Der Tiefdruck zeichnet sich durch sehr hohe Druckqualitäten, die Eignung für unterschiedlichste Bedruckstoffe, eine einfache Prozessführung sowie sehr hohe Druckgeschwindigkeiten aus. Dadurch eröffnet sich auch abseits der klassischen Anwendungen im Illustration-, Dekor- und Verpackungsdruck eigentlich ein riesiges Einsatzpotenzial. In der Praxis ist jedoch seit Jahren eine stagnierende Marktentwicklung zu verzeichnen, die im Wesentlichen auf zwei grundlegende Probleme zurückzuführen ist:
1) Um den hohen mechanischen Beanspruchungen in der Druckmaschine entgegenzuwirken, werden mangels geeigneter Alternativen galvanische Verschleißschutzschichten aufgebracht, die nach wie vor auf umwelt- und gesundheitskritischen Chrom(VI)-Verbindungen basieren.
2) Die Tiefdruckformherstellung bedingt mehrere galvanische Beschichtungsstufen, was sie sehr energieintensiv, aufwändig und so im Vergleich zu anderen Drucktechniken teuer macht.
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Tiefdrucks gegenüber anderen Druckverfahren erhalten und seine qualitätsbestimmten Vorteile zukünftig wieder als vordergründige Argumente in der Druckbranche einsetzen zu können, ist ein grundlegend neuer Ansatz für die Tiefdruckformherstellung erforderlich.
Ein solcher wird in diesem Projekt verfolgt: Ziel ist die Entwicklung, neuartiger Tiefdruckformen, mit denen erstmals energieintensive galvanische Beschichtungsprozesse sowie umweltkritische Cr(VI)-Verbindungen komplett vermieden werden können. Dies soll auf der Basis neuartiger Polymere erreicht werden, für deren Einsatz jedoch zunächst eine effiziente Prozesstechnologie zu erarbeiten ist, mit der Grundzylinder präzise und homogen beschichtet, UV-gehärtet sowie mittels Laser graviert werden können.
Diese neuartige Gravurschicht muss dabei den Anforderungen an eine hochauflösende Laserstrukturierung, einen dauerhaften Verschleißschutz sowie einen stabilen Farbübertrag entsprechen, was im Ergebnis anhand erster Musterdruckformen in einer industriellen Druckmaschine über mindestens 100.000 Laufmeter nachgewiesen werden soll.
Neben der Umsetzung der technischen Innovationsansprüche geht es jedoch insbesondere auch um den Nachweis einer deutlich umweltschonenderen Tiefdruckformherstellung. Im Vergleich zu den derzeit etablierten galvanischen Prozessen lassen sich mit der neuen Technologie durchschnittlich 96 % der Energie und 87 % Material einsparen. Bezogen auf die Produktionskapazitäten aller europäischen Tiefdruckformhersteller, eröffnen sich so Einsparpotenziale von ca. 44 GWh bzw. 17,66 Tsd. t CO2 p. a. Darüber hinaus kann der Einsatz von Chromtrioxid um 180 t und der Verbrauch der als potenziell gesundheits- und umweltschädlich eingestuften Netzmittel (PFAS) von derzeit etwa 10 – 15 t drastisch reduziert bzw. völlig vermieden werden.
Im Ergebnis können so die Voraussetzungen geschaffen werden, um Tiefdruckformen zukünftig umweltfreundlich, energieeffizient, flexibel und zu wettbewerbsfähigen Kosten herstellen und nachhaltige Perspektiven für den Tiefdruck in Deutschland bzw. Europa eröffnen zu können.
Im Vorhaben sollen die technischen Voraussetzungen und fundierte Verfahrensvorgaben erarbeitet werden, um die neuen Tiefdruckformen material-, fertigungs- und drucktechnisch erstmals in einen industriellen Maßstab überführen zu können. Zentrale Fragen beziehen sich dabei auf die material- und gravurseitige Einstellung der Druckeigenschaften, die zwingend für kommerzielle Druckstoffe nachzuweisen sind und einen exakt definierten, stabilen Farbübertrag adressieren. Darüber hinaus steht die technische Umsetzung des Beschichtungs- und Härtungsprozesses im Fokus.
