Projekt 37889/01

Weiterentwicklung des Windenergieanlagen-Notfall-Informationssystems (WEA-NIS) hin zu einem Dezentralen-Energien-Notfallinformationssystem (DE-NIS)

Projektdurchführung

FGW e. V. - Fördergesellschaft Windenergie und
andere Dezentrale Energien
Oranienburger Str. 45
10117 Berlin

Zielsetzung

Seit knapp zwei Jahrzenten betreibt die FGW e. V. Fördergesellschaft Windenergie und andere dezentrale Energien eine Datenbank, über die sich Rettungs- und Feuerwehrleitstellen einsatzrelevante Daten zu Windenergieanlagen beschaffen, um so Notfalleinsätze zu planen und Informationswege kurz zu halten. Hauptzweck ist dabei, Personen, die in einer Anlage verunfallen, möglichst reibungslos zu retten.
Auf dem WEA-NIS (Windenergieanlagen-Notfallinformationssystem) finden sich nicht nur Kontaktdaten zu Personen, die im Notfall mit Schlüssel und Rat zur Stelle sein können, sondern auch Standort, Besonderheiten bei der Anfahrt in unübersichtlichem Gelände und technische Daten, anhand derer die nötige Ausrüstung ausgesucht werden kann. Stehen solche Informationen früh in der Rettungskette bereit, spart dies wertvolle Minuten vor Ort. Gepflegt werden die Datensätze von den Herstellern oder Betreibern der Anlage. So wurden im Lauf der Zeit etwa 67 % der deutschen WEA-Flotte registriert.
Nach 20 Jahren Betrieb und ebenso viel Erfahrung im Bereich Rettung und Prävention hat sich die FGW entschieden, die Datenbank nicht nur zu modernisieren, sondern für alle dezentrale Energieanlagen zu öffnen, um rettungsrelevante Infos etwa auch im Bereich PV oder Biogas zur Verfügung stellen zu können.
Daneben wuchs auch der Bedarf nach einem weiteren Informationskanal, wenn gesundheitsgefährdende Mängel an Anlagenkomponenten gefunden werden. Dann werden von den Herstellern sogenannte Produktsicherheitsmitteilungen herausgegeben und an die betroffenen Anlagenbesitzer versendet. Sind diese allerdings über die Jahre mehrmals verkauft worden, gelangen diese Mitteilungen nicht rechtzeitig an die Besitzer, Wartungsteams oder Rettungskräfte, die Einsätze an der Anlage durchführen. Hier greift die FGW die Möglichkeit auf, diese Mitteilungen zu sammeln und an die Anlagenbesitzer in der Datenbank direkt weiterzuleiten.
Insgesamt soll das neue System so den Informationsfluss und die Rettungskette noch besser unterstützen und auf diese Weise die Erneuerbare Energiebranche sozial nachhaltiger Gestalten, Genehmigungsauflagen im Bereich Arbeitsschutz erfüllen und durch die Vermeidung von Unfällen auch die Akzeptanz für Erneuerbare Energie steigern.

Windenergieanlagen-Notfallinformationssystem

Arbeitsschritte

Zum Projektstart im November 2022 wurden die Projektziele und die Arbeitspakete zu deren Erfüllung in einem Lastenheft zusammengetragen und dem externen Softwarepartner übergeben. Als erfahrene Entwickler im Bereich der Microsoft Azure ist die MLPA Consulting GmbH ein geeigneter Auftragnehmer, um die als Cloudplattform geplante Modernisierung des WEA-NIS technisch umzusetzen.
Der Projektplan sah nach anfänglicher Koordination eine mehrmonatige Programmierphase vor, nach der eine fertiges Softwareaftefakt übergeben werden sollte. Stattdessen passte sich das Projektmanagement den agilen Methoden an, wie sie bei der Softwareentwicklung üblich sind und die vormals eher seriellen Arbeitspakete parallelisierten sich zunehmend, auch um Ressourcenausfällen entgegenzuwirken und zeitliche Verzögerungen des Projekts zu verhindern.
Während die MLPA an einer Backend-Struktur arbeitete, rief die FGW einen Projektbeirat ein, der sich aus Experten des Arbeitsschutzes und der Rettungskette zusammensetzt. Dieser bleibt auch nach Projektende erhalten und unterstützt die Plattform als Schnittstelle zu den jeweiligen Branchen, sodass die Plattform stetig neue Impulse erhält, um auf dem Stand der Technik bleiben zu können.
Nachdem eine Grundinfrastruktur stand, ging es in die funktionale Ausgestaltung der Plattform. Hier wurde die Zusammenarbeit mit der Softwareentwicklung wesentlich enger und in regelmäßigen Terminen und Workshops wurden laufend weitere Features der Plattform gemeinsam präzisiert. Gleichzeitig wurden neue Features bereits auf ihre Tüchtigkeit erprobt. Für neue Funktionen wurden seitens der FGW Alphatests durchgeführt, die deren korrektes Verhalten überprüften. Im weiteren Verlauf begannen Betatests, bei denen auch Externe (z. B. User des WEA-NIS) involviert waren, um die Plattform in ihrer Gesamtheit zu testen.
Nach zwei Dritteln der Projektlaufzeit wurden Prozesse erarbeitet, um die im WEA-NIS gespeicherten Datensätze aufzubereiten und in die neue Plattform zu migrieren. Auf diese Prozesse konnte zum Ende des Projektes zurückgegriffen werden, um zum GoLive einen aktuellen Stand des WEA-NIS zu importieren und den Betrieb der Plattform aufzunehmen.

