‘Wildtier-SOS’ Entwicklung einer digital gestützten Entscheidungshilfe für gefundene Wildtiere
Projektdurchführung
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Klinik f. Heimtiere, Reptilien u. Vögel
Bünteweg 9
30559 Hannover
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In der dicht besiedelten Kulturlandschaft Deutschlands kommen Kontakte zwischen Menschen und Wildtieren zunehmend vor und resultieren auch in der Aufnahme und Versorgung von (vermeintlich) hilfsbedürftigen Wildtieren durch den Menschen. Ob ein Wildtier Hilfe braucht und was bei einer Aufnahme je nach Spezies, Gesundheitszustand und rechtlicher Lage zu beachten ist, ist für die Finder*innen nicht einfach herauszufinden. Eine unsachgemäße Versorgung aufgrund mangelnden Fachwissens oder fehlender Anlaufstellen kann tierschutzrelevante Folgen für das individuelle Wildtier nach sich ziehen.
Das Ziel dieses Projektes ist es deshalb, auf der Basis langjähriger Erfahrungen in der Forschung im Bereich von Wildtier-Mensch-Interaktionen, praktischer Erfahrung in der tiermedizinischen Versorgung von Wildtieren sowie unter Nutzung professioneller Expertise eine digitale, interaktive Entscheidungshilfe zum Umgang mit gefundenen Wildtieren zu erstellen. Mittels unter anderem einer App für Smartphones und Tablets soll im Falle eines Wildtierfunds durch Abfragen und Grafiken eine individuelle Handlungsempfehlung mit möglichen Anlaufstellen vorgeschlagen werden. Durch Algorithmen, die in wenigen Schritten eine Identifizierung von Wildtieren und deren Hilfsbedürftigkeit ermöglichen und ortsabhängige Informationen und Hilfestellungen anbieten, werden Finder*innen angeleitet und somit negative Folgen für das Wildtier und die Umwelt reduziert.
Darüber hinaus gibt die App bei Interesse Informationen zu den in Deutschland am häufigsten vorkommenden Wildtieren in einem Steckbrief, welcher mit medialen Inhalten und Hinweisen zu gesetzlichen Bestimmungen, Gefährdungsstatus und dem richtigen Umgang hinterlegt wird.
Über eine Sichtungs-Funktion kann der/die Nutzer*in zusätzlich gesichtete Wildtiere bestimmen und abspeichern sowie an Wildtier-Zählungs-Aktionen teilnehmen. Dadurch kann aktiv zur Wildtierforschung beigetragen werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenInnerhalb von 18 Monaten Projektlaufzeit wird eine digitale Applikation entwickelt, getestet und marktfähig gemacht, die im Wesentlichen auf drei Säulen basiert: 1. der Notfall-Entscheidungshilfe beim Fund eines (verletzten) Wildtieres inklusiver rechtlicher Aufklärung und der Sichtbarmachung möglicher Anlaufstellen zur weiteren Versorgung; 2. der Artbestimmung und Meldung einer Wildtiersichtung ohne Notfallsituation mit der Möglichkeit der Verschneidung der Daten mit bereits bestehenden Datenbanken; 3. der Wissensvermittlung für Interessierte zu biologischen und ökologischen Grundlagen der jeweiligen Spezies, ihrem Lebensraum und rechtlichen Grundlagen im Natur- und Artenschutz. Die Entwicklung erfolgt basierend auf etablierten und kontinuierlich weiterentwickelten Programm- und Datenbankstrukturen. Zur Umsetzung wird eine zentrale, einfach zu ergänzende und zu aktualisierende Datenbank entwickelt, die sich in mehrere Teilbereiche gliedert und die einfache und logische Verknüpfung von Daten und multimedialen Inhalten ermöglicht.
Durch den tierschutz- und fachgerechteren Umgang mit heimischen Wildtieren werden unnötige Naturentnahmen, Transporte und Inanspruchnahme von Auffangstationen und Tierärzt*innen vermieden, es erfolgt eine effiziente Hilfe im Sinne des Tier- wie Artenschutzes und vorhandene Ressourcen werden vernetzt und effektiv genutzt. Durch Bereitstellung von Informationen zu Artenschutz und Lebensraumgestaltung wird die Bevölkerung hinsichtlich des Zusammenlebens mit Wildtieren und deren Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten informiert und sensibilisiert.
