Projekt 37106/01

Pilotprojekt Wasserrückhaltemanagement in der Region Celle Erprobung kooperativer Ansätze der Wasserrückhaltung zur Stärkung des Landschaftswasserhaushalts im Klimawandel am Beispiel der Region Celle

Projektdurchführung

Oberverband Feldberegnung Celle KöR
Biermannstr. 14
29221 Celle

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Seit 2018 haben sich in der Region Celle die Auswirkungen des Klimawandels auf die Grundwas-serneubildung und Grundwasserstände deutlich gezeigt. Grundwasserabhängige Biotope (Fließgewässer und Landökosysteme) sind in eine extreme Stresssituation geraten. Damit hat sich die Konkurrenzsituation mit Grundwassernutzern und hier insbesondere auch mit der Feldberegnung zugespitzt.

Um diese Konkurrenzsituation zu entschärfen, wollen die Flächennutzer und Bewirtschafter in diesem Projekt gestalterisch behutsam im Sinne eines nachhaltigen Managements eingreifen. Immer dort, wo es konfliktfrei möglich ist, soll das anfallende Oberflächenwasser vor Ort zurückgehalten und möglichst dem Grundwasser zugeführt werden.

Durch die Rückhaltung von Wasser in sommertrockenen Gräben soll der Oberflächenabfluss reduziert, die Grundwasserneubildung erhöht und der Grundwasserstand ausgeglichener werden. Zudem sollen die Phasen von Grundwasser-Tiefstständen verkürzt werden mit den sich daraus ergebenen positiven Effekten für Feuchtbiotope, Basisabfluss in Fließgewässern etc. sowie für weitere Grundwassernutzer. Damit wird einerseits der Landschaftswasserhaushalt gestützt und andererseits der für Grundwasserentnahmen verfügbare Vorrat erhöht.

Durch das Pilotprojekt sollen die konkreten örtlichen Zusammenhänge der Wasserhaushaltskomponenten (Oberflächenabfluss, Grundwasserneubildung, Verdunstung) transparent gemacht und deutlich dargestellt werden. Es wird aufgezeigt, wie mit einfachen technischen Mitteln den Änderungen, die sich aus dem Klimawandel ergeben, entgegengesteuert werden kann. Geplant sind dafür eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Maßnahmen in den örtlichen Grabensystemen. Diese verhältnismäßig kleinen Maßnahmen werden durch ein Monitoring (hydrogeologisch, hydrologisch, bodenkundlich, naturschutzfachlich) begleitet, in dem an jeder Maßnahme regelmäßig qualitativ deren Wirksamkeit – individuell an die jeweilige Situation angepasst – überprüft werden soll. An ausgewählten Maßnahmen finden zusätzlich Grundwasser- und Oberflächenwasserstandsmessungen statt, um die Effekte auch quantitativ einschätzen zu können.
„Aus Betroffenen Beteiligte machen!“. Dieser Ansatz bedeutet, dass Landwirte ein Teil der vorgeschlagenen Lösungsstrategie für die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels sind. Das Pilotprojekt soll Landwirten eine Möglichkeit geben, aktiv am Lösungsweg mit zu wirken.

Vorgesehen ist es, an landwirtschaftlichen Entwässerungsgräben (Gräben 3. Ordnung, die in den letzten Jahren sommertrockenfallend waren) Staustufen zu installieren, um dadurch einen Wasserrückhalt und weitergehend auch die Versickerung des Niederschlagswassers ins Grundwasser zu ermöglichen.

Als technische Maßnahmen sind geplant:

• temporäres Setzen und Betreiben von kleinen Stauanlagen (z. B. einfache Holzbohlenwehre) in Gräben – i. d. R. in den Wintermonaten und abhängig von der Flächenbewirtschaftung auch darüber hinaus (bis zu ganzjährig) und ggf. Veränderung der Stauhöhe oder
• Reduzieren der Unterhaltung (komplett oder in Teilen) in Gräben oder
• Anheben von Grabensohlen oder
• Rückbau (vollständig oder in Teilen) von Gräben.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAnsprache von Landwirten und Grundstückseigentümern

Der Erfolg des Projektes steht und fällt mit dem Mitmachen von Landwirten und Grundstückseigentümern. Deshalb kommt der Ansprache dieser eine besondere Bedeutung zu. Folgende Ansprache-Maßnahmen sind in den letzten 12 Monaten durchgeführt worden:

• Information über das Projekt in einer Akquise-Mail an die Verbandsvorsteher der einzelnen Beregnungsverbände in Verbandsgebiet der Oberverband Feldberegnung (OVF) und deren Stellvertreter
• Vorstellung der vorgesehenen Maßnahmen und des Projektablaufs in einer Online-Veranstaltung für die Verbandsvorsteher und deren Stellvertreter
• Information über das Projekt in einer Akquise-Mail an alle Beregnungsverbandsmitglieder
• Ansprache der Landwirte und Flächeneigentümer über einen Beitrag im Infobrief des Landvolks Celle
• Treffen mit den einzelnen Flächeneigentümern, die ihr Interesse bekundet haben. Hierbei wurde der IST-Zustand begutachtet, sowie Fragen zum Ablauf genauer besprochen.
• Teilnahme an einer Ratssitzung in Adelheidsdorf zur Akquise der gesamten Flur
• Vorstellung der Arbeitsabläufe und weitere Akquise von Maßnahmenstandorten in den einzelnen Versammlungen der Beregnungsverbände

Standortsuche

Die Standorte, die für die Durchführung des Projektes in Betracht gezogen werden, werden von Landwirten und Grundstückseigentümern vorgeschlagen. Damit die vorgeschlagenen Standorte für das Projekt erfolgversprechend sind, sollen sie folgende Kriterien erfüllen:

• Es soll sich um einen sommertrockenfallenden Grabenabschnitt handeln.
• Die Bodenschichten sollen das versickern des Wassers grundlegend zulassen (z. B. geringe Verdichtung und keine wasserundurchlässige Schicht oberhalb des Grundwasserleiters.
• Das Bodengefälle am vorgeschlagenen Standort soll möglichst gering sein.
• Die anderen Anlieger am Standort sind über das Projekt informiert und befürworten die Teilnahme.

Entscheidungsmatrix für Maßnahmenstandorte

Die Fachberatung im Bereich Hydrogeologie wird durch die Ingenieurgesellschaft Heidt+Peters (Sprengerstraße 38 C, 29223 Celle) erfolgen. Um optimale Standorte für die Durchführung des Projektes zu ermitteln, wurde eine Entscheidungsmatrix erstellt, die auf die Flächen des Landkreises angewendet wird. Zum einen wird dadurch herausgearbeitet, wo optimale Gegebenheiten zur Durchführung des Projektes vorhanden sind. Zum anderen können negative Auswirkungen auf Naturschutzgebiete und Wohnbebauungs- sowie Industrieflächen vermieden werden. Letztere werden gänzlich aus der Betrachtung für mögliche Versuchsstandorte ausgeschlossen.

Als optimale Voraussetzung wird ein Flurabstand zum Grundwasser von mehr als 2 m betrachtet. Ist der Flurabstand bei weniger als einen Meter ist dies als eine schlechtere Voraussetzung angesehen. Des Weiteren ist auch das Fehlen eines oberflächennah anstehenden Hemmers ein positiver Faktor in der Betrachtung der möglichen Standorte. Ein niedriges Geländegefälle vereinfacht die Installation sowie Nutzung der Wasserrückhaltemaßnahmen.

Für die Durchführung des Projektes ist es einfacher, wenn die anliegenden Flächen im Eigentum der Mitglieder des OVF liegen. Hierdurch kann ein gemeinsames Interesse der Anlieger vorausgesetzt werden.

