Epizentrum Bauwende ? Experimentalarchitektur für Potsdam
Projektdurchführung
Bauhaus der Erde gGmbH
Peschkestr. 13
12161 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Forschungsprojektes war die Herausarbeitung von bestehenden Chancen und Hürden für ein radikal regionales, klima- und kreislaufgerechtes Bauen das vollständig auf regional verfügbare bio-basierte Materialien und Abfallprodukte zurückgreift. Anlässlich der Planung des konkreten experimentellen Bauvorhabens im Zentrum von Potsdam wurde die systemische Einbettung von dem Gebäude in den regionalen Kontext der Ressourcenregion Berlin-Brandenburg untersucht. Durch die Bildung eines transdisziplinären Konsortiums aus regionalen Forschungsinstitutionen und Praxispartner*innen, unter Leitung des Bauhaus Erde, wurden sowohl konkrete Handlungsableitungen für den zukünftigen Bau, als auch Erkenntnisse auf die bestehenden Rahmenbedingungen für ein klima- und kreislaufgerechtes Bauen innerhalb spezifischer Ressourcenregionen insgesamt erarbeitet.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenI. Grundlagenforschung:
AP1 Potentialanalyse regional verfügbarer regenerativer Baumaterialien.
Leitung: Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
AP2 Stoffstromanalysen und regionale Wertschöpfungsketten.
Leitung: TU Berlin Fachgebiet Kreislaufwirtschaft und Recyclingtechnologie in Kooperation mit ZUsammenKUNFT Berlin/ Netzwerk Haus der Materialisierung im Haus der Statistik Berlin.
AP 3 CO2-Lebenszyklus.
Leitung: TU Berlin Fachgebiet Stadtökologie
II. Integrale Planung:
AP 4 Life Cycle Design/Lebenszyklusdesign (Entwurf des Forschungspavillons).
Leitung: Bauhaus Erde in Kooperation mit TU Berlin Natural Building Lab, ZRS Architekten/ Ingenieure Berlin
AP 5 Green Procurement/ Grüne Beschaffung (und Machbarkeitsstudie Demonstrationsbau).
Leitung: Bauhaus Erde; in Kooperation mit UTB Projektmanagement Berlin GmbH.
III. Projektkoordination
AP 6 Gesamtkoordination, Partner*innennetzwerk und Dissememination
Leitung: Bauhaus Erde
Ergebnisse und Diskussion
Die Kooperationspartner*innen der Fachgebiete für Sozioökonomie & Kommunikation und Forstnutzung & Holzmarkt der Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNEE) fertigten eine Potentialanalyse regional verfügbarer regenerativer Baumaterialien (AP 1) an. Hierbei wurde dringender Forschungsbedarf bezüglich der nachhaltigen Nutzung diverser, bisher ungenutzter Baumarten deutlich, die im Rahmen eines klimagerechten Waldumbaus von Plantagenwäldern zu Mischwäldern für den Bausektor an Bedeutung gewinnen werden. Gleichzeitig sollte die Holzbe- und verarbeitende Industrie in Brandenburg weiter zielgerichtet entwickelt werden, um regionale Wertschöpfungsketten, Produktionsprozesse und Kaskadennutzungen zu optimieren. Langfristig gesehen können vor allem Agroforst-Systeme Biomasse für die Bauwende liefern, den Nutzungsdruck auf Forstsysteme verringern und zu einer Vielfalt von Ko-Benefits in Bezug auf Wasserhaushalt und Biodiversität beitragen. Die Kooperationspartner*innen von dem Fachgebiet Kreislaufwirtschaft und Recyclingtechnologie der TU Berlin, sowie dem Netzwerk Haus der Materialisierung im Haus der Statistik Berlin analysierten die Potentiale regional verfügbarer Sekundärrohstoffe und Chancen, Strukturen und Narrative der Kreislaufwirtschaft in Berlin-Brandenburg (AP 2). Es wurde deutlich, wie weit die Bauwirtschaft derzeit von der Vision des zirkulären Bauens entfernt ist. Insbesondere im Hochbau ist der Wiedereinsatz von Bauteilen und der Einsatz von recycelten Baustoffen gering. Neben materialinhärenten Eigenschaften, die die Recyclingfähigkeit und eine vollständige Kreislaufwirtschaft erschweren, bestehen derzeit weitere Hindernisse und Barrieren, wie zum Beispiel Qualitätsanforderungen oder Preiskonkurrenz. Zusammen mit dem Haus der Materialisierung wurden fünf Beispiele untersucht, die anfallende Reststoffe durch Wieder- und Weiterverwendungsprozesse in prototypischen Anwendungen in Bauprodukte überführen. Die Kooperationspartner*innen von dem Fachgebiet Stadtökologie der TU Berlin untersuchten die CO2-Emissionen, sowie den gespeicherten CO2-Gehalt verschiedener Materialien (AP 3). Dabei wurde deutlich, dass der Kohlenstoffgehalt von Bauteilen aus Laubholz 40% höher ist als von Nadelholz, und dass die Technologien bei der Herstellung von Bauteilen einen bisher zu wenig beachteten Einfluss auf den CO2-Fussabdruck insgesamt haben.
