Neben dem Erhalt der genetischen Vielfalt von Obstbäumen und der Sortenkunde engagieren sich in der Arbeitsgruppe Obstgehölzpflege im Pomologen-Verein deutschlandweit anerkannte Obst-baumpfleger:innen für den Erhalt und die Pflege von Obstbäumen und Streuobstbeständen. Diese sind Kulturgüter und haben vielfältige Funktionen. Doch leider werden Obstbäume und Streuobstwiesen häufig durch fehlende oder nicht fachgerecht ausgeführte Pflege vernachlässigt bzw. nachhaltig geschädigt. Bisher fehlte ein Werk, das in kurzer, prägnanter Form typische Arbeiten in der Erziehung und Pflege hochstämmiger Obstbäume beschreibt und Qualitätsanforderungen für die beschriebenen Arbeiten formuliert. Daher hat der Pomologen-Verein beschlossen, sich diesem Thema zu widmen.
Mit den Qualitätsstandards für die Obstbaumpflege wurde erstmalig ein Regelwerk entwickelt, welches das Potenzial für eine bundesweite Anerkennung besitzt. Der in dem Regelwerk enthaltene Maßnahmenkatalog formuliert eine gute fachliche Praxis für die Pflanzung und Pflege hochstämmiger Obstbäume. Darauf aufbauend beschreiben Musterleistungsverzeichnisse typische wiederkehrende Arbeiten und setzen Akzente in der Vergabe von Pflegeleistungen. Mithilfe von Checklisten wird ein Rahmen geschaffen, der es ermöglicht, Pflegedienstleistungen einfach zu bewerten. Mit diesen Materialien soll u.a. (offiziellen) Vergabestellen, Vereinen, Ingenieurbüros und privaten Personen durch professionelle Hilfestellung die Ausschreibung und Vergabe von Pflegearbeiten erleichtert werden. Die Erarbeitung dieser Materialien folgte einem partizipativen Ansatz: Einerseits wurde die Rohfassung einem erweiterten Expertenkreis an Obstbaumplfeger:innen mit Aufforderung für inhaltliche Rückmeldungen vorgelegt. Andererseits wurden die Materialien in einer Testphase mit drei Behörden auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene im Rahmen einer Ausschreibung auf ihre Anwendung getestet.
Zielstellung war eine bundesweite Anerkennung des Regelwerkes, was umfangreiche Distributi-onsmaßnahmen erforderlich machte. Zentral ist der Verkauf der Publikation im vereinseigenen Online-Shop (Verkauf an Drittanbieter wird nach Abschluss der Projektlaufzeit angestrebt) sowie eine umfangreiche Verbreitung der Inhalte in Fachmedien, Seminaren und Vorträgen. Nachdem die Standards nun fast 12 Monate verfügbar sind, lässt sich feststellen, dass viele ausschreibende Stelle die Standards als Grundlage für Ausschreibungen nutzen.
Die Qualitätsstandards und darauf aufbauenden Texte wurden von einer fachlich kompetenten Arbeitsgruppe innerhalb der Arbeitsgemeinschaftsobstgehölzpflege des Pomologen-Vereins e.V. erarbeitet. Die Arbeitsgruppe besteht aus Alexander Seyboth, Hans-Thomas Bosch, Hubert Grundler, Ingmar Kruckelmann und Sabine Fortak.
Aufbauend auf eigenem Erfahrungswissen, einer Auswertung von Fachliteratur mit ähnlicher Themenstellung sowie einem intensiven fachlichen Diskurs mit ausgewählten Personen, wurde in einem ersten Schritt eine Rohfassung mit Qualitätsstandards, Musterleistungsverzeichnissen und mit Checklisten zur Erfolgskontrolle erarbeitet.
Diese Rohfassung wurde einem ausgewählten Expertenkreis und den Projektpartner:innen mit der Aufforderung zur fachlichen Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und zur AG-internen Diskussion gestellt. Dieser partizipative Prozess gestaltete ausgesprochen aufwendig, trägt aber zur weitreichenden Akzeptanz der Standards in der Fachwelt bei.
Auf der Grundlage der Rückmeldungen und der internen Diskussionen erfolgt eine Überarbeitung.
Das Ergebnis sind Qualitätsstandards und Musterleistungsverzeichnisse als aktuell anerkannter "Stand der Technik" für die Pflanzung, Erziehung und Pflege hochstämmiger Obstbäume.
