der letzten beschließenden Sitzung des Ministerrates der DDR am 12.9.1990 zu bekommen. Bottermann: „Eile tat Not. Denn nach der Deutschen Vereinigung wäre erfahrungsgemäß erst nach Jahren eine Schutzverordnung für Gebiete vergleichbarer Größe in Kraft getreten. In diesem Zeitraum hätten aber Industrie, Gewerbe und Tourismus höchstwahrscheinlich handfeste Tatsachen geschaffen - und das gewiss nicht immer im Sinne des Naturschutzes. Der Eingriff in Ostdeutschlands wertvollste Landschaften wäre vorprogrammiert gewesen, Pläne dazu lagen in den Schubladen."
„Husarenritt“ für ostdeutschen Naturschutz
Innerhalb kürzester Zeit seien mit dem Nationalparkprogramm für den Osten Deutschlands auf einen Schlag 12,1 Prozent der Landesfläche der ehemaligen DDR mit einem einstweiligen und 5,5 Prozent mit einem endgültigen Schutzstatus gesichert worden. Gelungen sei es schließlich mit diesem „Husarenritt“, fünf Nationalparks, sechs Biosphärenreservate und drei Naturparks mit einer Fläche von über 4.800 Quadratkilometer in den Einigungsvertrag zu retten. Dieses "Herzstück ostdeutschen Naturschutzes" habe darüber hinaus aufgrund seiner wegweisenden Konzeption Beispielwirkung auch für den Naturschutz und die naturverträgliche Landnutzung in Westdeutschland und ganz Europa ausgelöst.
Eigene Stiftung nach Auszeichnung mit Alternativem Nobelpreis gegründet
Für diese Arbeit wurde Succow 1997 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet und gründete mit dem Preisgeld die Michael Succow Stiftung zum Schutz der Natur. Sie war die erste gemeinnützige Naturschutzstiftung bürgerlichen Rechts in den ostdeutschen Bundesländern. Um 1990 begann auch sein Engagement in verschiedenen Ländern des ehemaligen Warschauer Paktes, insbesondere in Zentral- und Ostasien, das bis heute andauert. Ziel war es auch hier, große Schutzgebiete mit UNESCO-Zertifizierung als Weltnaturerbe der Menschheit, Biosphärenreservate und Nationalparke zu schaffen. Die Michael Succow Stiftung setzt heute diese Arbeit zum Schutz von Ökosysteme und ihrer nachhaltigen Nutzung fort.
Herausragender Landschaftsökologe und Wegbereiter für naturschutzfachliche Studiengänge
Ab 1992 baute Succow als Direktor des Botanischen Instituts der Ernst-Moritz-Arndt-Universität den neuen interdisziplinären Studiengang Landschaftsökologie und Naturschutz auf, der inzwischen durch einen internationalen Masterstudiengang ergänzt wurde. Auch war es möglich, durch die Einwerbung von drei Stiftungsprofessuren „Internationaler Naturschutz“, „Umweltethik“ und „Landschaftsökonomie“ fakultätsübergreifend neue Inhalte zu vermitteln. Als Hochschullehrer war Succow ein herausragender Landschaftsökologe, so Bottermann. Er habe Forschung und Lehre stärker interdisziplinär gestaltet. Ein neuer Schwerpunkt wurde damit an der Greifswalder Universität geschaffen. Succow habe ein Zentrum zum Thema Landnutzung/Naturschutz aufgebaut, das zu einer der ersten Adressen zu dieser Thematik in Deutschland geworden sei.
Succows Arbeiten europaweit Basis für Moorschutz und nachhaltige Moornutzung
Seine Arbeiten zur ökologischen und hydrogenetischen Klassifikation der Moore Deutschlands und der landschaftsökologischen Gliederung ostdeutscher Naturräume sind inzwischen europaweit die Basis für Moorschutz und nachhaltige Moornutzung. Succow habe es immer wieder verstanden, Wissenschaftler mit seiner Begeisterung für unterschiedliche Projekte zu motivieren und mit einer geradezu charismatischen Fähigkeit auch kritische Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Forschung für die Sache des Moorschutzes einzunehmen. Hunderte Diplomarbeiten und über 40 Dissertationen und Habilitationen wurden von ihm betreut. Seine Absolventen sind weltweit tätig.
Viele ehrenamtliche Funktionen des in Lüdersdorf geborenen Succow
Der in Lüdersdorf bei Bad Freienwalde in der Mark Brandenburg geborene Succow bekleidete seit 1990 ehrenamtlich viele gesellschaftliche Funktionen. So war er von 1990 bis 2003 Vizepräsident des Naturschutzbundes Deutschland, 1993 bis 1996 Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen der Bundesregierung und dessen stellvertretender Vorsitzender, von 1993 bis 2006 Mitglied des Kuratoriums der Michael-Otto-Stiftung für Umweltschutz in Hamburg und von 2003 bis 2013 Mitglied des Kuratoriums der DBU. Seit 1991 ist er Mitglied des deutschen Nationalkomitees für das Programm „Der Mensch und die Biosphäre (MAB)“ der United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO).