Die Gesetze des Tiefwassers für die Baden
Oberflächengewässer dienen unter anderem der Naherholung sowie der Trinkwassergewinnung. Die Gewährleistung einer guten hygienischen Wasserqualität bildet somit die Voraussetzung zur Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit.
Übergeordnetes Ziel des Vorhabens ist es, durch ein besseres Verständnis über den Eintrag und die Dynamik hygienischer Belastungen sowohl die nötigen Wissens-Informations- und Entscheidungsgrundlagen als auch Instrumente zu schaffen. Dies ermöglicht komplexe, multifunktionale Fließgewässer so zu bewirtschaften, dass ohne Einschränkung ihrer ökonomischen Funktionen ein höchstmöglicher Gesundheitsschutz der Bevölkerung gewährleistet werden kann. Im Projekt „FLUSSHYGIENE“ des BMBF (Juni 2015 – Mai 2018) werden diese Aspekte zunächst für die sehr unterschiedlichen Ausgangslagen des Spree-Havel-Systems in Berlin, der Ruhr in Nordrhein-Westfalen, der Flüsse Rhein und Mosel in Rheinland-Pfalz sowie der Flüsse Isar und Ilz in Bayern erarbeitet und getestet, um aus den Erfahrungen einen für andere Flussgebiete übertragbaren Leitfaden abzuleiten.
Im Projekt werden durch ein tieferes Prozessverständnis über das Verhalten von Indikatororganismen und Krankheitserregern im Gewässer die notwendigen Wissens – und Entscheidungsgrundlagen geschaffen, um auf kurzzeitige Verschmutzungsereignisse zeitnah reagieren und langfristig effiziente Gegenmaßnahmen planen und ergreifen zu können. Im Rahmen des Verbundvorhabens verfolgt das Teilprojekt des IWW primär folgende Ziele:
• Klärung der Häufigkeit von hygienischen Beeinträchtigungen in der Ruhr durch kurzzeitige Verschmutzungen;
• Klärung der Herkunft von Verschmutzungen und deren zeitlicher Verlauf;
• Untersuchungen zu E.coli bezüglich UV-Inaktivierung, Elimination durch Grazing und Sorption an Partikeln;
• Erstellung eines Bilanzmodells sowie Weiterentwicklung von detaillierten Prognosen und Frühwarnsystemen.
Hygienische Anforderungen von Badewasser sind in der EG-Badegewässerrichtlinie 2006/7/EG (2006) festgelegt. Anhand der mikrobiologischen Parameter Intestinale Enterokokken und E.coli wird festgestellt, ob ein Gewässer zum Baden geeignet ist oder ob Gesundheitsgefahren für die Badenden zu befürchten sind.
Im Projekt FLUSSHYGIENE ist eine ereignisorientierte bzw. eine zeitlich sehr engmaschige Beprobung vorgesehen, die es ermöglichen soll, auch kurzzeitige hygienische Beeinträchtigungen der Wasserqualität zu erfassen. Zu Beginn des Projektes sind die Vorbereitungen für die Durchführung des Monitoring zu treffen. Aufgaben von IWW sind:
• Auswahl einer Probenahmestelle an der Ruhr (möglichst eine potenzielle Badestelle) in
Abstimmung mit dem Ruhrverband;
• Auswahl einer Kläranlage im Anstrom der Probenahmestelle an der Ruhr in Abstimmung mit
dem Ruhrverband;
• Auswahl eines Regenbeckens in Abstimmung mit dem Ruhrverband, das im Anstrom der
Probenahmestelle liegt und das über die Erfassung von Mengen im Entlastungsfall verfügt;
• Auswahl eines Nebengewässers an der Ruhr, das über eine gute Zugänglichkeit verfügt und für das möglichst tägliche Abflussmessungen vorliegen;
• Abstimmung des Parameterumfangs und der Messverfahren mit den Projektpartnern;
• Abstimmung von Probenahmeterminen und Organisation des Transports für Grazing-Proben zum Projektpartner Uni Köln;
• Auch der Einbau benötigter Probenahmegeräte wird sorgfältig geplant.
In Anlehnung an die geplanten Monitoring-Strategien werden eine potenzielle Badestelle, eine kontinuierlich betriebene Messstelle des Ruhrverbands an der Ruhr stromauf der potenziellen Badestelle, ein Nebengewässer, eine Kläranlage und ein Regenbecken im Entlastungsfall beprobt. Die regulären Probenahmen werden über einen Zeitraum von drei Monaten während der Badesaison durchgeführt.
Die stoffliche und mikrobielle Analytik aller an der Ruhr genommener Proben wird am IWW durchgeführt. Untersucht werden hierbei Bakterien mit der Funktion als Indikatororganismen (E. coli, intestinale Enterokokken), die einen direkten Bezug zu gesundheitlichen Risiken haben, da sie auf eine fäkale Verunreinigung und somit auf die Gefahr des Vorkommens von Krankheitserregern fäkaler Herkunft im Oberflächenwasser hindeuten. Die Beurteilung der Werte erfolgt anhand der EU-Badegewässerrichtlinie. Zusätzlich werden physikalisch-chemische Begleitparameter bestimmt (Temperatur. Trübung, pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit, O2, SAK 254, SAK 436, Ammonium). Zusätzlich wird eine weitere Auswertung der Messwerte durchgeführt, wo die Daten zur Entwicklung und Kalibrierung eines Frühwarnsystems, welches am IWW entwickelt wird, verwendet werden.
In urbanen Fließgewässern ist es eine besondere Herausforderung, eine wesentliche Verbesserung der hygienischen Situation an den einzelnen Badestellen zu erreichen. Als klassische technische Minderungsmaßnahmen zur Verringerung des Keimeintrags aus der Siedlungsentwässerung kommen hier beispielsweise in Frage:
• Desinfektion des Kläranlagenablaufs (z.B. UV oder Ozonung);
• Desinfektion der Überläufe aus der Kanalisation (z.B. UV oder Ozonung);
• Kanalnetzsteuerung mit dem Ziel, die Anzahl der Mischwasserentlastungen und das Volumen des entlasteten Mischwassers zu reduzieren;
• Weitergehende Behandlung des überlaufenden Mischwassers mit dem Ziel, unter anderem auch den kein Eintrag zu reduzieren (z. B. Retentionsbodenfilter).
Das Projekt FLUSSHYGIENE unterstützt damit die sinnvolle Umsetzung der Europäischen Badegewässerrichtlinie (EU 2006). Die Erkenntnisse aus dem BMBF-Projekt „Sichere Ruhr“ sollen an anderen Fließgewässern unterschiedlichen Typs geprüft werden und aufgrund der Projektergebnisse an den anderen Gewässern und neuer Untersuchungen weiterentwickelt werden. Die in FLUSSHYGIENE entwickelten Leitfäden und Instrumente sind somit geeignet die geforderten detaillierten Badegewässerprofile für sehr verschiedenartige Gewässertypen zu erarbeiten, Maßnahmen zur Erreichung und Verbesserung der Badegewässerqualität abzuleiten sowie den Umgang mit kurzzeitigen Verschmutzungsereignissen zu definieren.