Eigenschaften und Aufbereitung nicht sortenrein recycelter Polyamide sowie Ermittlung deren Schweißbarkeit und Langzeiteigenschaften gefügter Recyclate
Projektdurchführung
WIS Kunststoffe GmbH
Nordstr. 5
98597 Breitungen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Im Rahmen des Forschungsprojekts wird eine Methode entwickelt, die eine Qualitätssicherung des Recyclingmaterials aus glasfasergefüllten PA6- und PA66-Granulaten aus dem Automobilsektor gewährleistet, ohne eine sortenreine Trennung der Materialien vorauszusetzen. Das Projekt unterscheidet sich somit von konventionellen Recyclingverfahren, bei denen eine sortenreine Trennung der Polymere gewährleistet werden muss. Die Herausforderung beim Recycling von Polyamiden liegt primär in der fehlenden Technologie zur Trennung unterschiedlicher Polyamid-Typen. Aufgrund chemischer Analogien sowie abweichender thermischer, mechanischer und rheologischer Eigenschaften können diese mit standardmäßig verwendeten Sortierverfahren nicht effizient differenziert werden.
Die Reproduzierbarkeit der Mischbarkeit unterschiedlicher Polyamide zielt auf die Produktion eines verkaufsfähigen Mischgranulats und die Schließung des Recyclingkreislaufs ab. Das übergeordnete Ziel ist die Schonung von Ressourcen, insbesondere durch die Wiederaufbereitung energieintensiver Polymere.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn diesem Projekt wurden die Arbeitsschritte und angewandten Methoden zur Entwicklung eines verkaufsfähigen Recycling-Misch-Polyamidgranulats detailliert dargestellt.
Beschaffung:
In einem ersten Schritt wurden die Eingangsmaterialien beschafft und charakterisiert. Dazu wurden Polyamidabfälle beschafft und einer Reihe von Analysen unterzogen, darunter Feuchtemessungen, thermogravimetrische Analyse (TGA), Differential Scanning Calorimetry (DSC) sowie die Ermittlung der Fließeigenschaften durch MFI-Messungen und die Bestimmung der Viskositätszahlen (VZ).
Zerkleinerung:
Die Bauteile wurden in einem ersten Zerkleinerungsschritt mit einer Schneidmühle zu einer einheitlichen Korngröße von 6-8 mm zerkleinert. In einem weiteren Schritt wurden Teile der Abfallchargen für die Weiterverarbeitung im Extruder zu einer maximalen Granulatgröße von 4 mm zerkleinert.
Entwicklung von Polymerblends:
Die Auswirkungen von Verunreinigungen durch Fremdpolymere wurden anhand der Materialien PA6 und PA66 in den Zusammensetzungen 90/10 %, 80/20 % und 70/30 % untersucht. Dazu wurden die Materialien jeweils mit einem Kettenverlängerer mit einem Anteil von 1 %, einem Schlagzähmodifikator mit einem Anteil von 6 % und ohne Additivzugabe extrudiert. Des Weiteren wurden die Grundmaterialien PA6 und PA66 mit beiden Additiven aufbereitet. Die Charakterisierung aller Chargen erfolgte gemäß dem Vorgehen der Eingangsuntersuchungen.
Qualifizierungs- und Aufbereitungsverfahrens:
Zur effizienten Charakterisierung und gegebenenfalls Aufbereitung der Eingangsmaterialien wurde ein Konzept entwickelt, welches den Umgang mit den genannten Materialien regelt. Zu diesem Zweck werden die Eingangsmaterialien, welche unbekannte PA6- und PA66-Anteile aufweisen, geschreddert. Stichprobenartig werden MFI-Messungen durchgeführt, um einen Eindruck des Fließverhaltens zu bekommen und gegebenenfalls zu additivieren. Um die Anteile beider Materialien abzuschätzen, werden die im MFI aufgeschmolzenen Materialien mittels DSC charakterisiert. Anschließend kann über die Ergebnisse die Notwendigkeit einer Additivierung abgeschätzt werden. Zudem werden Empfehlungen bezüglich geeigneter Schweißverfahren und Parametrisierungen abgegeben.
Charakterisierung:
Im Rahmen der Qualitätssicherung wurden aus den hergestellten Chargen Prüfkörper angefertigt, um die mechanischen Eigenschaften zu untersuchen und Schweißversuche mit unterschiedlichen Verfahren durchzuführen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen dienen der Erstellung eines Materialdatenblatts sowie dem Abgleich der Mindestanforderungen an das Produkt.
Schweißversuche:
Ergänzend zu den mechanischen Untersuchungen wurden Schweißversuche durchgeführt, um repräsentative Aussagen über die Schweißbarkeit der Chargen zu treffen und eine Empfehlung zur Parametrisierung abzuleiten. Dazu wurden Prüfkörper mittels Heizelement-, Infrarot- und Ultraschallschweißen gefügt. Für alle Schweißverfahren wurden mehrere Parameter gewählt, um eine fundierte Handlungsempfehlung zu ermöglichen.
Schweißrichtlinie/ -empfehlung & Materialdatenblatt:
Um potenziellen Anwendern des Mischgranulats den Umstieg auf das neue Material zu erleichtern, wird eine Schweißempfehlung für unterschiedliche Schweißverfahren erstellt.
Die Schweißempfehlung umfasst die untersuchten Verfahren sowie Empfehlungen zur Parametrierung der einzelnen Chargen. Darüber hinaus werden in der Schweißempfehlung die verwendeten Materialien, Materialzusammensetzungen und Additive aufgeführt.
Das Materialdatenblatt bietet dem Kunden einen Überblick über die Zusammensetzung und die Eigenschaften des Recyclingmaterials, wodurch eine Orientierung zur Bauteilherstellung ermöglicht wird.