Rechtliche Voraussetzungen für Stauanlagen

Beim Einrichten von Stauanlagen handelt es sich um eine Gewässernutzung im Sinne § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Die Benutzungen bedürfen nach § 8 WHG der Erlaubnis durch die zuständige Wasserbehörde. Da es im Zusammenhang mit einer saisonalen Anstauung bisher kein Antragsverfahren im LK Celle gibt, wird dieses in Zusammenarbeit vom OVF und LK Celle erarbeitet. Ziel ist es ein an das Projekt angepasstes möglichst einfaches Antragsverfahren zu erarbeiten. Nach Ende des Projektes soll dieses weiterhin von Landwirten und anderen Anliegern genutzt werden können, die Staue an ihren Gräben betreiben wollen.




Ergebnisse und Diskussion

Vorschläge für Maßnahmenstandorte kamen zum einen von einzelnen Landwirten, die beidseitig eines Grabenabschnittes wirtschaften, oder mit ihren Berufskollegen über die Durchführung des Projektes an Ihrem Standort gesprochen haben. Des Weiteren haben neben einer Bewirtschafter-Gemeinschaft auch einige Gemeinden ihr Interesse an der Teilnahme am Projekt bekundet. Die Gemeinden haben sich jeweils bereit erklärt, die komplette Flur (abzüglich der Bebauungsgebiete) zur Verfügung zu stellen. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, die Staumaßnahmen großflächig durchzuführen und somit mehr Wasser zurückzuhalten. Versuchsergebnisse lassen sich gerade hierdurch erfolgversprechender aufzeigen.

Wendet man die Bewertungsmatrix auf die Fläche des Landkreises an, erhält man eine Karte, die Gebiete ausweist, die sich für die Durchführung der im Projekt geplanten Staumaßnahmen gut und sehr gut eignen, und Gebiete ausweist, die sich weniger oder gar nicht eignen. Gebiete mit weniger guten Eignung fallen aus der zukünftigen Betrachtung raus. Diese befinden sich im Nordkreis. Zum einen am Truppenübungsplatz nordwestlich von Bergen und zum anderen nördlich von Faßberg und nordöstlich bei Unterlüß.

Flächen mit besonders guter Eignung sind über das gesamte Landkreisgebiet fleckenhaft verteilt.

Überträgt man die zuvor vorgeschlagenen Standorte auf den Lageplan Bewertungsmatrix, finden sich Überschneidungen zwischen den Vorschlägen und den Gebieten mit guter bis sehr guter Eignung wieder.

Nach Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen, sollen alle vorgeschlagenen Standorte beantragt werden. Die Stausetzung erfolgt durch die Anlieger in Zusammenarbeit mit dem OVF und dem Ingenieurbüro Heidt+Peters nach positiver Rückmeldung auf die Maßnahmenanträge durch den LK Celle.

Antragsverfahren für Stauanlagen

Ein erster Vorschlag für ein Antragsformular saisonaler Anstauungen ist erarbeitet worden. Der Antrag wird aus einer Einleitung, den verwendeten Grundlagen, der Planung der Anstaumaßnahmen und den Auswirkungen bestehen. Das Antragsformular ist am Beispiel der Gemeinde Wathlingen erarbeitet worden.

In einer Anlage des Antragsformulars sind die verschiedenen Maßnahmenpunkte auf einer Karte der Gemeinde markiert. Im Abschnitt: „Planung“ des Antrags wird anhand einer Regelzeichnung jeder einzelnen Maßnahmenpunkt auf der Karte näher beschrieben. Neben der geplanten Maßnahme (in Wathlingen ist jeder Stau aus Sandsäcken geplant) und der Stauhöhe werden die Abmaße der Gräben am Staupunkt näher definiert. Im genauen benannt werden die Sohlbreite, die Grabentiefe, der Böschungsabstand (Breite BOK) und das Grabengefälle am Staupunkt.

Des Weiteren werden im Antragsformular die Auswirkungen der Maßnahmen dargelegt. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass die Bewirtschafter ihr Einverständnis zu den Maßnahmen gegeben haben. Des Weiteren wird erklärt, dass aufgrund der niedrigen Anstauhöhe keine Beschädigungen am Graben durch Böschungsabbrüche zu erwarten sind.

Auch das im Abschnitt „Einrichtung lokaler Kooperationen“ erläuterte Meldeschema ist ein wichtiger Bestandteil des Antragsformulars.

