Pädagogische Hochschule Heidelberg
Institut für Naturwissenschaften,
Geographie und Technik
Abteilung Geographie
Czernyring 22/11 - 12
69115 Heidelberg
Die Digitalisierung verändert viele Berufe. Digitale Geotechnologien wie Fernerkundung (z.B. Satelliten- und Drohnenbilder), GIS (Geographische Informationssysteme) und mobile Geotools (z.B. Geocaching) bieten in vielen Berufen großes Potenzial. In der Landschaftsgestaltung können Gärtner*innen Drohnen einsetzen, um Grünflächen präzise zu überwachen und zu pflegen, was eine nachhaltige und ressourcenschonende Landschaftspflege ermöglicht. Mittels Standortanalyse für Unternehmen können kaufmännische Angestellte GIS-Systeme verwenden, um optimale Standorte für neue Filialen oder Betriebe zu ermitteln. Dies geschieht durch die Analyse von Verkehrsströmen, Bevölkerungsdichte und Umweltfaktoren, was zu einer nachhaltigen und effizienten Nutzung von Ressourcen führt. In der Kinderbetreuung können Erzieher*innen interaktive Schatzsuchen (Freizeitcaches) für Kindergruppen erstellen, bei denen die Kinder verschiedene Aufgaben und Rätsel lösen müssen. Dies fördert das Lernen im Freien und die Verbindung zur Natur, was nachhaltiges Denken und Handeln unterstützt.
Berufsschulen fehlt es jedoch oft an Wissen und Konzepten, um diese Technologien zu nutzen. Das Projekt „Digitale Geomedien in der Beruflichen Bildung – Blended Learning-Konzepte in der Berufsausbildung zur Förderung von nachhaltiger Entwicklung in Kulturlandschaften durch moderne Geotechnologien (DiGeo:BBNE)” zielt darauf ab, digitale Kompetenzen zu fördern, um die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu unterstützen und die berufliche Bildung zukunftsfähig zu machen. Hierfür werden spezielle hybride Lernformate für Schüler*innen und Auszubildende in verschiedenen Berufsfeldern entwickelt, basierend auf Bildungsplänen und Ausbildungsordnungen. Die Kurse kombinieren Online-Lernen (E-Learning) mit Präsenzunterricht (Face-to-Face), um den bestmöglichen Lernerfolg zu erzielen. In Kooperation mit verschiedenen Bildungseinrichtungen, darunter das Seminar Karlsruhe für berufliche Bildung, die Carl-Theodor-Schule Schwetzingen, die Anna-Freud-Schule Ludwigshafen und die Audiakademie Neckarsulm, wurden Kurse zu Themen wie Zielgruppensegmentierung, Standortanalyse, Drohnenflugplanung und Geocaching/Actionbounds angeboten. Die Kurse richten sich an Schüler*innen und Auszubildende in den Berufsfeldern Landschaftsgärtner*innen, Betriebswirt*innen, Industriekaufleute, Elektrotechniker*innen, KFZ-Mechatroniker*innen und Erzieher*innen.
Zunächst wurden die aktuellen Bildungspläne und Lehrpläne der Schulen analysiert, um sicherzustellen, dass die geplanten Kurse den bestehenden Anforderungen entsprechen. In Gesprächen mit Lehrkräften wurden deren spezifische Bedürfnisse ermittelt, um die Kurse entsprechend anzupassen. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden relevante und pädagogisch sinnvolle Themen und Inhalte entwickelt und den Schulen in Form von Präsentationen, Workshops oder Informationsveranstaltungen vorgestellt. Parallel dazu wurden ergänzende Online-Module zu GIS, Fernerkundung und mobilen Geotools erstellt. Nach Abschluss der Kurse erfolgt eine Evaluation, um die Wirksamkeit zu überprüfen und die Kurse basierend auf dem Feedback anzupassen.
Folgende Kurse wurden bereits entwickelt und durchgeführt bzw. konzipiert:
Zielgruppe: Schüler/innen und Auszubildende
Kaufmännisch-wirtschaftlicher Bereich
• Zielgruppensegmentierung
• Standortanalyse Medikamenten Start-Up mit QGIS (https://qgis.org/)
• Standortanalyse Unternehmensgründung
Sozialwissensch.-hauswirtschaftl.-pädagogischer Bereich
• Geocaches (Passivhausstandard Heidelberger Bahnstadt/Philosophenweg)
• Erstellung von Educaches
Gewerblich-technischer Bereich
• Drohnentechnologie für Landschaftsmanagement
• (Un-)Wahrheiten in Karten
• Aufforstungspotential von Streuobstflächen
E-Learning Module (https://www.geospektiv.de/)
• Einführung Geographische Informationssysteme
• Einführung Fernerkundung und Drohnentechnologie
• Einführung mobile Geotools
Zielgruppe: Multiplikator/innen
• Präsenz-Fortbildung Praxisbeispiel Standortanalyse eines Medikamenten Start-Ups
• Digitale Fortbildung Praxisbeispiel Standortanalyse Unternehmensgründung
• Fortbildung Erstellung eines Educaches mit der App Actionbound
Im Rahmen des Projekts DiGeo:BBNE wurden insgesamt bereits sieben Kurse mit über 170 Teilnehmenden durchgeführt. Im kaufmännisch-wirtschaftlichen Bereich gab es am Seminar Karlsruhe einen Kurs zur Einführung in digitale Geomedien und einen Workshop zu einem Medikamenten-Startup mit 16 Referendar/innen aus der Wirtschaftspädagogik, wodurch sich durch die zusätzliche Verbreitung an der Stammschulen der Referendar/innen eine zusätzliche Multiplikatorenwirkung ergibt. An der Carl-Theodor-Schule Schwetzingen fanden mehrere Kurse statt: Einer zur Zielgruppensegmentierung mit QGIS für 21 Auszubildende im E-Commerce, zwei zur Standortanalyse mit QGIS (Medikamenten-Startup) und Web-GIS (Unternehmensgründung) für insgesamt 52 Schüler/innen des Wirtschaftsgymnasiums (9. Klasse) und ein Kurs zum Thema Geocaching in der Heidelberger Bahnstadt für 22 Schüler/innen des Wirtschaftsgymnasiums (9. Klasse). Im gewerblich-technischen Bereich gab es an der Audiakademie Neckarsulm einen Drohnen- und Fernerkundungsworkshop mit Befliegung von Kulturlandschaften (Streuobstwiesen) für 10 Auszubildende aus der Elektrotechnik/Mechatronik. Darüber hinaus wurden mehrere Geocaches mit der Anna-Freud-Schule Ludwigshafen in der Heidelberger Bahnstadt und auf dem Philosophenweg mit 42 Schüler/innen einer 11. Klasse und 9 angehenden Erzieher/innen aus dem sozialpädagogischen Bereich durchgeführt.
Das Feedback der Teilnehmer*innen und Lehrkräfte war überwiegend positiv. Die Lernenden zeigten ein signifikantes Interesse an digitalen Geomedien und waren hoch motiviert. Die kostenlose Software QGIS wurde in ihren Grundzügen verstanden, jedoch gab es auch Unsicherheiten in der Bedienung, die durch zukünftige Einführungen weiter abgebaut werden sollen.
Aufgrund des akuten Lehrkräftemangels in der gesamten Bundesrepublik und der bisher noch geringen Bedeutung des Geographieunterrichts an beruflichen Schulen ist es notwendig, bereits vorab konkrete Kurs- und Themenvorschläge an die Schulen heranzutragen. So können diese den Nutzen digitaler Geomedien im Unterricht besser einschätzen. Darüber hinaus soll das Projekt „DiGeo:BBNE” auch in andere Fächer und Berufszweige integriert werden, sodass der Einsatz digitaler Geomedien in möglichst vielen Fächern und Berufen Anwendung findet. Dies soll dazu beitragen, die Auszubildenden und Schüler*innen bestmöglich auf ihr späteres Einsatzgebiet vorzubereiten.
Die Ergebnisse des Projekts werden regelmäßig bei Fachtagungen präsentiert. Das Projekt selbst und die Kurse werden darüber hinaus bei Messen, wie der LEARNTEC 2024 in Karlsruhe, beworben. In einer Abschlussveranstaltung sollen die Ergebnisse und die Kurse einem möglichst breiten interessierten Publikum vorgestellt werden.
DiGeo:BBNE bei der LEARNTEC 2024