Good Practice: HospiChef

Die aktuelle Herausforderung

Das DBU-geförderte Start-up HospiChef ist in Co-Entwicklung mit einer führenden deutschen Klinikkette entstanden, die ihr Verpflegungsmanagement patientennäher, datengetriebener und nachhaltiger gestalten wollte. Konkret begegnet HospiChef drei akuten Herausforderungen:

1. Lebensmittelverschwendung: Krankenhäuser verwerfen aufgrund von Prozesskomplexität und mangelnder Transparenz bis zu 30 % der schon portionierten Patienten-Mahlzeiten. Das Gesundheitswesen verantwortet 5,2 % der nationalen Treibhausgasemissionen (HCWH-ARUP. 2019), wobei die Verpflegung mit 17 % der zweitgrößte Treiber ist (Keller et al., 2021).

2. Personalüberlastung: Der Fachkräftemangel in Service, Pflege und Küche wird gravierender. Allein für die Befragung der Patient*innen zu ihren Speisewünschen rechnen Krankenhäuser im Schnitt mit einem Aufwand von circa drei Minuten pro Patient*in und Tag. Manuelle Prozesse bestimmen auch in der Küche, etwa bei der Mengenplanung, den Alltag. Verschärft wird dieses Problem zusätzlich, da Servicekräfte durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, ab dem kommenden Jahr nicht mehr über das Pflegebudget refinanziert werden.

3. Unzufriedenheit der Patient*innen mit der Verpflegung: Das Gesundheitswesen hinkt bei der Verpflegung seiner Vorbildfunktion sichtlich hinterher. Studien legen nahe, dass die Qualität des Krankenhausessens in kausalem Zusammenhang mit signifikant höheren Revisions- und Sterblichkeitsraten steht, insbesondere bei älteren, mangelernährten Patient*innen. Der präventive und heilungsfördernde Wert einer gesunden Ernährung wird weitestgehend verkannt. Das gesamtgesellschaftliche Potenzial zeigt sich in den knapp 20 Millionen stationären Patient*innen, die jährlich in deutschen Akutkrankenhäusern und Rehakliniken behandelt werden.

Der digitale Lösungsansatz

HospiChef digitalisiert den gesamten Speisenversorgungsprozess innerhalb der Einrichtung: Eine browserbasierte App ermöglicht es Patient*innen, Bestellungen individuell, diät- und allergiekonform auf ihren Endgeräten zu tätigen. Auch Mitarbeitende bestellen über die App. Auf dem Tablet sehen Service, Pflege oder Ernährungsberatung in Echtzeit, welche Patient*innen noch keine Bestellung aufgegeben haben. Es kann gezielt unterstützt und in diätetisch anspruchsvollen Fällen beraten werden. Das Modul für die Küche setzt die Menüplanung und Produktionssteuerung um. KI-gestützte Nachfragevorhersagen helfen bei einer akkuraten Planung. Die HospiChef-Lösung ist per Schnittstelle mit dem Krankenhausinformationssystem verbunden und kann optional an das Warenwirtschaftssystem, ins Digitale Patientenportal oder in Bedside-Terminals integriert werden.

Das macht die App besonders

In der Produktkategorie der Menübestellsysteme grenzt sich HospiChef durch 1) eine echte Patienteneinbindung und 2) smarte Automatisierung und Analytik („Food Intelligence“) ab. Mit HospiChef konnte im Referenzhaus in zwei Jahren Livebetrieb gezeigt werden, dass auch älteres Klientel in der Lage ist, die nutzerfreundliche App gut anzuwenden. Bei einem Durchschnittsalter von 63 Jahren wird eine App-Nutzungsquote von fast 60 % erreicht und das Personal bei der Menüwunscherfassung proportional entlastet – zeitlich und durch weniger Wegstrecken. Den damit etablierten, digitalen Kontaktpunkt nutzt HospiChef weiter, um Patient*innen durch Informationen und gezielte Anreize („Nudges“) zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung während des Aufenthaltes und darüber hinaus zu bewegen. Integrierte Bezahlmöglichkeiten erlauben es der Küche, die durch die Fallpauschalen restriktiv gehaltenen Budgets zu umgehen und gesündere, heilungsfördernde Gerichte anzubieten. Im Kontext “Food Intelligence” setzt HospiChef auf eine hausindividuell konfigurierbare Regel-Engine, um die Überproduktion einzudämmen. Im Referenzhaus hat das Zusammenspiel von etwa 15 Hebeln zu einer Minimierung des Speisenverwurfs geführt. Darüber hinaus kann HospiChef basierend auf historischen, demographischen und externen Daten KI-gestützte Nachfragevorhersagen treffen, die der Küche eine akkuratere Planung ermöglichen. Die nötige Visibilität erhalten die angestoßenen Nachhaltigkeits- und Wirtschaftlichkeitsinitiativen durch das Analyse-Dashboard, in welchem relevante Kennzahlen in Echtzeit aufbereitet werden.

Nachhaltigkeitswirkung

Im Referenzhaus konnte HospiChef, durch die Funktionen des Food-Intelligence-Moduls und bei Ablöse eines Altsystems, 35.000 Mahlzeiten vor der Mülltonne bewahren. Das entspricht in diesem Haus mit 200 Planbetten 19 % der Materialkosten der Verpflegung insgesamt und übersetzt sich in einen sechsstelligen Euro-Betrag. Wenn man die Ergebnisse aus dem Referenzhaus für alle Krankenhäuser in Deutschland annimmt, könnten über 250.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden.

Weitere Informationen: https://www.hospichef.com/

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