Ergebnisse

Mit dem GoLive der „Decentralised Energies Emergency Platform“ (im Folgenden „DEEP“), erreichte das Projekt das wichtigste Ziel Ende August 2024. In den Wochen zuvor erhielten die Nutzer des WEA-NIS Einladungen zum neuen System und ein letzter aktueller Datenstand wurde in die Datenbank geladen, sodass der Wechsel der Plattformen möglichst reibungs- und verlustlos hinsichtlich der Daten erfolgte.
Die Plattform ist so gestaltet, dass sich Einträge je nach Typ der Anlage (etwa Windenergieanlage, PV-Anlage etc.) anpassen lassen, basierend auf den für diesen Typ wichtigen Informationen. Zunächst wird es möglich sein, Windenergie-, PV- und Biogasanlagen einzutragen. Durch die flexiblen Anpassungen können aber auch Batterieanlagen, Schaltwerke usw. nach Bedarf bald ebenso eingerichtet werden. Zuordnungen der Datensätze zu Konten der Betreiber erlauben es diesen, Korrekturen zu machen und Informationen und Kontaktdaten immer auf dem neuesten Stand zu halten.
Um die Nutzung der Plattform durch Rettungskräfte zu vereinfachen, wurde eine dynamische Karte eingebettet, auf der man zu einzelnen Anlagen navigieren kann, sollte die Kennung nicht bekannt sein.
Für die Aufnahme und Verteilung der Produktsicherheitsmitteilungen wurde ein Arbeitsschutz-Gremium bei der FGW eingerichtet, welches die aufkommenden PSM sammelt und bewertet. Daraufhin kann man in der DEEP einen Eintrag anlegen, der diese PSM abhängig von einigen Kriterien (Hersteller, Modell, Leistungsklasse, Inbetriebnahmedatum) den betroffenen Anlagen zuordnet, diese markiert und den Anlagenbetreibern automatisch eine Benachrichtigung schickt, damit dieser die Anlagen auf den angegebenen Mangel untersuchen kann.
Die Nutzerbasis wurde beim Wechsel von inaktiven Konten bereinigt und stieg bereits in den ersten Monaten der Plattform intensiv an, was ein erfreuliches Ergebnis der Anstrengungen ist. Je mehr Anlagen, PSM und Nutzer im System registriert sind, desto eher können Unfälle vermieden werden und sollten sie doch passieren, stellt die Plattform sicher, dass ein reibungsloser Austausch von Informationen zu einer schnellen Rettung führt. Auf diese Weise leistet die DEEP einen wichtigen Beitrag, nicht nur für Arbeitsschutz, soziale Nachhaltigkeit und eine schnellere Wiedereinsatzbereitschaft von Mensch und Maschine. Es wird indirekt auch die Akzeptanz für Erneuerbare Energien gesteigert, indem es trotz wachsender Branche zu weniger fatalen Unfällen kommt.

Notfallinformationsplattform DEEP

Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit flankierte das DE-NIS-Projekt und wurde über den gesamten Projektverlauf hinweg intensiv betrieben – sowohl vor als auch nach dem Go-Live der Plattform. Dabei lag der Schwerpunkt auf der frühzeitigen Information und Einbindung der relevanten Nutzergruppen, Leitstellen und Rettungsdiensten, aber auch von Betreibern - insbesondere derer von PV- und Biogasanlagen, um die Plattform über die Windkraftbranche hinweg bekannt zu machen.
Ein wesentlicher Kanal der Öffentlichkeitsarbeit war die regelmäßige Präsenz auf nationalen und internationalen Messen und Konferenzen. Diese Veranstaltungen boten die Möglichkeit, DE-NIS einem breiten Fachpublikum vorzustellen, Feedback einzuholen und den Austausch mit Branchenexperten zu fördern. Dabei präsentierte sich die FGW oft mit einem eigenen Stand oder Forum, sowie begleitenden Vorträgen.
Ein neues Kapitel in der Technischen Richtlinie 7 der FGW befasst sich mit dem Arbeitsschutz an dezentralen Energieanlagen. Dort wird auch die Bereitstellung von Notfallinformationen über die DEEP näher beleuchtet, das Kapitel soll 2025 veröffentlicht werden.

Fazit

Trotz unerwarteter Herausforderungen und erforderlicher Anpassungen im Projektablauf konnten alle gesteckten Ziele erfolgreich und mit minimaler Verzögerung erreicht werden. Die entwickelte Plattform erfüllt alle ursprünglichen Anforderungen und bietet darüber hinaus auch zusätzliche Funktionen, die in der Planungsphase nicht vorgesehen waren. Diese Erweiterungen sind maßgeblich auf einen engagierten Projektbeirat sowie die versierten Softwareentwickler zurückzuführen, die flexibel auf neue Anforderungen reagierten und innovative Lösungen implementierten.
Für weitere Softwareprojekte (etwa größere Updates und Upgrades der DEEP) sollte das agile Projektmanagement von Anfang an eingeplant werden und Arbeitsabläufe dahingehend auch parallel geplant werden, da sich diese Methode als besonders flexibel und praktisch erwies.
Das Projekt wurde durch eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit begleitet, was zu einer hohen Zahl an Neuregistrierungen beitrug. Die Plattform befindet sich nun im regulären Betrieb und erste Ideen für Erweiterungen werden bereits gesammelt, um die Funktionen weiter auszubauen und an zukünftige Anforderungen anzupassen.

Übersicht

Fördersumme

217.564,00 €

Förderzeitraum

30.11.2022 - 31.08.2024

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Climate protection
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik