Die Rheinschlucht oder Oberes Mittelrheintal ist eine faszinierende Region, die sich über 65 km entlang des Rheins in Deutschland erstreckt. Zwischen Koblenz und Rüdesheim gelegen, präsentiert es malerische Weinberglandschaften von kulturhistorischer Bedeutung. Trotz der Verleihung des UNESCO-Welterbestatus im Jahr 2002 führten die wirtschaftlichen Herausforderungen des Weinanbaus an steilen Hängen dazu, dass Weinberge aufgegeben wurden und sich durch natürliche Sukzession in überwucherte Wälder verwandelten.
Die Folgen der Weinbergsaufgabe und der damit verbundenen Waldbildung stellen die Kulturlandschaft der Rheinschlucht vor große Herausforderungen. Die Identität dieser Landschaft, die einst durch ihre Weinberge und das harmonische Zusammenspiel von Mensch und Natur geprägt war, droht nun zu erodieren. Die Homogenisierung der Landschaftsstruktur durch die zunehmenden Wälder gefährdet die Einzigartigkeit und Vielfalt, die das Gebiet einst prägte. Darüber hinaus kann diese Homogenisierung weitere negative Auswirkungen haben, wie etwa die Verarmung offener Lebensräume für Pflanzenarten und die Veränderung der visuellen Wahrnehmung der Landschaft.
Um diese Bedenken auszuräumen, zielt diese Studie darauf ab, die Auswirkungen der Weinbergsaufgabe und der natürlichen Sukzession auf kulturelle Ökosystemleistungen in der Rheinschlucht zu bewerten. Kulturelle Ökosystemleistungen umfassen die immateriellen Vorteile der Natur, die das kulturelle und soziale Wohlergehen der Menschen steigern. Sie sind tief in der Wahrnehmung, den Werten und Erfahrungen des Menschen verwurzelt und prägen unsere Interaktionen mit der natürlichen Welt.
Die zentrale Forschungsfrage, die diese Studie leitet, ist, wie der Prozess der Aufgabe von Weinbergen und die Entstehung natürlicher Strukturen zu spezifischen kulturellen Ökosystemleistungen wie Erholung, Ästhetik, kulturellem Erbe, Identität, spirituellen und inspirierenden Werten und kulturellen Praktiken beitragen. Durch die Untersuchung dieser Aspekte möchte die Studie Aufschluss über die vielfältigen Auswirkungen der Landschaftsveränderung auf das Wohlbefinden und die Erlebnisse der Menschen in der Rheinschlucht geben.
Um ihre Ziele zu erreichen, verwendet die Studie eine umfassende Methodik. Es werden wichtige Informanteninterviews mit wichtigen Interessenvertretern geführt, die wertvolle Einblicke und Perspektiven derjenigen liefern, die eng mit der Erhaltung und Verwaltung des UNESCO-Weltkulturerbes Oberes Mittelrheinwalle befasst sind. Darüber hinaus kombiniert die Studie den Einsatz von Eye-Tracking-Technologie mit Interviews, um tiefer in die Wahrnehmungs- und kognitiven Aspekte der Erfahrungen einzelner Personen innerhalb der Landschaft einzutauchen. Die Verwendung von Fotos aus verschiedenen Teilen des UNESCO-Weltkulturerbes bietet eine visuelle Dokumentation zur Analyse und zum Vergleich. Darüber hinaus wird vor Ort In-situ-Eye-Tracking-Technologie eingesetzt, die ein differenzierteres Verständnis darüber ermöglicht, wie Einzelpersonen mit der Landschaft interagieren und diese wahrnehmen. Sekundärrecherchen, Literaturrecherchen und statistische Analysen werden eingesetzt, um die gesammelten Daten zu interpretieren und aussagekräftige Schlussfolgerungen zu ziehen.
Die vorläufigen Ergebnisse der Studie sind aufschlussreich. Für die Voruntersuchung wurden sorgfältig ausgewählte Bilder verwendet, und die Teilnehmer zeigten ein größeres Maß an Aufmerksamkeit für Bilder, die ein höheres Maß an natürlichen Elementen (Wälder in Sukzession) zeigten. Diese natürlichen Elemente fesselten nicht nur die Blicke der Teilnehmer, sondern wurden auch als schöner wahrgenommen und erhielten höhere Bewertungen im Hinblick auf den Freizeitwert. Diese Ergebnisse unterstreichen die bedeutende Rolle, die Landschaftsvielfalt und traditionelle Landnutzungen wie der Weinanbau für die kulturelle und visuelle Identität der Kulturlandschaft des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal gespielt haben.