Wärmepumpen sind eine Schlüsseltechnologie zur Dekarbonisierung des Wärmesektors. Auf EU-Ebene setzt die Ökodesign-Verordnung EU 813/2013 Mindestanforderungen an die Energieeffizienz von Wärmepumpen zur Raumheizung, während das EU-Energielabel (EU 811/2013) durch Klassifizierung der Energieeffizienz Transparenz für den Verbraucher und Entwicklungsanreize für Hersteller schafft. Die Messung der Energieeffizienz von Wärmepumpen erfolgt nach den Normen EN 14511:2013 und EN 14825:2013. Die Norm EN 14825 legt die Prüfbedingungen fest, die Norm EN 14511 beschreibt das Messverfahren, welches den stationären Betrieb (fixierte Verdichterdrehzahl) der Wärmepumpe in allen Prüfpunkten vorschreibt. Dies bringt nach allgemein anerkannten Kriterien für eine gute Prüfnorm eine Reihe von Nachteilen mit sich, die für einen weitreichenden Ausbau von Wärmepumpen behoben werden sollten.
Grundsätzlich können lastbasierte Verfahren (Kompensationsmethode) die genannten Probleme lösen, indem der Wärmepumpenregler aktiv ist und die Verdichterdrehzahl nicht mehr fixiert werden darf. Um reproduzierbare Ergebnisse gerade in Teillast (Taktbetrieb) sicherzustellen, muss die Trägheit unterschiedlicher Prüfstände vereinheitlicht werden. Um bestehende Laborinfrastruktur weiterhin nutzen zu können, wird die Trägheit idealerweise regelungsseitig (technologieneutral) emuliert. Hierzu wurde von den Kooperationspartnern vorgeschlagen, ein repräsentatives Gebäudemodell in die Prüfstandsregelung zu integrieren, um Prüfbedingungen zu schaffen, die in der Realität auftreten.
Die praktische Umsetzung und das Zusammenspiel unterschiedlicher Wärmepumpenregler mit dem erweiterten Prüfstandsregler ist aktueller Forschungsgegenstand und soll in dem skizzierten Vorhaben untersucht werden. Das Forschungsvorhaben zielt zum einen auf die Steigerung der Energieeffizienz von Wärmepumpen durch die Einführung der Kompensationsmethode ab. Hersteller optimieren ihre Produkte stets auf Prüfnormen, um bessere Effizienzwerte und in der Konsequenz ein besseres Energielabel ausweisen zu können. Durch die realitätsnahen Prüfbedingungen und das Testen des Wärmepumpenreglers während der Kompensationsmessung werden Entwicklungsanreize für Hersteller gesetzt ihr Wärmepumpensystem ganzheitlich zu optimieren. Ziel des Vorhabens ist es in einer Machbarkeitsstudie, die überarbeitete Prüfmethode (inkl. Gebäudemodell) zu validieren und die Praktikabilität nachzuweisen.
Die Machbarkeit (Proof-of-Concept) soll an drei Wärmepumpen verschiedener Hersteller in drei Prüfinstituten mit unterschiedlicher Laborinfrastruktur demonstriert werden. Im Fokus der Untersuchungen steht dabei die Interaktion von Prüfstand- und Wärmepumpenregler.
Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Monaten und gliedert sich in sechs Arbeitspakete (AP). AP1 bis AP3 werden jeweils von einem der drei Prüflabore bearbeitet und umfassen im Wesentlichen die Messungen (Prüfpunkte A-E entsprechend EN 14825) an je einer der drei Wärmepumpen, um die Interaktion zwischen Prüfstand (inkl. Gebäudemodell) und Wärmepumpe zu untersuchen. Im Gegensatz zu AP2 und AP3 werden in AP1 keine Reglervariationen der Wärmepumpe getestet, dafür wird eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, um die Auswirkung zulässiger Abweichungen vom berechneten Sollwert für die Rücklauftemperatur auf die Leistungszahlen (COP, SCOP) abzuschätzen.
AP2 und AP3 werden von zwei Laboren mit unterschiedlichen Prüfstandsarchitekturen durchgeführt. Die Prüfstände verfügen über einen Zwischenkreislauf (indirekte Methode) bzw. eine Beimischregelung (direkte Methode), um die Anwendbarkeit der Methode für die zwei verbreiteten Prüfstandskonzepte nachzuweisen. Außerdem werden die Regelparameter der Wärmepumpen variiert, um das Zusammenspiel zwischen Prüfstand und gängigen Reglerkonzepten (bspw. fester und variabler Massenfluss) zu untersuchen. Um auf Risiken flexibel reagieren zu können, wird in AP4 eine begrenzte Anzahl Messungen vorgesehen, die flexibel in AP2 und AP3 als Optionen nachbeauftragt werden können.
AP5 wird von der BAM bearbeitet und umfasst u.a. die Koordination der Projektpartner und Dienstleister, die Organisation sowie die inhaltliche Vor- und Nachbereitung der Projekttreffen, die Auswertung der Ergebnisse und das Verfassen des Abschlussberichts und einer wissenschaftlichen Publikation. Unterstützt wird die BAM beim Erstellen des Abschlussberichts und dem Verfassen der Publikation durch die RWTH. AP6 wird ebenfalls von der BAM bearbeitet und umfasst den Transfer der Projektergebnisse in die Normung und die Rechtssetzung.
In dieser Machbarkeitsstudie zur Kompensationsmethode wird die Interaktion zwischen der Wärmepumpe und des Prüfstands untersucht. Im Vergleich zu früheren Versionen der Kompensationsmethode beinhaltet die Prüfstandssteuerung ein Gebäudemodell, um die Reaktion eines virtuellen Gebäudes zu emulieren. Einerseits wird das Gebäudemodell eingeführt, um eine repräsentative Prüfstandsreaktion (Trägheit) und damit das Betriebsverhalten der Wärmepumpe sicherzustellen. Andererseits sorgt das Modell für reproduzierbare Prüfergebnisse, indem es die Trägheit verschiedener Prüfstände aneinander angleicht.
In dieser Studie wurden zum ersten Mal Kompensationsmessungen unter Einbeziehung des Gebäudemodells durchgeführt. Die Tests wurden an drei verschiedenen Prüfständen unterschiedlicher Bauart (direkte und indirekte Methode) durchgeführt, um zu beurteilen, ob die neue Methodik auf gängigen Prüfständen angewendet werden kann. In jedem Labor wurde eine Wärmepumpe eines anderen Herstellers getestet, um die Palette der getesteten Wärmepumpenregler zu erweitern. Darüber hinaus wurden verschiedene Reglereinstellungen untersucht, um die Anwendbarkeit der Methode für gängige Regelungsstrategien (fester und variabler Durchfluss; Heizkurve und Innentemperaturregelung) zu belegen.
Die Messungen aller drei Labore zeigen ein realistisches Betriebsverhalten der Wärmepumpe. Es hat sich gezeigt, dass die Prüfstände in Kombination mit dem Gebäudemodell sowohl konstante als auch variable, von der Wärmepumpe gesteuerte Volumenströme verarbeiten können. Auch Tests mit aktiver Innentemperaturregelung waren erfolgreich und haben realistisches Betriebsverhalten der Wärmepumpe demonstriert. Darüber hinaus wurde durch die Messung an zwei Wärmepumpen nachgewiesen, dass die Messungen auch mit aktivem Elektroheizstab durchgeführt werden können, um noch realitätsnäheres Betriebsverhalten in der Prüfung abzubilden.
Die Projektpartner haben den BAM-Prüfleitfaden zur Kompensationsmethode basierend auf den Projektergebnissen grundlegend überarbeitet. Die aktuelle Fassung des Leitfadens sowie sämtliche Berichte und Publikationen zur BAM-Kompensationsmethode werden auf der Website der BAM veröffentlicht.
Das Normungsgremium CEN/TC 113/WG 8 hat im September 2022 die Arbeitet zur Kompensationsmethode aufgenommen. Als Gremienmitglied transferiert die BAM die Projektergebnisse fortlaufend in die Normung. Außerdem ist die BAM Mitglied in der Arbeitsgruppe ISO/TC 86/SC 6/TG 13, um die Ergebnisse auch auf internationale Ebene zu transferieren.
Darüber hinaus hat die BAM die EU-Kommission, Mitgliedstaatenvertreter*innen, Hersteller und ihre Verbände, Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen in einem Webinar über die neue Kompensationsmethode und die Projektergebnisse informiert. Der Abschlussbericht wird diesem Kreis ebenfalls zur Verfügung gestellt.
Die BAM stellt über das Projektende hinaus den Transfer der Ergebnisse in die Rechtssetzungsprozesse auf EU-Ebene und die Normung sicher. So hat jüngst die von den Projektpartnern entwickelte Kompensationsmethode auch Eingang in die Vergabekriterien für den Blauen Engel für Wärmepumpen gefunden.
Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass reproduzierbare Messungen mit den Prüfständen in Kombination mit dem Gebäudemodell und der Wärmepumpe in verschiedenen Lastfällen möglich sind. Darüber hinaus kann die Methodik in kurzer Zeit und zu geringen Kosten in bestehende Prüfstände implementiert werden, wobei bereits ein ausreichendes Maß an Kontrolle über die Rücklauftemperatur erreicht wird. Die Machbarkeitsstudie war somit erfolgreich und aus technischer Sicht kann die Validierungsphase eingeleitet werden, um die Reproduzierbarkeit der Methode im Ringversuch zu untersuchen.
Die Projektergebnisse tragen maßgeblich dazu bei die Erarbeitung einer europäischen Norm zu beschleunigen und die alten Prüfverfahren durch die Kompensationsmethode zeitnah abzulösen. Dadurch werden wichtige Entwicklungsanreize zur Regleroptimierung von Wärmepumpen gesetzt und repräsentativere Leistungskennwerte gemessen.