Wie in vielen Bereichen wird der Digitalisierung auch im Gesundheitssektor ein enormes disruptives Potenzial zugeschrieben. In diesem Baustein werden wir aufzeigen, wie digitale Lösungen dazu beitragen können, eine nachhaltige und gesunde Zukunft für alle zu gestalten.
Die Errungenschaften der modernen Medizin haben im letzten Jahrhundert zu einer deutlichen Steigerung der Lebenserwartung und -qualität geführt. Allerdings sind mit dem Gesundheitssektor auch relevante Umweltprobleme verbunden. So werden diesem ca. 5 % des gesamten deutschen Rohstoffverbrauchs zugeordnet, vor allem in den Bereichen Arzneimittel, Medizinprodukte, Bauen, Lebensmittel- und Getränkeversorgung (Ostertag et al., 2021). Dem stehen gleichzeitig erhebliche verursachte Abfallmengen gegenüber. Beispielsweise sind im Jahr 2014 allein in deutschen Krankenhäusern (wohlgemerkt ohne Pflegeheime, Rehakliniken oder Arztpraxen) Abfälle in Höhe von 4,8 Millionen Tonnen angefallen. Darüber hinaus trägt die Gesundheitsversorgung signifikant zu den Treibhausgasemissionen bei. Allein in Deutschland war diese 2019 für 68 Millionen Tonnen und somit ca. 6 % der Emissionen verantwortlich (BMG, 2023).
Angesichts einer weiter steigenden Lebenserwartung und alternden Bevölkerung, werden die notwendige Gesundheitsversorgung und somit auch die damit verbundenen Umwelteffekte voraussichtlich weiter zu nehmen. Diese Effekte beeinflussen wiederum die Gesundheit der Bevölkerung negativ.
In den letzten Jahren wurde vermehrt das Konzept der Planetary Health (Planetare Gesundheit) diskutiert. Es beschreibt die Erkenntnis, dass die Gesundheit von uns Menschen untrennbar mit der Gesundheit des Planeten verbunden ist. Auf den Punkt bringen lässt es sich mit dem Motto „Gesund leben auf einer gesunden Erde“ (WBGU, 2023). Auch wenn die Erkenntnis nicht wirklich neu ist – ähnliche Ansätze wurden bereits Mitte des 20. Jahrhunderts diskutiert – handelt es sich um eine recht neue Forschungsdisziplin, die jedoch zunehmend an Bedeutung gewinnt. Angesichts der verschiedenen Umweltkrisen und Überschreitung von Planetaren Grenzen wie z. B. dem fortschreitende Klimawandel, dem rapiden Verlust von Biodiversität aber auch dem Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt, scheint dies auch dringend geboten (Whitmee et al., 2015). Ein plakatives Beispiel ist der menschengemachte Treibhaus-Effekt: durch die Emissionen von Gasen wie CO2 wird die Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen (bspw. Hitzewellen) zunehmen, die für die menschliche Gesundheit akute Bedrohungen darstellen (IPCC, 2023). Es ist daher zum einen notwendig, die fortschreitende Zerstörung unserer Lebensgrundlage zu stoppen und gleichzeitig die Resilienz der Gesundheitssysteme zu erhöhen und es an die neuen Gegebenheiten anzupassen (WBGU, 2023).
Digitalisierung ist im Kontext der Gesundheitsversorgung sowohl mit Möglichkeiten als auch Herausforderungen verbunden. Viele bereits skizzierte Anwendungsfälle digitaler Technik können ähnlich wie in „klassischen“ Unternehmen auch im Betrieb von Gesundheitseinrichtungen eingesetzt werden, um Nachhaltigkeit zu fördern. Als Beispiele seien hier unter anderem Sensorik, oder Energie-Einsparungen durch digital gesteuerte Thermostate erwähnt. Aber auch spezifisch auf den Gesundheitssektor zugeschnittene Lösungen haben großes Potenzial. Beispielsweise lassen sich durch Angebote der Telemedizin teilweise vor Ort Untersuchungen und damit die mit der Anfahrt verbundenen Treibhausgase vermeiden. Zudem verbessern solche Angebote zudem die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen. Methoden der Datenanalyse und Monitoring wiederum könnten helfen, Umweltveränderungen im Kontext mit Gesundheitsrisiken besser zu erfassen und im besten Fall Mitigations-/ Adaptionsmaßnahmen anzustoßen. Auch hinsichtlich der Prävention von Krankheiten gibt es Potenzial: so könnten ein individueller Digitalen Zwilling oder so genannte Wearables möglicherweise auf Krankheiten hinweisen bevor diese ausbrechen und damit auch eine Umwelt belastendere Behandlung vermeiden (Fraunhofer IESE, 2024).
Neben den Möglichkeiten gibt es auch Fallstricke für die Planetare Gesundheit: Digitalisierung kann in einem insgesamt gesteigerten Ressourcenverbrauch resultieren, was sowohl ökologisch als auch sozial negative Folgen hat (WBGU, 2019). Mit dem Abbau von Rohstoffen für Hardware der Informations- und Kommunikationstechnologie sind gravierend Umwelt- und Gesundheitsbelastungen verbunden, die auch zur Zerstörung von Lebensräumen beiträgt (BUND, 2024). Bei einer weiteren Verbreitung von digitalen Anwendungen sollten daher auch in Gesundheitseinrichtungen die Leitgedanken von Green IT berücksichtigt werden. Gefahrenpotenzial besteht zudem hinsichtlich des Datenschutzes im Rahmen von E-Health, da es sich bei Gesundheitsdaten häufig um besonders sensible Informationen handelt, deren Schutz vor Missbrauch unbedingt gewährleistet sein muss. Somit zeigt sich auch hier, dass Digitalisierung entsprechend gestaltet werden sollte, um zu einer nachhaltigen und menschenzentrierten Entwicklung beizutragen.
Digitalisierung wird die Gesundheitsversorgung voraussichtlich in den nächsten Jahren weiter beeinflussen. Beispielsweise könnte mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz der enorme Ressourcenverbrauch und Treibhausgas-Ausstoß des Gesundheitssektors reduziert werden (Das, 2023)
Zudem können KI-gestützte Wettermodelle Extremwetterereignisse zukünftig besser vorhersagen, was angesichts der durch den Klimawandel zunehmenden Häufigkeiten derselben von großer Bedeutung sein dürfte. Aber auch bei der Vorhersage von vektorübertragenen Krankheiten (verbreitet durch einen Wirt wie z.B. Mücken oder Zecken) könnte dies zum Einsatz kommen (Pley et al., 2021).
Des Weiteren könnten zukünftig die Möglichkeiten der Telemedizin ebenso wie eine digitalisierte Verarbeitung von Gesundheitsdaten in den nächsten Jahren verstärkt Anwendung finden (BMG, 2023).
Sollte Sie weitere Informationen zu Planetary Health suchen, finde Sie diese bei der Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), einer der zentralen deutschsprachigen Initiativen in diesem Bereich. Forschungsergebnisse zu dem Themenbereich werden darüber hinaus im Fachjournal The Lancet Planetary Health veröffentlicht.
Einen ersten Einblick in das Thema Digital Health finden Sie beim Bundesgesundheitsministerium wie auch der WHO.