Projekt 38407/01

Biotechnologische Konversion von Riegelteigabschnitt-Resten in Citronensäure und proteinhaltige Hefebiomasse für die Kreislaufwirtschaft in der Lebensmittelindustrie

Projektdurchführung

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Dept. Umwelt- und biotechnologisches Zentrum (UBZ)
Permoserstr. 15
04315 Leipzig

Zielsetzung

Der Aufbau und die Implementierung einer Kreislaufwirtschaft (Circular economy) in bestehende Industriezweige unter Nutzung von im Produktionsprozess anfallenden Reststoffen und Nebenprodukten stellt eine wissenschaftlich-technische Herausforderung unserer Zeit dar. Dies betrifft insbesondere auch die Nahrungsmittelindustrie, deren Rohstoffe überwiegend durch die Nutzung begrenzt verfügbarer agrarischer Nutzflächen gewonnen werden.
Mit dem steigenden Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung und der zunehmenden Nachfrage nach gesunden Nahrungsmitteln sowie Nahrungsergänzungsmitteln erfreuen sich Riegel mit nativer Rezeptur und unterschiedlichen Kohlenhydrat/Protein/Fett-Verhältnissen stetig wachsender Beliebtheit. Bei der Produktion dieser Protein-, Energie oder Schokoriegel fallen kontinuierlich in signifikanten Mengen Riegelteigabschnitt-Reste an, welche aufgrund der aufgetragenen Pasten oder Schokoladen nicht wieder als Teigmasse verarbeitbar oder anderweitig nutzbar sind. Gemeinsam mit über- oder untergewichtigen Riegeln werden die Reste gesammelt und überwiegend einer externen thermisch-energetischen Verwertung zugeführt.
Der Nahrungsmittelproduzent anona GmbH und die Forschungseinrichtungen Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ und Institut für Nichtklassische Chemie e.V. (INC) beabsichtigen in diesem Verbundvorhaben ein biotechnologisches Verfahren unter Nutzung der Hefeart Yarrowia lipolytica zu entwickeln, in welchem die im Produktionsprozess anfallenden Riegelteigabschnitt-Reste und andere geeignete Produktionsrückstände zu Citronensäure und proteinhaltigen Biomassen konvertiert werden. Für den Einsatz dieser beiden biobasierten Produkte als Rohstoffe bzw. Ausgangstoffe in den Produktionsprozessen am Standort des Nahrungsmittelproduzenten erfolgt zusätzlich die Entwicklung und Erarbeitung eines effizienten Aufarbeitungsverfahrens bezüglich der Citronensäure und eine qualitative Bewertung der Produkte/“neuen“ Ausgangsstoffe.
Modellhaft sollen mit dem Vorhaben Beiträge zum Aufbau und weiteren Ausbau einer Kreislaufwirtschaft (Circular economy) für eine ressourcenschonende Nahrungsmittelproduktion unter Wiedernutzung von biogenen Reststoffen innerhalb der bestehenden Produktionsprozesse geleistet werden und eine ökologische sowie ökonomische Bewertung durch ein Life Cycle Assessment erfolgen.

Arbeitsschritte

Die Umsetzung des Vorhabens zur Entwicklung eines biobasierten Recyclingverfahrens für Reststoffe aus der Proteinriegelproduktion erfolgt unter einem ganzheitlichen, interdisziplinären Bearbeitungsansatz. Dieser umfasst die gesamte Prozesskette der Verfahrensentwicklung – von der Identifikation geeigneter Rohstoffe und deren Aufbereitung über die Entwicklung und Überführung des hefebasierten Bioprozesses in den Bioreaktormaßstab, der Produktisolierung und -testung bis zur ökologischen und ökonomischen Bewertung. Das Projekt ist in sechs Arbeitspakete (AP) unterteilt, wobei die zeitliche Planung des Transfers von Produktmustern in Form eines Mustermengenplanes so konzipiert ist, dass alle drei Projektpartner – anona, UFZ und INC – entsprechend ihrer Kompetenzen und Expertisen über die gesamte Laufzeit hinweg aktiv an der Verfahrensentwicklung partizipieren können. Im Detail umfassen die Arbeitspakete (AP):
AP 1: Charakterisierung, Analytik und Auswahl der Reststoffe für den Hefeprozess
• Bereitstellung und Charakterisierung von geigneten Riegelteigrest-Fraktionen (RTR)
• Gewinnung von RTR-Suspensionen und Aufbereitung weiterer Reststoffe
AP 2: Limitationsbedingungen für Citratbildung, Optimierung des Kultivierungsmediums
• Identifizierung Nährstofflimitation für Citratbildung mit RTR und anderen kohlenstoffreichen Reststoffen
• Untersuchungen zur Optimierung des Kultivierungsmediums
• Durchführung von Fermentationen im 1 bis 30 l-Maßstab zur Bereitstellung von Produktmustern (Citratlösung, Hefebiomasse)
AP 3: Bioprozessentwicklung und -optimierung der Citratgewinnung
• Übertragung des Bioprozesses mit RTR von Schüttelkolben- in den Bioreaktormaßstab
AP 4: Entwicklung Produktaufbereitung und -isolierung für Citrat und proteinhaltige Biomasse
• Konzeptionierung und Durchführung von Versuchen zur Isolierung von Trimagnesiumdicitrat als Zielverbindung aus Fermentationslösungen
• Untersuchungen zur primären Aufreinigung der Fermentationslösungen
AP 5: Untersuchungen zu Substitution von Rohstoffen bei anona durch hefebasierte Citrate und Proteine
• Übernahme Produktmuster und deren physikalische Charakterisierung
AP 6: Nachhaltigkeitsbewertung (Life Cycle Assessment)
• Festlegung der Ziele und Systemgrenzen für Nachhaltigkeitsbewertung
• Analyse und ökologische Bewertung des Istzustandes mit externer Beschaffung Rohstoffe und Entsorgung der Reststoffe im Vergleich mit einer integrierten hefebasierten Bioprozessstufe