Ergebnisse und Diskussion
Beschaffung:
Die Auswahl der Materialien erfolgte auf Basis der mengenmäßig am stärksten anfallenden Kunststoffabfälle, welche überwiegend aus dem Automobilsektor stammen. Im Rahmen des Projektes wurde daher der Fokus auf glasfaserverstärktes PA6 und PA66 gelegt.
Entwicklung von Polymerblends:
Die Herstellung von Polymerblends mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen und Aufbereitungsformen bildete die Grundlage für die nachfolgenden Untersuchungen. Ein weiteres wesentliches Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines nicht sortenreinen Recyclingmaterials, um den derzeit noch nicht effizient funktionierenden Prozess zur Trennung von Polymertypen, insbesondere von Polyamiden, zu umgehen. Die gemeinsame Verarbeitung im Extruder sowie die Zugabe zweier ausgewählter Additive konnten ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden. Die Mischbarkeit von PA6 und PA66 konnte bis zu einem Mischungsverhältnis von 70/30 erfolgreich durchgeführt und untersucht werden.
Qualifizierungs- und Aufbereitungsverfahrens:
Die Eingangscharakterisierung und Auswahl geeigneter Aufbereitungsformen zur Verbesserung der Materialeigenschaften und Einhaltung der Mindestanforderungen, erfolgt auf Grundlage der im Projekt durchgeführten Charakterisierungsverfahren des Materials. Die stichprobenartigen Untersuchungen geben Aufschluss über die Materialzusammensetzung und den Alterungszustand, sodass eine chargenspezifische Aufbereitung zur Erzeugung einheitlicher Eigenschaften und eine Parametertendenz für geeignete Fügeverfahren empfohlen werden kann.
Charakterisierung:
Die mechanische Charakterisierung der Mischcompounds aus PA6 und PA66 hat ergeben, dass die Zugfestigkeit im Vergleich zum Grundmaterial PA6 um etwa 10 MPa abgesunken ist. Dieser Wert bleibt jedoch über die Mischungen hinweg konstant. Hinsichtlich der Bruchdehnung weisen die Mischungen einen leicht höheren Wert auf als die beiden Grundmaterialien. Bis zu einem Mischungsverhältnis von 30 % ist kein Einfluss der Höhe des PA66-Anteils in den Mischmaterialien erkennbar. Die Zugabe eines Kettenverlängerers führt zu keiner signifikanten Verbesserung der Kurzzeitzugfestigkeit. Allerdings konnte eine leichte Verbesserung der Bruchdehnung bei den Mischungen beobachtet werden. Beim reinen PA66 ist ein eindeutiger Anstieg der Bruchdehnung zu verzeichnen. Die Zugabe des Kerbschlagmodifikators resultierte bei allen Materialien in einem erwartbaren Abfall der Zugfestigkeit und einem Anstieg der Bruchdehnung mit steigendem PA66-Anteil.
Die Untersuchungen der Kerbschlagarbeit haben keinen Einfluss der Mischungsverhältnisse nachweisen können. Auch der Einsatz eines Kettenverlängerers führte zu keiner signifikanten Veränderung der Kerbschlagarbeit. Lediglich die Zugabe eines Schlagzähmodifikators resultiert in einer Verbesserung der Kerbschlagzähigkeit der Mischmaterialien.
Die Untersuchungen der Viskosität haben einen Anstieg des MFI durch die Verunreinigung des PA6 mit PA66 aufgezeigt. Die Zugabe eines Kettenverlängerers und eines Kerbschlagmodifikators konnte dieser Entwicklung jedoch entgegenwirken. Lediglich beim reinen PA66 konnte keine Verringerung des MFI durch die Zugabe des Kettenverlängerers erzeugt werden. Es konnte festgestellt werden, dass die Materialmischungen mit einem PA66-Anteil zwischen 10 % und 30 % eine hohe Stabilität der Eigenschaften aufweisen, sodass das Mischungsverhältnis keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse hatte.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Es ist geplant die Ergebnisse auf der Technomer 2025, einer Fachtagung über Verarbeitung und Anwendung von Polymeren an der Technischen Universität Chemnitz zu veröffentlichen. Weiterhin wird der Wissenstransfer in Form von Konferenzbeiträgen.
Fazit
Im Rahmen des zweijährigen Projekts konnten die Auswirkungen der nicht-sortenreinen Verarbeitung von Polyamid 6 und 66 untersucht sowie die Auswirkungen unterschiedlicher Additive zur Aufbereitung von Rezyklaten aufgezeigt werden. Die Resultate können als Beitrag zur Steigerung der Recyclingquote von Schredderleichtfraktionen in der Automobilindustrie erachtet werden. Der Ausbau von Recyclingmöglichkeiten birgt ein beträchtliches Potenzial zur Reduktion von Kunststoffabfällen sowie zur Steigerung der Ressourceneffizienz. Insbesondere Polyamide benötigen deutlich mehr Energie für die Herstellung von Neumaterial als Polyolefine und gehören somit zu den besonders wertvollen Kunststoffen, für die es mehr Recyclingstrategien bedarf.
Da eine sortenreine Trennung von Polyamiden sowie von schwarz gefärbten Kunststoffen, die vor allem im Automobilsektor zum Einsatz kommen, bislang kaum möglich ist, erscheint eine gemeinsame Verarbeitung sinnvoll. Aufgrund des hohen Anteils an PA6 und PA66 in diesem Bereich wurde sich auf die beiden Materialien beschränkt.
Fördersumme
299.998,00 €
Förderzeitraum
30.06.2022 - 30.06.2024
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Resource conservation
Umwelttechnik