Für die Qualitätsprüfung von Baugruppen in der fertigenden Industrie, z. B. der Automobilbranche, kommen Umweltsimulationskammern zur Bereitstellung der Prüfbedingungen zum Einsatz. Bei Bei Temperaturen von etwa -40 °C werden zumeist einstufige Kälteanlagen mit dem fluorierten Kältemittelgemisch R452A eingesetzt, dessen Treibhauspotential (Global Warming Potential, kurz GWP100) einen Wert von 2140 (IPCC4) erreicht. In diesem Temperaturbereich besteht allerdings auch die Möglichkeit, CO2 als Kältemittel (R744, GWP100 = 1) zu nutzen. Der geforderte dynamische Abkühlprozess und der weite Temperaturbereich im Kühlbetrieb der Luft in der Kammer von bis zu -50 °C bis etwa 10 °C ist kennzeichnend für die Anwendung im Bereich der Umweltsimulation. Der Fokus des Projekts liegt auf der Anwendung von R744 für die Kühlung der Umweltsimulationskammer, um die direkten Emissionen der Anlage zu reduzieren. Die Untersuchung innovativer Anlagenschaltungen und Regelstrategien haben außerdem zum Ziel, die indirekten Emissionen, d. h. den Energieverbrauch, zu senken.
Dieses Vorhaben zum Einsatz von R744 in Klimasimulationskammern hat zum Ziel, neue Erkenntnisse zum dynamischen Systemverhalten einer transkritischen R744-Anlage bei veränderlichen Lastbedingungen zu gewinnen. Im Bereich der Klimasimulation bis -50 °C Lufttemperatur ist R744 als Ersatzkältemittel momentan wenig präsent.
Ziel ist die Entwicklung von Klimaprüfkammern:
• ausschließlich mit dem Kältemittel R-744
• für den Temperaturbereich von -50 °C bis 180 °C des Prüfraums
• mit einer Abkühlgeschwindigkeit von 5 bis zu 15 K/min
• mit reduziertem Energieverbrauch (ggü. einer Kammer vergleichbarer Leistung)
• für den Einsatz in kleinen Prüfkammern (< 2 m³)
Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gliedert sich in zwei Phasen: Konzeptphase und experimentelle Untersuchung. Dieses Projekt beschäftigt sich zunächst mit der ersten Phase. Es geht um die Entwicklung und Bewertung verschiedener Anlagenarchitekturen hinsichtlich Regelbarkeit, Energieeffizienz und Komponentenverfügbarkeit.
Nach einer vertiefenden Recherche neuartiger Komponenten und deren Anwendbarkeit werden auf Basis des Lastenhefts verschiedene Anlagenarchitekturen erarbeitet und die Anforderungen an die Kreislaufkomponenten gestellt. Während die vielversprechendsten Architekturen dynamisch simuliert werden, erfolgt eine Recherche möglicher Komponenten für die spätere experimentelle Untersuchung.
Im letzten Schritt der Konzeptphase werden die Ergebnisse der berechneten Anlagenarchitekturen und der Komponentenrecherche zusammengeführt. Der Vergleich der Systemvarianten berücksichtigt neben der Energieeffizienz und Regelbarkeit, die Erfüllung der Anforderungen des Lastenhefts. Die favorisierte Anlagenschaltung wird festgelegt und Dokumente, wie das Anlagenfließbild und ein Sicherheitskonzept, erarbeitet.
Für die definierte untere Lufttemperatur von -50 °C wurde in erster Näherung eine stationäre Untersuchung von sieben Anlagenarchitekturen mit natürlichen Kältemitteln durchgeführt. Es wurden Herstellerdaten zur Ermittlung der Verdichtergütegrade herangezogen. Eine Kaskadenschaltung mit Ammoniak in der oberen Stufe und R-744 in der unteren Stufe erreichte bei -50 °C Verdampfungstemperatur (R-744) die höchsten COP von 1,33. Die Toxizität und eingeschränkte Materialkompatibilität verhindern den Einsatz von R-717 in dieser Anwendung. Weitere Diskussionen bzgl. Entflammbarkeit und der resultierenden Verdichtungsendtemperaturen führten dazu, dass die zweistufige Verdichtung von R-744 mit Mitteldruckabscheider und einem COP von 1,18 für die weitere Realisierung am besten geeignet ist. Im Vergleich zum Stand der Technik (einstufiges System mit R-452A) ist bei einer Verdampfungstemperatur von -40 °C eine Verbesserung der Leistungszahl um 6 % zu verzeichnen, bei -30 °C Verdampfung ist es eine Steigerung um 2,6 %.