Im letzten Projektdrittel erfolgte eine umfangreiche Distributionsphase. Zentral dabei ist der Verkauf der Print- oder Onlineversion im Online-Shop des Pomologen-Vereins. Außerdem gab es umfangreiche Veröffentlichungen in einschlägigen Print- und Onlinemedien. Mit dem entwickelten Vortrags- und Schulungsmodul konnten bundesweit zahlreiche Akteur:innen qualifiziert werden und mit der Integration der Standards in relevante Weiterbildungsangebote sind die Standards mittlerweile fester Bestandteil von Qualitfikationsangeboten.
Zielsetzung
Allgemein anerkanntes Regelwerk, das Standards für fachgerechte Pflegearbeiten an großkronigen Obstbäumen beschreibt.
Projektoutputs
Ein Regelwerk für eine „gute fachliche Praxis" für die Pflanzung, Erziehung und Pflege großkroniger Obstbäume (ähnlich der ZTV-Baumpflege) sowie
Hinweise für Ausschreibung und Vergabe, Musterleistungsbeschreibungen als Hilfestellung für qualifizierte Ausschreibungen
Checklisten zur Erfolgskontrolle
Erweitertes Glossar von über 200 Fachtermini
allgemein verfügbare Präsentations-, Schulungs- und Qualifikationsunterlagen, teilweise auch in englischer Sprache
Diskussion
Mit dem partizipativen Erstellungsprozess des Regelwerkes konnten viele relevante Akteur:innen der obstbaumpflegerischen Fachwelt mitgenommen werden. Dieser Prozess gestaltete sich aufwendiger als gedacht und ist mit dem Ende der Projektlaufzeit bei weitem nicht abgeschlossen. In den Expertenkreisen gibt es nach wie vor einen regen und konstruktiven Austausch über den im Projekt geschaffenen und allseits akzeptierten state-of-the-art. Dieser fortwährende Diskussionsprozess dauert über die Projektlaufzeit an, wird dokumentiert und perspekivisch in einer zweiten überarbeitenen Auflage münden.
Schon in der Projektkonzeption wurde sich für ein vielschichtiges Distributionsmodell mit den Schwerpunkten Verkauf, Schulung und Information entschieden. Durch die im ersten Drittel des Projektes durchgeführte Crowfunding-Kampagne erreichte das Projektteam bei vielen Akteur:innen in der Streuobst- und Baumpflegeszene eine enorme Aufmerksamkeit. Das war zu dem die Grundlage für eine erfolgreiche Distributionsarbeit im letzten Projektdrittel mit nachfolgenden Schwerpunkten:
- Bereitstellung der Standards als Print-, Digital- und Kombiversion; Druck von 4.000 Exemplaren
- Präsentation der Standards im Online-Shop des Pomologen-Vereins als zentrale Vertriebsplattform
- Veröffentlichung von 12 Fachartikeln und verschiedenen Mailings in relevanten und auflagestarken Fachmedien und Facharbeitsgruppen
- Vorstellung der Standards auf verschiedenen Social-Mediakanälen
- Erstellung verschiedener Präsentations- und Schulungsmaterialien
- Präsentation der Standards auf 16 Tagungen und Workshops
- Schulung von Mitarbeitenden in Umwelt- und Naturschutzverwaltung
- Integration in bestehende Qualifikationskurse
- Diskussion im erweiterten Expertenkreis
Nach einem arbeitsintensiven Prozess zur Fertigstellung des Regelwerkes und einer weitreichenden Distributionsphase lässt sich feststellen, dass die Standards als bundesweit einheitliches Regelwerk in der Fachwelt angekommen sind. Das zeigen die guten Nachfragezahlen nach dem Werk aber auch die Nutzung von Textbauseiten des Musterleistungsverzeichnis in verschiedenen Ausschreibungen.
Die durch das Projekt geschaffene Austauschplattform zu fachlichen Regelungen wird auch nach der Projektlaufzeit von der Fachwelt genutzt, durch das Projektteam aktiv gestaltet und perspektisch in einer zweiten überarbeiten Auflage müden. Innerhalb der Projektlaufzeit wurden dafür die Vorraussetzungen dafür geschaffen. Eine Betreuung des Regelwerkes nach der Projektlaufzeit ist abgesichert.
Kritisch zu betrachten ist der hohe Arbeitsaufwand, der jedoch für ein qualitativ hochwertiges Ergebnis absolut notwendig war und auch in Zukunft ist. Um diesen Aufwand monetär zu decken, mussten innerhalb der Projektlaufzeit zusätzliche Finanzmittel akquiert und ein hohes Maß an Eigenleistung erbracht werden.