Das Projekt ist in 5 Arbeitspakete gegliedert:
1. Tierdaten: Das erste Arbeitspaket dient der Erstellung der artspezifischen Datenbank und den Steckbriefen für die ausgewählte Wildtierarten. In der Datenbank sollen dabei definierte Informationen zu den Arten, z.B. Artnamen (deutsch, wissenschaftlich), Tierklassen/Familien, Bestimmungsmerkmale und artspezifische Informationen zu Umgang, Verbreitung und typischen Problemen hinterlegt werden. In einem verknüpften Medienpool werden Fotos, Videos und Grafiken zu den Arten und der Bestimmung hinterlegt. In der fertigen App kann dann nach Fundhäufigkeit, Deutscher Name, Wissenschaftlicher Name und Tierklassen/Familien sortiert werden. Dauer ca. von 10/24 bis 4/25.
2. Anlaufstellen: Die Anlaufstellendatenbank soll im Falle einer Eingriffsempfehlung oder bei Notwendigkeit einer individuellen fachlichen Einschätzung dem/der App-Nutzer*in ortsbasierte (GPS) Empfehlungen machen. Hierzu gehören insbesondere Vorschläge für lokale Informationen (Behörden, Jäger*innen, Polizei, Feuerwehr), Wildtierstationen und ggf. wildtierkundige Tierärzt*innen. Die Datenbank ist bundeslandspezifisch und gliedert sich dann auf Kreisebene. Für die Umsetzung soll auf Daten zurückgegriffen werden, bzw. es werden die bundeslandspezifischen Kontakte und ggf. Listen als Basis genutzt, die bereits in einem Vorprojekt erstellt wurden. Je nach Tierart, Bundesland und den jeweiligen gesetzlichen Regelungen werden Kriterien zur Auswahl festgelegt, um diese Datenbank nachvollziehbar zu gestalten und für kontinuierliche Aktualisierungen vorzubereiten. Dauer ca. von 10/24 bis 12/25.
3. Lexikon/Glossar: Das Lexikon soll als Hintergrundtool sowohl über die Verlinkung im Bereich der Tierdaten als auch als selbständiges Paket aufrufbar sein. Ziel ist die Vorbereitung und Etablierung einer Datenbankstruktur, die kontinuierlich ergänzt, aktualisiert und einfach referenziert werden kann. Dauer ca. von 11/24 bis 4/25.
4. Datenverknüpfung und App-Erstellung: In diesem Arbeitspaket wird zunächst der Aufbau der einzelnen Datenbankbereiche in AP1 bis AP3 koordiniert und zueinander abgestimmt, um die Kompatibilität wie auch die gemeinsame Weiterentwicklung zu gewährleisten. Das Design der App wird entwickelt und an die Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Datenbanknutzung angepasst. In einem dritten Schritt erfolgt dann die tatsächliche Verknüpfung der Daten zu einem funktionellen System zur Nutzung in der App, und die funktionelle Prüfung des Systems. Dauer ca. von 10/24 bis 9/25.
5. Test und Veröffentlichung der App: Dieses Arbeitspaket dient der koordinierten Veröffentlichung und Bekanntmachung der finalisierten App nach einer dreimonatigen Testphase mit ausgewählten Nutzer*innen und Anlaufstellen. Mediale Werbekampagnen unterstützen die Verbreitung der App. Eine Landing-Page, die über den Browser erreichbar sein soll und sowohl auf die App verweist als auch wesentliche Inhalte der App auch ohne Download am Smartphone oder PC nutzbar macht, wird erstellt. Dafür wurde bereits die URL www.wildtier-sos.de reserviert. Des Weiteren wird die Datenbankpflege verstetigt. Nach der Ausrollung erfolgt eine Evaluierung der Nutzungserfahrungen und der Abschlussbericht zum Projekt wird erstellt. Testläufe ca. von 10/25 bis 12/25, Marketing und Veröffentlichung von 01/26 bis 03/26.
Ergebnisse und Diskussion
Fördersumme
215.335,00 €
Förderzeitraum
01.10.2024 - 31.03.2026
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter
Land use
Nature Conservation
Lower Saxony