Der zweite Teil des Abschlussberichtes umfasst die integrale Planung für die Errichtung des temporären Forschungspavillons Proto Potsdam, die erste Stufe des Bauvorhabens, durch die Kooperation von Bauhaus Erde, dem Natural Building Lab der TU Berlin und weiteren Praxispartner*innen sollen nachhaltige, regionale Baumaterialien und Konstruktionsweisen für eine spätere Anwendung im dauerhaften Bau getestet werden (AP 4). Der Fokus wurde hierbei einerseits auf die Verwendung diverser Holzarten gelegt, die in zukünftigen Mischwäldern perspektivisch zur Verfügung stehen. Der zweite Fokus richtete sich auf die Entwicklung gepresster Lehmsteine aus regional beschaffenem Aushubmaterial. Drittens sollen neue Praktiken des zirkulären Bauens integriert werden, unter anderem durch das Testen wiederverwendeter Materialien und Abfallprodukte. Neben der Planung des Forschungspavillon und dem Einreichen eines Bauantrages erarbeitete das Bauhaus Erde und die UTB Projektmanagement Berlin GmbH eine Machbarkeitsstudie für den dauerhaften Bau (zweite Stufe). Hierbei wurden Prozesssicherung und nachhaltige Baulandbeschaffung berücksichtigt, die Vorbereitung für ein Konzept für eine frühzeitige Nutzer*innenbeteiligung erstellt, und Planungsideen für langfristige Entwicklungen in einem Entwurfsseminar des Master-Studiengang Architektur der TU Berlin (Natural Building Lab) gesammelt, um Empfehlungen für nächste Umsetzungsschritte abzuleiten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Begleitende Öffentlichkeitsarbeit über die Kanäle von Bauhaus Erde gGmbH
Sommerausstellung im Rechenzentrum Potsdam, Zwischenpräsentation Anrainer*innentreffen & mehrere Fachdialoge mit externen Expert*innen, sowie Politik & Verwaltung
Fazit
Das Projekt Epizentrum Bauwende hat gezeigt, dass die Rahmenbedingungen für ein klima- und kreislaufgerechtes Bauen in den Grenzen einer Ressourcenregion nur durch das Zusammenwirken einer Vielzahl von Akteur*innen entwickelt werden können: Beiträge aus der Wissenschaft sind erforderlich, um globale und lokale Zusammenhänge aufzuzeigen, Potentiale zu qualifizieren und Parameter, wie Einsparpotentiale von CO2, zu quantifizieren. Forschungs- und Innovationsleistungen zur Entwicklung von skalierbaren technischen Lösungen für eine optimale Nutzung und Verarbeitung bio-basierten Materialien und Abfallprodukte müssen durch Industrie, bzw. Wissenschaft-Praxis-Partnerschaften erfolgen.
1. Durch die Stärkung der lokalen Verarbeitungs- und Lieferketten für regionale regenerative und bio-basierte Materialien (einschließlich gepresster Lehm) lassen sich Dekarbonisierungseffekte im Bauen mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Effekten durch klimagerechten Waldumbau und -bewirtschaftung verbinden.
2. Eine Verbreitung und Skalierung von kreislaufgerechten (Um)bauens setzt die Schließung der Lücken zwischen der theoretischen und der praktischen Recyclingfähigkeit von Materialien und Bauteilen aus nachwachsenden Rohstoffen und Abfallprodukten, sowie den Abbau von Hindernissen für die Umsetzung in Planung und Bau voraus.
3. Nur durch eine Steigerung der Nachfrage nach lokalen regenerativen und wiederverwerteten Bauteilen und Materialien kann eine wirtschaftliche Grundlage für eine bio-basierte, regionale Kreislaufwirtschaft entstehen.
Fördersumme
124.820,00 €
Förderzeitraum
02.06.2022 - 02.01.2023
Bundesland
Berlin
Schlagwörter