BuGG Bundesverband GebäudeGrün e. V.
Albrechtstr. 13
10117 Berlin
Im Sommer heizen sich Altstädte besonders auf, denn es fehlen kühlende Grünstrukturen und Frischluftschneisen, was für die Einwohnenden zu einer gesundheitlichen Belastung führen kann. Zudem führt der hohe Versiegelungsgrad bei einem Starkregenereignis zu einer hohen Abflussmenge, wodurch Kanalisationen an ihre Kapazitätsgrenze stoßen und die Überflutungsgefahr steigt. Dabei sind insbesondere die historisch wertvollen Gebäude vor Beschädigungen zu schützen und zum Teil auch als Kulturdenkmal zu erhalten. Mit Blick auf die spürbaren Folgen des Klimawandels ist es wichtig, Altstädte klimagerecht und zukunftssicher anzupassen, die Lebensqualität im Zentrum der Stadt zu erhalten und eine zeitgemäße Nutzung zu ermöglichen. Die modernen Anforderungen an die Umgestaltung von Altstädten können jedoch zu Konflikten mit den Interessen des Denkmalschutzes führen, historische Gebäude möglichst in ihrer originalen Form zu bewahren.
Naturbasierte Lösungen, wie die Gebäudebegrünung, gelten als wirkungsvolle Maßnahmen zur Klimaanpassung. Der große Vorteil von Dach- und Fassadenbegrünung liegt im geringen Freiflächenbedarf, wodurch auch dicht bebaute Gebiete begrünt werden können. Die Dach- und Fassadenbegrünung gewinnen bundesweit an Bedeutung, denn sie bilden einen Mehrfachnutzen für die Stadt. Als einschränkender Faktor für mehr Begrünung an bestehenden Gebäuden wird bislang der Denkmalschutz betrachtet sowie Vorbehalte und Unsicherheiten, alte Gebäude und Bauwerke zu begrünen. Darunter zählt beispielsweise die schädigende Wirkung der Begrünung auf die Bausubstanz sowie Unsicherheit bei der Pflege und Wartung bereits bestehender Gebäudebegrünungen. Dabei können die häufig zentral gelegenen historischen Gebäude als kühle Rückzugsorte in den Städten ausgebildet werden und durch eine Begrünung als wichtige urbane Trittsteinbiotope dienen.
Während für den Umgang mit erneuerbaren Energien im Denkmalbestand bereits Praxishinweise erarbeitet wurden, existiert bislang kein Leitfaden für die Denkmalpflege zum fachgerechten Umgang mit Dach- und Fassadenbegrünungen. Jeder Fall wird individuell behandelt und ohne Entscheidungshilfe bewertet. Diese Wissenslücke gilt es zu schließen und darüber hinaus Schulungen für den Denkmalschutzbereich anzubieten, um über die Möglichkeiten und Chancen von Gebäudebegrünung zu informieren.
Das Vorhaben stützt sich auf folgende Arbeitsschritte und Methoden:
- Darstellung des Interessenskonflikts zwischen Denkmalschutz und der Notwendigkeit von Klimaanpassungs- und Begrünungsmaßnahmen
- Vergleich zu ähnlichem Interessenskonflikt mit Klimaschutzmaßnahmen, wie z. B. Solaranlagen an denkmalgeschützten Dächern und Fassaden.
- Recherche historischer Bezüge der Dach- und Fassadenbegrünung in unterschiedlichen Epochen und Baustilen (z. B. Spalierobst an Bauernhäusern).
- Bundesweite Sammlung und umfassende Aufarbeitung von Beispielen zur Dach- und Fassadenbegrünung an denkmalgeschützten und historischen Gebäuden und Bauwerken. Dabei sollen auch Negativbeispiele und Misserfolge ausgewertet werden. Erstellung von Fotos der Begrünungsobjekte. Darstellung der Begrünungsbeispiele in einer interaktiven Deutschlandkarte, die online zur Verfügung stehen und verstetigt werden soll.
- Detaillierte Betrachtung der Kommunikationswege und Abwägungsprozesse für eine Begrünungsmaßnahme an denkmalgeschützten Gebäuden und Bauwerken.
- Detaillierte Betrachtung der Kombination unterschiedlicher Fassadenstrukturen und -materialien mit Kletterhilfen und Pflanzenarten. Herausstellung geeigneter Begrünungssysteme für historische Gebäude.
- Auswahl internationaler/ europäischer Beispiele zur Dach- und Fassadenbegrünung an denkmalgeschützten und historischen Gebäuden und Bauwerken (Schwerpunkt Österreich, Schweiz). Erstellung von Fotos der Begrünungsobjekte. Begleitende Interviews mit Akteuren der Denkmalpflege.
- Einbindung fachlicher Stellen der Denkmalpflege in Deutschland aus Wissenschaft, kommunaler Praxis und den Ländern (Denkmalpflege-Beirat).
- Erfahrungsaustausch der zuständigen Stellen für Denkmalschutz in den Kommunen zu aktuellen Herausforderungen und beachtenswerten Aspekte bei der Begrünung historischer Gebäude (Städtedialog Gebäudegrün Spezial: Denkmalschutz + Gebäudegrün) mit Vorträgen, Workshops und Diskussionsplattform. Vorab Städteumfrage zu Hemmnissen und Hürden.
- Vermittlung von Grundlagen und Fachwissen zur Dach- und Fassadenbegrünung und Abbau von Vorurteilen und Hemmnissen (Aufarbeitung durch Argumentationshilfen).
- Erarbeitung von Arbeitshilfen für den Denkmalschutz im Umgang mit Dach- und Fassadenbegrünungen: Geeignete Begrünungssysteme, Pflanzenlisten, geeignetes Pflegekonzept. Aufstellung und Prüfung von Beurteilungskriterien für Einzelfallentscheidungen bei denkmalgeschützten Gebäuden und Bauwerken (Abwägungsargumentationen).
Zum Projektauftakt Fachartikel in der Stadt+Grün 2/2025:
Begrünung von denkmalgeschützten Gebäuden. Status quo eines noch seltenen Phänomens.
Autorin: Rebecca Landwehr