Ergebnisse

Die Bearbeitung der Aufgaben wurde durch die Projektpartner gemäß der vorgesehenen Arbeitspakete (AP) systematisch aufgenommen.
In AP1 erfolgte eine detaillierte Analyse des Aufkommens an Riegelteigrest-Fraktionen (RTR) sowie weiterer biogener Reststoffe wie Pulverreste und Fettabscheiderinhalte an den Produktionsstandorten der anona GmbH in Colditz. Proteinriegelteigreste, mit 50 % Eiweiß und ca. 20 % Glycerol als Hauptkomponenten, wurden als vielversprechende Kohlenstoffquelle ausgewählt. Nach der analytischen Charakterisierung wurden die erforderlichen Vorbehandlungsschritte in Form von Zerkleinerung und Sterilisierung für die Hefekultivierung festgelegt (Meilenstein 1).
Mit einem citratbildenden Leistungsstamm der Hefe Yarrowia lipolytica wurde die Verfahrensentwicklung aufgenommen (AP 2, AP 3). Dabei wurden geeignete Nährstofflimitationen für die Citratbildung identifiziert, insbesondere die Begrenzung des Phosphat- und Kaliumangebotes. Es wurde festgestellt, dass für eine effektive Citratbildung ein Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis von mehr als 55:1 erforderlich ist. Weitere Tests zur Produktbildung wurden mit stickstoffreichen Modellsubstraten wie Proteinrohstoffen und Aminosäuren durchgeführt. Eine Fermentation im 30-Liter-Technikums-Bioreaktor lieferte Produktmuster für Hefebiomasse und eine Citratlösung für das Downstream Processing (Meilenstein 2).
Die Entwicklung des Downstream Processing (AP 4) wurde mit Fällungsversuchen technischer Citronensäure unter Verwendung von verschiedenen Magnesiumsalzen (Mg-acetat, -carbonat) gestartet. Dabei wurden die Grundlagen zur selektiven Fällung von Trimagnesiumdicitrat (Mg3Cit2) erarbeitet. Tests zur Entfärbung der Fermentationslösung ergaben, dass Aktivkohle und alkalische Ionenaustauscher geeignete Materialien für die Entfärbung sind.
Weiterhin wurden mit von den Projektpartnern UFZ und INC bereitgestellten Produktmustern für Mg3Cit2 und Hefebiomasse erste physikalische Untersuchungen (AP 5) bezüglich der Partikelgröße und -form durchgeführt.
Für die integrierte Nachhaltigkeitsbewertung (AP 6) erfolgte die Festlegung geeigneter Bilanzierungsräume und der funktionellen Einheit (Mg3Cit2) für den Istzustand und die angestrebte Systemerweiterung. Bezüglich des Istzustandes erfolgte die ökologische Bewertung der derzeitigen externen Beschaffung von Mg3Cit2 (cradle-to-gate-Ansatz) und thermischen Entsorgung der Riegelteig-Reste (gate-to-grave-Ansatz).

Übersicht

Fördersumme

279.797,00 €

Förderzeitraum

01.01.2024 - 30.06.2025

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Land use
Resource conservation
Umwelttechnik