Der erarbeitete Vorschlag für das Antragsformular liegt dem LK Celle zur Abstimmung vor. Sobald das Antragsverfahren festgelegt wurde, werden die Standorte bei der zuständigen Wasserbehörde des LK Celle beantragt.

Einrichten lokaler Kooperationen

Mit den von einem Maßnahmenstandort betroffenen Anliegern sollen die geplanten Maßnahmen besprochen werden. Gemeinsam sollen sich alle Beteiligten auf Grabenabschnitte einigen, an denen die Anstaumaßnahmen, auch im Sinne einer möglichst einfachen Kontrolle und Zugänglichkeit, durchgeführt werden. Es wird eine Hauptperson bestimmt, die als Verantwortlicher/Ansprechperson für die Maßnahmenstandorte fungiert. Die „Bewirtschaftung“ bzw. Durchführung der Maßnahmen nach dem unten beschriebenen Meldeschema obliegt den Anliegern gemeinsam.

Wenn beispielsweise an einem Stau alle Sandsäcke installiert sind und es zu einem Starkregenereignis kommt, besteht Handlungsbedarf, weil das Niederschlagswasser in den kommenden Tagen vermehrt abgeführt werden muss. Der feststellende Landwirt meldet sich daraufhin beim Verbandsvorsteher, welcher sich mit dem OVF bespricht auf welche Weise der Stau an die Wetterbedingungen angepasst werden soll. In diesem Beispiel müsste eine Schicht der Sandsäcke entfernt werden. Der für den Standort Verantwortliche führt daraufhin die Anpassung des Staus aus. Nach dem Starkregenereignis gibt der Verantwortliche eine Rückmeldung an den Verbandsvorsteher, welcher diese an den OVF weiterleitet. Der OVF gibt die Informationen zur Anpassung des Staus abschließend an die Ingenieurgesellschaft Heidt+Peters, der zuständigen Wasserbehörde des LK Celle sowie der betreffenden Gemeinde weiter. Kann der Stau wieder erhöht werden, läuft dies nach demselben Schema ab.

Durch die Einhaltung des Meldeschemas kann im Verlauf des Projektes verbessert der Einfluss der Staumaßnahmen auf die Bewirtschaftungsmöglichkeit der umliegenden Flächen betrachtet und beachtet werden.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

In 2023 wurde über vielfältige Öffentlichkeitsarbeit auf das Projekt hingewiesen. Hierbei sind besonders hervorzuheben:

• Im Zuge des „Apfelfestes“ im Heilpflanzengarten Celle am 07.10.2023 wurden auch einige Besucher über die Möglichkeiten des Wasserrückhaltes in der Region Celle informiert.
• Im Zuge der Veranstaltungsreihe „Landwirtschaft trifft Politik“ der CDU Winsen konnten Mitglieder der Landwirtschaft und Vertreter der Politik am 24.10.2023 über das Projekt und seine Möglichkeiten informiert werden.
• Nach der Teilnahme bei einer Ratssitzung in Adelheidsdorf ist in der Celleschen Zeitung ein Zeitungsartikel über das Projekt erschienen, welcher am 24.10.2023 unter dem Titel „Stau soll Landwirten helfen“ (Verfasser: Marius Klingemann, Cellesche Zeitung) veröffentlicht wurde.
• Am 16.01.2024 nahm Frau Bührmann am Runden Tisch des NLWKN- Betriebsstelle Lüneburg – Naturstation Wümme zum Thema Wasserrückhalt teil und hatte die Möglichkeit über das Projekt zu informieren.

Die Rückmeldungen zum Projekt waren durchweg positiv. Insbesondere nach der Referenz beim NLWKN wurde der Ansatz des Projektes gelobt, behutsam an den Oberflächengewässern zu arbeiten und die Grundwasserneubildung zu fördern.

Neben den bereits stattgefundenen Terminen gab es bereits weitere Anfragen über das Projekt und seine Möglichkeiten zu informieren.

Übersicht

Fördersumme

124.268,00 €

Förderzeitraum

01.01.2023 - 31.12.2025

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Lower Saxony
Resource conservation
Umwelttechnik