MOE-Fellowship: Adéla Bouckova

Rechtliche Aspekte der Errichtung und Erhaltung des Netzes Natura 2000 in einzelnen mitteleuropäischen Ländern

Rechtliche Aspekte der Errichtung und Erhaltung des Netzes Natura 2000

Die Natur steht auf dem europäischen Kontinent wegen Bebauung, Industrialisierung und Fragmentierung der Landschaft unter starkem Druck. Zum Schutz der Natur, Biodiversität und insbesondere bedrohter Arten der Tiere und Pflanzen wurden sowohl auf der nationalen Ebene, als auch auf der europäischen Ebene verschiedene naturschutzrechtliche Instrumente eingeführt. Eines davon ist das Netzwerk der Schutzgebiete Natura 2000. Das Netzwerk Natura 2000 wird anhand zweier EU-Richtlinien errichtet. Deshalb wird es den Mitgliedstaaten überlassen, welche Form und welche Mittel für die Umsetzung im nationalen Recht gewählt werden. Die Umsetzungsmodelle ändern sich in den einzelnen Mitgliedstaaten wesentlich.

Ziel des Projektes war es, die Form und Mittel der Umsetzung der Natura 2000-Regelungen zu analysieren, wichtige Kriterien herauszufinden und nach diesen Kriterien die Umsetzungsmodelle in drei verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu vergleichen. Für den Vergleich wurden die Bundesrepublik Deutschland, die Österreichische Republik und die Tschechische Republik ausgewählt. Diese Staaten unterscheiden sich in vielen Aspekten, wie Struktur des Rechtssystems, Staatsorganisation oder Jahr des Eintritts in die Europäische Union.

In dem Grenzgebiet dieser Nachbarländer befinden sich viele Schutzgebiete des Netzwerkes Natura 2000. Für eine deutlichere Erkennung der Unterschiede und Ähnlichkeiten der Umsetzung wurde eine Fallstudie in den Regionen Bayerischer Wald und Böhmerwald (Šumava) durchgeführt. Daher wurden für den Vergleich hauptsächlich die Bundesländer, in denen sich die betreffenden Schutzgebiete befinden (d.h. Bayern und Oberösterreich), untersucht.

Die folgenden Kriterien, die aus der rechtlichen Sicht für die Umsetzung von Bedeutung sind, wurden identifiziert:

  1. Form des Staates und Organisation des Rechtssystems;
  2. Verfahren der Ausweisung der Natura 2000-Gebiete;
  3. Integration der Natura 2000-Gebiete in die nationalen Systeme des Gebietsschutzes;
  4. Aufstellung von Managementplänen;
  5. Umsetzung der FFH-Verträglichkeitsprüfung.

 

Ergebnisse des Projektes

Für die Ergebnisse des Projektes war die komparative Methode wesentlich. Zuerst wurden bestimmte Kriterien ausgewählt, die aus der rechtlichen Sicht für die Umsetzung von größter Bedeutung sind, und nach diesen Kriterien wurde die Umsetzung in drei verschiedenen EU Mitgliedstaaten verglichen. Der Vergleich ermöglichte konkrete Schlussfolgerungen und Empfehlungen herauszufinden und geeignete Mittel für den Schutz der Natura 2000-Gebiete zu analysieren.

(1) Form des Staates und Organisation des Rechtssystems

Forschungsfrage: Hat größere Dezentralisierung im Bereich Naturschutz eher negativen Einfluss auf die angemessene Umsetzung der Natura 2000-Regelungen?

Die Umsetzung des EU-Rechts in einem föderalen System ist eine besondere Herausforderung. Trotzdem ist eine angemessene Umsetzung sowohl in Einheitsstaaten, als auch in Föderalstaaten in gleichem Maß möglich. Allerdings ist es empfehlenswert, auch in Föderalstaaten Natura 2000-Regelungen auf der Bundesebene mindestens durch eine Rahmenregelung zu verankern und vor allem klare Regelungen bezüglich mangelhafter Umsetzung auf der Landesebene festzulegen.

(2) Verfahren der Ausweisung der Natura 2000-Gebiete

Forschungsfrage: Welcher Art des Rechtsaktes ist für die Ausweisung der Natura 2000-Gebiete am geeignetsten?

Nach der Analyse lässt sich vermuten, dass die Ausweisung durch einzelne Rechtsakte für die Erfüllung der Ziele der beiden Richtlinien geeigneter ist. Diese Lösung wurde in Oberösterreich für alle Natura 2000-Gebiete und in Tschechien für Vogelschutzgebiete ausgewählt. Die einzelnen Rechtsakte können den Schutzweck und Schutzmaßnahmen präziser konkretisieren und die Regelungen können auch effektiver im Hinblick auf veränderte Umstände (z. B. in Bezug auf Klimaveränderungen) angepasst werden.

(3) Integration der Natura 2000-Gebiete in die nationalen Systeme des Gebietsschutzes

Forschungsfrage: Ist es notwendig, eine neue Kategorie der Schutzgebiete für die Natura 2000-Gebiete im nationalen Recht zu errichten?

Es lässt sich zusammenfassen, dass es nicht notwendig ist, eine spezielle Kategorie für die Natura 2000-Gebiete einzuführen, sobald das Verhältnis zwischen nationalen Kategorien und Natura 2000 klar geregelt wird. Doppelregelungen können auch bei Durchführung einer speziellen Kategorie auftauchen. Wichtig ist es, klar zu bestimmen, welche Regelung vorrangig angewendet sein soll. Solche Regelungen gibt es im Bundesnaturschutzgesetz und oö. Naturschutzgesetz. In Tschechien muss man beide Regulierungen beachten, da dort eine solche Regelung fehlt.

(4) Aufstellung von Managementplänen

Forschungsfrage: Sollten die Managementpläne für alle Natura 2000-Gebiete obligatorisch erfasst werden und eine verbindliche Außenwirkung aufweisen?

Aus naturschutzfachlicher Sicht empfiehlt es sich für den größten Teil der Natura 2000-Gebiete, Managementpläne zu erstellen. Das stimmt auch mit der Praxis in den verglichenen Staaten überein, denn die Managementpläne sind meistens obligatorisch zu erstellen. In Tschechien und Österreich sollten die Pläne mindestens innenrechtsverbindlich (innerhalb der Staatsverwaltung) wirken. In allen der verglichenen Staaten sollte auch die Außenwirkung der Managementpläne (zumindest teilweise) eingeführt werden, damit die Managementpläne auch für alle Bürger rechtlich verbindlich wirken.

(5) Umsetzung der FFH-Verträglichkeitsprüfung

Forschungsfrage: Was sind gute Umsetzungsbeispiele von der FFH-Verträglichkeitsprüfung?

Die Praxis bezüglich der FFH-Verträglichkeitsprüfung unterscheidet sich in den verglichenen Staaten wesentlich. Als gutes Umsetzungsbeispiel kann man die Regelung in Tschechien nennen, denn der Prozess der FFH-Verträglichkeitsprüfung ähnelt dort der UVP. Dies ermöglicht eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung, die in den anderen Staaten nicht zugelassen ist. Hierbei handelt es sich um die empfohlene Lösung der Europäischen Kommission. In Tschechien wurde überdies Unabhängigkeit und eine spezielle Qualifikation für die Durchführung der Prüfung gefordert.

AZ: 30016/606

Zeitraum

08.02.2016 - 07.02.2017

Land

Tschechien und Slowakei

Institut

Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V.

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Betreuer

Dr. Juliane Albrecht