Projekt 39546/01

Fernerkundungsbasierte Klassifizierung von Lebensraumtypen in Flussauen und ihre Anwendung in der Planungspraxis

Projektdurchführung

SJE Ecohydraulic Engineering GmbH
Dilleniusstr 13
71522 Backnang

Zielsetzung

Wiederkehrende Hochwässer mit großen Schäden und insbesondere die Katastrophenereignisse der letzten Jahre machen deutlich, dass der Hochwasserschutz in Deutschland für Mensch, Umwelt und Wirtschaft von großer Bedeutung ist. Ein unverzichtbares Werkzeug für die Vorhersage von Hochwasserereignissen sowie die Planung und Optimierung von Hochwasserschutzmaßnahmen sind hydrodynamisch-numerische Modelle (HN-Modelle). Diese ermöglichen Strömungsberechnungen für Hochwässer unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit und liefern Angaben zu Wasserspiegellagen und Fließgeschwindigkeiten.

Als Eingangsgröße für HN-Modelle werden unter anderem Rauheitsbeiwerte benötigt. Diese berücksichtigen Strömungswiderstände, die aus der Sohlrauheit, aber noch in stärkerem Maße durch die Vegetation verursacht werden. Obwohl diese Beiwerte die berechneten Wasserspiegellagen maßgeblich beeinflussen, werden aktuell pauschale, für größere räumliche Einheiten konstante Rauheitsbeiwerte als Eingangsgröße für Simulationen verwendet. Daher soll im von der DBU geförderten Projekt „Integration von fernerkundungsbasierten Vegetationsstrukturkarten in hydrodynamisch-numerische Modelle als Grundlage für die Optimierung von Hochwasserschutzmaßnahmen“ eine Methode zur Ableitung der Rauheitsbeiwerte entwickelt werden.

Hierfür stellen zeitlich hoch aufgelöste multispektrale Satellitenfotos eine vielversprechende Option dar. Mit ihnen kann die jahreszeitliche Änderung der Vegetation und damit ihrer Oberflächeneigenschaften und Strukturen erfasst werden, von welchen die Rauheitsbeiwerte abhängen. Hierzu werden Vegetationsstrukturtypen definiert, die sich aus den Satellitenfotos ableiten lassen (z.B. offene Sandbank, dichtes Weidengebüsch, Auwald). Die freie Plattform Google Earth Engine (GEE) mit umfangreichen Cloud-Computing-Kapazitäten und den regelmäßig aktualisierten Sentinel-Satellitenbildern bietet dafür vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten.

Die Ziele des Projekts sind:
1) Die Entwicklung eines fernerkundungsbasierten GEE-Tools zur Erfassung von Vegetationsstrukturtypen in Flusslandschaften;
2) die Integration der Ergebnisse des GEE-Tools, welches an unterschiedlichen Flusstypen angewendet und optimiert wird, in HN-Modelle;
3) die Analyse von Auswirkungen ausgewählter Hochwasserereignisse auf die kurz- bis mittelfristige Entwicklung der Auenvegetation;
4) die Optimierung von HN-Modellen anhand des GEE-Tools für die Planungspraxis durch Testung und Feedback von Stakeholdern.

Arbeitsschritte

Insgesamt werden acht Beispiel-Flussabschnitte in Deutschland untersucht, die unterschiedlichen Flusstypen angehören und sich unter anderem in ihrer Abflussmenge, -dynamik und Morphologie unterscheiden.

Neben der Datenbeschaffung für alle acht Flüsse aus Literatur, Datenbanken und ergänzend aus Geländeaufnahmen, umfassen die wesentlichen Arbeitsschritte des Projekts:
1) Die Entwicklung des fernerkundungsbasierten GEE-Tools für Flusslandschaften: Abgeleitet aus einem Prototyp des GEE-Tools „Google4Habitat“ wird das Fernerkundungsmodell an die Vegetationsstrukturtypen von Flusslandschaften angepasst. Relevante Indices für die Unterscheidung der Typen sind beispielsweise der Normalised Difference Vegetation Index (NDVI), mit dem die Reflexion des nahen Infrarot-Wellenbereichs durch Pflanzen im Vergleich zum sichtbaren Spektralbereich erfasst wird. Zudem sollen Textur-Merkmale integriert werden.

2) Die Anwendung des GEE-Tools an unterschiedlichen Flusstypen Deutschlands: An folgenden acht Flussabschnitten wird das GEE-Tool angewendet und an die Gegebenheiten angepasst: Ammer (bei Weilheim, kleiner Fluss der Jungmoräne des Alpenvorlandes), Blies (bei Blieskastel, großer Flusstyp des Mittelgebirges), Rhein (Rastatter Rheinaue, kiesgeprägter Strom im Mittelgebirge), Mulde (bei Eilenburg, kiesgeprägter Tieflandfluss), Elbe (bei Lenzen, sandgeprägter Strom im norddeutschen Tiefland), Isar (zwischen Krüner Wehr und Sylvensteinspeicher, Fließgewässer der Alpen), Donau (am Zusammenfluss von Brigach und Breg, karbonatischer, materialreicher Mittelgebirgsfluss) und der Lech (Litzauer Schleife, großer Fluss des Alpenvorlandes). Das Ergebnis sind Karten, in denen aus den Satellitendaten anhand von Trainingspunkten automatisch die Vegetationsstrukturen abgegrenzt und spezifischen Typen zugeordnet werden.

3) Die Integration der Ergebnisse des GEE-Tools in HN-Modelle in drei Untersuchungsgebieten: An Donau, Lech und Isar werden die Rauheitsbeiwerte der Vegetation aus dem GEE-Tool abgeleitet und in HN-Modelle eingespielt. Aus den Modellen können, nach Kalibrierung, die Effekte unterschiedlicher Rauheiten der Biotoptypen und Vegetationsstrukturen bei unterschiedlichen Abflüssen abgeleitet werden. Dies ermöglicht eine verbesserte Beurteilung von Hochwasserschutzmaßnahmen und weitergehend Empfehlungen für Unterhaltungumfang und –intervallen zur Verringerung des Hochwasser-Schadensrisikos.

Die Bearbeitung des Projekts dauert 18 Monate mit Projektstart am 01.01.2025.

Übersicht

Fördersumme

172.074,00 €

Förderzeitraum

01.12.2024 - 31.05.2026

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Land use
Nature Conservation