Die Weltbevölkerung ist in den letzten Jahren rasant gewachsen und wird voraussichtlich bis 2050 auf 9,7 Milliarden Menschen ansteigen. Dieses Wachstum stellt eine große Herausforderung für die Nahrungsmittelproduktion dar. Um die steigende Bevölkerung ausreichend zu versorgen, müsste die derzeitige landwirtschaftliche Nutzfläche verdoppelt werden. Gleichzeitig verbraucht die konventionelle Landwirtschaft etwa 70 % des weltweiten Süßwassers, was angesichts des Klimawandels und der voranschreitende Urbanisierung ein weiteres Problem darstellt. Vertikale Landwirtschaft (Vertical Farming, VF) bietet dafür eine Lösung, indem beim VF Pflanzen in übereinander liegenden Schichten angebaut werden, wodurch weniger Land und Wasser verbraucht werden. VF ist zwar ein innovatives landwirtschaftliches System, jedoch gibt es aktuell noch viele Unklarheiten in Bezug auf den Konsum von VF-Produkten in Albanien, u.a. fehlen Informationen über Verbraucher*innenpräferenzen und die Zahlungsbereitschaft für VF-Produkte. Die weit verbreitete Skepsis gegenüber dieser neuen Technologie hat zur Folge, dass sich VF produzierte Nahrungsmitteln nur schwer am Markt etablieren. Um diese Wissenslücke zu schließen und vertikal angebaute Lebensmittel besser zu vermarkten, untersucht dieses Projekt die Einstellungen der Verbraucher*innen und deren Zahlungsbereitschaft für Gewürze (Vanille und schwarzer Pfeffer), die mit VF-Methoden angebaut werden.
Zur Untersuchung der Forschungsfragen wurde eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden verwendet. Zunächst wurden mittels Netnography (qualitativer Ansatz) Diskussionen und Inhalte in sozialen Medien analysiert, um zu verstehen, was und wie Menschen über VF-Gewürze denken. Es wurden Primärdaten von Facebook gesammelt und mit Hilfe von Themenanalysen untersucht. Außerdem wurden visuellen Tools wie Wortwolken genutzt, um die vorherrschenden Einstellungen der Konsumierenden zu identifizieren.
Außerdem, die Contingent Valuation Method (CVM) in Verbindung mit einer binärer logistischer Regressionsanalyse (quantitativer Ansatz) angewendet, um zu messen, wie hoch die Zahlungsbereitschaft (Willingness to Pay, WTP) der Menschen für VF-Gewürze ist. Hierfür wurde eine Online-Umfrage mit 151 albanischen Teilnehmer*innen durchgeführt. Die Teilnehmer*innen wurden in der Befragung unter anderem gebeten aus einer Liste von Preisen den Preis auszuwählen, den sie für VF-Gewürze zahlen würden (Payment Card approach, PC). Anschließend wurde mit Hilfe einer binären logistischen Regressionsanalyse untersucht, wie soziodemographische und ökonomische Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung, Haushaltsgröße, Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte, Gesundheitsbewusstsein, sensorische Eigenschaften, Lebensmittelkosten etc. die WTP beeinflussen.Die netnographische Analyse zeigt, dass die Einstellung der Verbraucher*innen zu VF-Gewürzen von positiv (als nachhaltig und innovativ angesehen) über neutral bis zu negativ reichte, was auf gemischte Verbraucher*innen-einstellungen hindeutet. Die Ergebnisse zeigen, dass folgende Aspekte zu den Einflussfaktoren auf den Konsum von VF-Gewürzen gehören: (1) Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte, (2) sensorische Eigenschaften, (3) Preisüberlegungen, (4) gesundheitliche Vorteile, (5) Nährwertqualität, (6) informative Kennzeichnung sowie (7) soziale und ethische Faktoren (wie faire Handelspraktiken oder faire Arbeitsbedingungen).
Die deskriptiven Ergebnisse der Online-Befragungen zeigen, dass die Stichprobe aus rund 40% Frauen und etwa 60% Männern bestand, wobei 51% der Befragten verheiratet waren. Das Alter der Teilnehmenden lag im Mittel bei 36 Jahren und das durchschnittliche Bildungsniveau bei 15 Jahren. Die durchschnittliche Haushaltsgröße lag bei 4 Personen und die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben für Lebensmittel lagen bei 19.600 albanischen Lek (ca. 190 Euro) pro Person.
Des Weiteren zeigen die Ergebnisse der binären Regressionsanalyse, dass höhere Lebensmittelausgaben, Gesundheits- und Ernährungssorgen die wahrgenommene Qualität von VF-Gewürzen (sensorische Eigenschaften) die WTP der albanischen Konsument*innen erhöhen. Insgesamt waren etwa 80% der Befragten bereit, einen Aufpreis für VF-Gewürze zu zahlen, wobei der durchschnittliche WTP für schwarzen Pfeffer bei 17% und für Vanille bei 14% lag.
Zusammenfassend verdeutlichen die Ergebnisse die Komplexität der Präferenzen der Verbraucher*innen in Bezug auf VF Produkte. Es konnte gezeigt werden, dass das finanzielle Budget und das Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher*innen sowie die sensorischen Eigenschaften der VF Gewürze die WTP der Verbraucher*innen für vertikal angebaute Gewürze beeinflussen. Die Studien macht deutlich, dass es ein starkes Marktpotenzial für VF-Gewürze gibt, insbesondere bei Verbraucher*innen, die Wert auf sensorische Eigenschaften sowie Gesundheit und die Nährwerte von Lebensmitteln legen. Der allgemeine Mangel an Bewusstsein für VF zeigt jedoch, dass mehr Aufklärung und Informationen notwendig sind.