Der Atomunfall von Tschernobyl (26. April 1986) war eine der schwersten Umweltkatastrophen in der Geschichte der Menschheit. Jüngste Studien (Vives i Batlle, 2016; Blenke 2018) aus Japan haben gezeigt, dass die radioaktive Kontamination des Ozeans im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung bei weitem kein Problem darstellt, das mit der Kontamination von Süßwasserfischen vergleichbar ist. Diese jüngsten Beobachtungen deuten darauf hin, dass Süßwasserfische einen problematischen Elektrolytstoffwechsel aufweisen, der im Gegensatz zu Meerestieren, die eine hohe Durchsatzrate an Elektrolytionen, einschließlich Cäsium, aufweisen, die Speicherung von Cäsiumionen in ihrem Gewebe verursacht. Diese neuen Erkenntnisse aus Japan fordern sofortiges Handeln in Deutschland. Haben wir in unseren radioökologischen Studien Süßwasserfische vergessen? Mit dem vorliegenden Vorschlag soll diese Lücke geschlossen werden. Wir möchten Fische in Süddeutschland untersuchen und durch umfangreiche Experimente mehr über den Metabolismus von Cäsiumionen und den Mechanismus ihrer Aufnahme erfahren
Die Ziele dieses Forschungsprojekts sind:
1) Fang von europäischem Barsch in Süddeutschland und der deutsch-österreichischen Grenzregion und Untersuchung von Wasser-zu-Fisch-Konzentrationsfaktoren (Smith et al., 2000).
2) Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Ansammlung und Ausscheidung von Radiocesium unter verschiedenen Umweltbedingungen (Wassertemperatur, Alter, Fischgröße) aus dem Organismus einer Raubfischart und Vergleich von Daten mit anderen Fischarten.
3) Untersuchung der Wasser-zu-Fisch-Konzentrationsfaktoren von 137Cs für marine Arten (Kabeljau, Flunder, Grundel, Sprotte) in der Ostsee (dem am stärksten kontaminierten Meer der Welt) im Rahmen einer Exkursion mit dem Forschungsschiff Walther Herwig III. Die Erlaubnis zur Teilnahme an dieser Kreuzfahrt wurde bereits erteilt.
4) Tschernobyl-Experiment unter natürlichen Bedingungen Europäischer Barsch (Perca fluviatilis)