Um letztendlich anforderungsgerechte Schichteigenschaften erreichen zu können, die eine hochauflösende Laserstrukturierung und qualitativ hochwertige Druckeigenschaften ermöglichen, sind im Projekt folgende Stufen zu absolvieren:
1) Entwicklung des Beschichtungsprozesses
2) Entwicklung des Schichthärtungsprozesses
3) Einstellung der tribologischen und druckspezifischen Schichteigenschaften
4) Anlagentechnische Umsetzung des Beschichtungs- und Härtungsprozesses
5) Herstellung und drucktechnische Evaluierung erster Demonstratoren
6) Prozess- und Technologiebewertung
Im Rahmen des Forschungsprojekts konnte bestätigt werden, dass die neue polymere Gravurschicht über 100.000 Laufmeter (Nachweis in einzelnen Versuchen bis zu 200.000 Lfm) eine sehr gute Verschleißbeständigkeit sowie gute mechanische Stabilität mitbringt. Es mussten keine Delaminationen oder beanspruchungsbedingte Materialermüdungen festgestellt werden, die den Einsatz des Polymers im Tiefdruck grundsätzlich in Frage stellen. Selbst bei der Verdruckung hochabrasiver Farben zeigte die Polymerschicht eine sehr gute Funktionsbeständigkeit, wobei hierfür auch die Erarbeitung einer geeigneten Rakelkonfiguration einen entscheidenden Beitrag geleistet hat. Als favorisiertes Rakel konnte das MDC Longlife Rakel identifiziert werden. In dieser Kombination erwies sich die Polymerbeschichtung hinsichtlich Verdruckbarkeit, Verschleißfestigkeit und Druckqualität ebenbürtig zu konventionellen Tiefdruckzylindern und stellt somit eine ernsthafte, umweltverträglichere Alternative zur Chrom-Galvanik dar.
Für die Lasergravur des Polymers ist der Einsatz von Kurzpulslasern mit Pulsen im Picosekundenbereich erforderlich. Eine entsprechend für den Produktionsdruck geeignete Druckformstrukturierung erfolgte im Projekt ausschließlich mithilfe eines Versuchslasers der Fa. Schepers, dessen Stabilität und dessen Reproduzierbarkeit hierbei nicht untersucht werden konnten. Die Gründe für die für die Erzeugung niederfrequenter Streifigkeiten im Druckbild müssen daher im Rahmen der marktvorbereitenden Nachentwicklungen untersucht werden. Die Lösung dieser Problemstellung unter direkter Einbeziehung der entsprechenden Laserkompetenzen erscheint jedoch angesichts der bereits identifizierten Ansatzpunkte sehr realistisch.
Auf Basis der erarbeiteten Ergebnisse ergibt sich in der Gegenüberstellung mit den verfolgten Zielen eine positive Projektbewertung:
Es konnte der Nachweis erbracht werden, dass die neuen polymeren Tiefdruckformen sowohl hinsichtlich ihrer Verschleiß- als auch Druckeigenschaften eine gleichwertige Alternative gegenüber ihren galvanischen Pendants bieten. Damit eröffnen sie eine nun greifbare Perspektive für die Ablösung der umweltkritischen Prozesse für die Herstellung dieser Druckwerkzeuge, verbunden mit einer deutlichen Reduzierung der dafür erforderlichen Energieaufwände und Fertigungskosten.
Es wurde im Projekt die gesamte Prozessfolge zur Herstellung der neuen Tiefdruckformen beleuchtet und im Ergebnis für alle Stufen praktikable sowie anforderungs- bzw. qualitätsgerechte Lösungen erarbeitet werden, in deren Ergebnis druckfähige Tiefdruckzylinder realisiert werden konnten.
Die mechanische und drucktechnische Beständigkeit der neuen Gravurschicht konnten über die geforderten 100.000 Lfm bestätigt werden, so dass mit den entsprechenden Druckformen heute typische Druckaufträge flexibel bedient werden können und dem Drucker eine sehr flexible Druckformtechnologie zur Verfügung gestellt wird.
Bisher wurden die Projektergebnisse noch nicht in einem größeren öffentlichen Rahmen präsentiert. Präsentationsmöglichkeiten, die unkritisch für den herausgearbeiteten Technologie- und Wettbewerbsvorsprung genutzt werden können, werden aktuell noch intern abgestimmt.
Im Ergebnis der Arbeiten konnten erste polymerbeschichtete Tiefdruckformen erfolgreich realisiert werden. Diese zeichneten sich durch homogene und prozessstabile Polymerbeschichtungen aus und konnten mittels Gravurlaser bereits mit hohen Strukturgenauigkeiten graviert werden. Im Zusammenspiel mit einer spezifisch herausgearbeiteten Rakelkonfiguration konnte für die erarbeiteten Demonstratoren zudem erfolgreich nachgewiesen werden, dass sie eine hohe Verschleißbeständigkeit über mindestens 100.000 lfm mitbringen und Druckqualitäten ermöglichen. Damit bieten sie perspektivisch eine qualitativ gleichwertige und wirtschaftlich höchst interessante Alternative zu den heutige eingesetzten galvanischen Tiefdruckformen.
Vor diesem Hintergrund sollen die Arbeiten in den kommenden Monaten fortgeführt werden, wobei die verbleibenden Aufgabenstellungen vor allem im Hinblick auf die Skalierung des Beschichtungsprozesses und die weiterführende Optimierung der Gravurparameter unter Verwendung eines für Tiefdruckanwendungen noch weitestgehend neuen UKP-Lasers zu sehen sind.