Die transiente Simulation der Luft in der Prüfkammer liefert eine Aussage über die Auslegungsleistung der Kreislaufkomponenten unter Einhaltung der geforderten Abkühlgeschwindigkeit von 15 K/min. Die Simulation ergab eine Zunahme der Kälteleistung bis zu einem Maximum von 9 kW (ohne innere elektrische Lasten von ca. 150 W) bei -38,5 °C Lufttemperatur. Im Bereich von 157 °C bis -27 °C wurde eine Abkühlrate von 14,93 K/min erreicht. Mit diesem Prüfraummodell konnte erstmalig eine Verknüpfung von Abkühlrate und der erforderlichen Kälteleistung der Anlage geschaffen werden. Die weitere Prozesssimulation unterstützt die Auslegung der Komponenten und die Erarbeitung der Regelstrategie.
Die Komplexität aller Regelmechanismen in einem Modell des Abkühlversuchs führen zu einem steifen Gleichungssystem und daher langen Rechenzeiten. Die Teilmodelle der Komponenten zeigten jedoch das erwartete Verhalten und konnten die Dimensionierung der Hauptkomponenten aufgreifen. Eine Fortsetzung der Modellbildung für die unterschiedlichen Betriebsszenarien, sowie der abschließende Test der Regelstrategie der gesamten Anlage finden? in Projektphase 2 statt.
Die Auslegung der Hauptkomponenten ist erfolgt und die Mess- und Regelungsstrategie wurde ausgearbeitet. In allen Fällen kann auf marktverfügbare Komponenten zurückgegriffen werden. Ziel ist es, eine robuste und effiziente Anlage aufzubauen, die den Anforderungen der Umweltsimulation gerecht wird.
Eine Kurzbeschreibung des Projekts inklusive des Projektpartners und der Förderträgers wurde auf der Homepage der Professur veröffentlicht. Im Laufe des Projekts wurde eine studentische Arbeit angefertigt und die Kurzfassung für einen geplanten Fachvortrag auf Jahrestagung des DKV e. V. mit dem Titel "Transiente Simulation eines R-744 Systems zur Abkühlung von Luft auf bis zu -50 °C" angenommen.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen eine technische Lösung zum Einsatz von R-744 (CO2) in Umweltsimulationskammern bis -50 °C mit einer Abkühlrate von bis zu 15 K/min auf. Diskussionen bzgl. Entflammbarkeit und der resultierenden Verdichtungsendtemperaturen führten dazu, dass die zweistufige Verdichtung von R-744 mit Mitteldruckabscheider (sog. Booster-Schaltung) und einem COP von 1,18 für die Umsetzung des Konzeptes am besten geeignet ist.
Die transiente Modellierung der Abkühlung der Luft im Prüfraum mittels Dymola bot eine bedarfsgerechte Bestimmung der maximalen Kälteleistung zu 9,15 kW, womit eine Abkühlrate von 14,93 K/min erreicht wird. Eine detaillierte transiente Simulation verschiedener Anlagenschaltungen wurde nicht weiterverfolgt, da kaum ein Mehrwert zur stationären Betrachtung besteht. Im Laufe der Projektbearbeitung wurde der Fokus vielmehr auf die Auslegung der Versuchsanlage mit marktverfügbaren Komponenten gelegt.
Als Ergebnis von Projektphase 1 wird deutlich, dass ein technisch realisierbarer Lösungsansatz gefunden wurde, der einen energieeffizienten Anlagenbetrieb in einem weiten Betriebsbereich ermöglicht. Voraussetzung dafür ist die entwickelte innovative Regelstrategie der Prüfkammer und die Auswahl von robusten und effizienten Komponenten für die Kälteanlage der Umweltsimulationskammer mit dem natürlichen Kältemittel R-744.