Projekt 35922/01

Förderinitiative Pestizide: Pestizid-Schutzgebiet-Management (PuMa) – Eine Webanwendung zur Ermittlung und Vermeidung des Eintrags von Pflanzenschutzmitteln in aquatische Schutzgebiete

Projektdurchführung

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ Department System-Ökotoxikologie
Permoserstr. 15
04318 Leipzig

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Viele Studien zeigen, dass chemische Pflanzenschutzmittel auch über weite Distanzen transportiert werden können und so die Umwelt belasten. Auch entlegene Schutzgebiete sind davon betroffen und werden hierdurch beeinträchtigt, was insbesondere Insektenpopulationen nachhaltig schädigt. Dies konnte durch ein deutschlandweites Kleingewässermonitoring (KgM) bestätigt werden (Liess et al., 2021).
Das Ziel des Projekts PuMa bestand zum einen in der Entwicklung eines Modells zur Vorhersage des PSM-Eintrags in aquatische Schutzgebiete über weite Distanzen auf Basis der Messdaten des KgM. Und zum anderen in der Entwicklung einer Webanwendung, in der dieses Modell verwendet wird, um das ökologische Risiko eines PSM-Eintrags zu bewerten, einfache, beispielhafte PSM-Reduktionsmöglichkeiten zu simulieren und verschiedene landwirtschaftliche Szenarien miteinander zu vergleichen.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür die Modellierung des PSM-Eintrags in aquatische Schutzgebiete wurden zunächst Monitoringdaten aus dem Kleingewässermonitoring und die Eingangsdaten des Modells aufbereitet. Hierzu wurden auf Basis von Landnutzungsdaten, PSM-Spritzserien ('Spritztagebücher') und Erhebungen zum deutschlandweiten Pestizideinsatz 'modellierte PSM-Applikationskarten' für die verwendeten Probenahmestellen erstellt. Zusätzlich erfolgte eine Datenaufbereitung zu chemischen Eigenschaften von PSM-Wirkstoffen und Wetterdaten für die betrachteten Probenahmestellen. Für die eigentliche Modellierung wurden die wahrscheinlich eingesetzten PSM-Aufwandmengen abhängig von Windrichtung und Entfernung gewichtet und zu einer Größe aggregiert (Drift Potential). Anschließend wurde das Modell unter Berücksichtigung weiterer Umweltparameter sowie chemischer Eigenschaften der PSM-Wirkstoffe mit linearer Mehrfachregression erzeugt.
Für die Webanwendung wurde nach einer Spezifikation von Modellalgorithmen und Modelldaten in einem iterativen Prozess zunächst ein erster funktionaler Prototyp entwickelt. Mit Hilfe dieses Prototypen wurde das Konzept der Webanwendung evaluiert und weiter ausgearbeitet. Nach dem Design der grafischen Benutzerschnittstelle und einer Ausarbeitung des Softwareentwurfs erfolgte schließlich die Implementierung einer ersten Version der Anwendung.



Ergebnisse und Diskussion

Mit der Modellierung des PSM-Eintrags in aquatische Schutzgebiete konnte ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft und den in Kleingewässern gemessenen Pestizidkonzentrationen auch für große Distanzen gezeigt werden. Dabei zeigte sich dieser Zusammenhang deutlicher für Wirkstoffe mit hoher Wasserlöslichkeit und kleinem Dampfdruck.
Eine große Herausforderung für die Modellierung stellte die Datenbasis dar. Da flächendeckende Monitoringdaten zum Pestizideinsatz im Umkreis der untersuchten Probenahmestellen nicht zur Verfügung standen, musste für die Entwicklung des Eintragsmodells der wahrscheinliche PSM-Einsatz aus Erhebungen zur landwirtschaftlichen Praxis abgeleitet werden. Mit dem entwickelten 'Drift Potential Model' können zurzeit die Größenordnungen wahrscheinlicher Peak-Konzentrationen abgeschätzt werden. Um die Genauigkeit der Vorhersage zu erhöhen, wäre eine Verbesserung der Datenbasis und weitere Forschung zu potenziellen Einflussfaktoren nötig.
Mit einer ersten Version der Webanwendung PuMa können modellierte PSM-Einträge und Maßnahmen zur PSM-Reduktion simuliert und ökologisch bewertet werden. Durch den Einsatz einer interaktiven Karte im Zentrum der grafischen Benutzeroberfläche werden potenzielle Quellen und ökologische Risiken in einem räumlichen Zusammenhang veranschaulicht. Dies erlaubt ein exploratives Erarbeiten und Verglei-chen verschiedener landwirtschaftlicher Szenarien und PSM-Reduktionsmöglichkeiten. Eine einfache ökologische Risikobewertung des PSM-Eintrags wird zurzeit mit Hilfe von Grenzwerten für Invertebraten, Algen und Fische vorgenommen.
Die Vorhersage des PSM-Eintrags ist zurzeit auf Schutzgebiete (und vergleichbare Naturflächen) beschränkt und basiert auf einem einzigen Vorhersagemodell. Die Integration weiterer Eintragspfade (z. B. Abschwemmung bzw. Runoff) und Indikatoren zur ökologischen Risikobewertung (z. B. zur Beurteilung der Biodiversität) ist zurzeit noch nicht möglich.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Modellierung wird vorbereitet. Für die Veröffentlichung der Webanwendung wurde eine einfache Website entworfen und umgesetzt (https://puma-app.de). Die Website umfasst einen erläuternden Text zum Hintergrund des Projekts, einen Button zum Starten der Anwendung, die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme sowie Informationen zu Nutzungsbedingungen und Datenschutz. Eine erste Entwicklerversion der Webanwendung wurde auf dem Webserver installiert.


Fazit

Die Webanwendung PuMa zeigt das Potenzial GIS-basierter Software, um Risiken und Handlungsoptionen beim Umgang mit chemischen Pflanzenschutzmitteln zu demonstrieren (https://puma-app.de). Um die gegenwärtigen Limitierungen der Webanwendung zu überwinden, ist von den Kooperationspartnern der Ausbau der Anwendungssoftware im Rahmen eines Folgeprojekts (PuMa 2.0) geplant. Hierzu soll die Webapplikation durch die Integration zahlreicher Schnittstellen zu einer offenen, digitalen Plattform für Umweltforschung weiterentwickelt werden, die sich tief in das bestehende IT-Umfeld von Anwendern aus Forschung, Landwirtschaft, Verwaltung und Umweltschutz integrieren lässt.

Übersicht

Fördersumme

123.460,00 €

Förderzeitraum

01.07.2021 - 30.06.2023

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Land use
Nature Conservation