Analyse und Bewertung der ökologischen Belastungen von Seen durch Fahrgast- und Freizeitschifffahrt im Spannungsfeld von Gewässerschutzzielen und Nutzungsansprüchen: Mitigationsstrategien für eine dauerhaft umweltverträgliche Lenkung
Projektdurchführung
Universität Konstanz
Limnologisches Institut
Arbeitsgruppe Umweltphysik
Mainaustr. 252
78464 Konstanz
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Das Forschungsprojekt SuBoLakes (Sustainable Boating on Lakes in Germany) untersucht die Bedingungen einer umweltverträglichen Freizeitschifffahrt auf Seen in Deutschland. Ziel des Projekts ist es, die Belastungen der stark zunehmenden Fahrgast- und Freizeitschifffahrt auf Seen abzuschätzen, Szenarien für die Belastungen durch eine zukünftige Veränderung der Fahrgast- und Freizeitschifffahrt zu entwickeln und unter Einbeziehung von Belastungsgrenzen der Gewässer Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt ist in mehrere Arbeitspakete gegliedert, die gemeinsam die Grundlage für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen in Bezug auf die Fahrgast- und Freizeitschifffahrt liefern sollen.
AP1 analysiert den rechtlichen Rahmen im Hinblick auf Gewässerschutz, Fahrgast- und Freizeitschifffahrt und erfasst die an der Schifffahrt beteiligten Akteure.
AP2 erarbeitet eine Bewertung der Umweltbelastungen durch die Fahrgast- und Freizeitschifffahrt.
AP3 untersucht die Eigenschaften von Schiffswellen im offenen Wasser und beim Einlaufen in die Ufer-zone von Seen. Feldmessungen und numerische Modellierung werden kombiniert, um Aussagen über potentielle Auswirkungen von Wellen unterschiedlicher vorbeifahrender Schiffen auf die Uferzone zu unterstützen.
AP4 untersucht den planerischen Flächenbedarf und den tatsächlichen Flächenverbrauch der ruhenden Freizeit- und Fahrgastschifffahrt.
AP5 fasst alle strukturgütekartierten Seen in Brandenburg in einem landesweiten GIS-Shape zusammen, untersucht dann Auswirkungen uferstruktureller Veränderungen auf die Makrophyten und Makrozoobenthos und stellt etwaige Zusammenhänge zur motorisierten Schifffahrt heraus.
Die 5 Arbeitspakete arbeiten in enger Abstimmung, ergänzen sich z. B. in der Auswahl von Messstand-orten, und entwickeln gemeinsame Handlungsempfehlungen für eine umweltverträgliche Fahrgast- und Freizeitschifffahrt.
Ergebnisse und Diskussion
Das Projekt liefert eine detaillierte Übersicht über die Rechtslage und über die Ergebnisse der ökologi-schen Literatur zur Auswirkung von Sport- und Fahrgastschifffahrt. Die von der fahrenden und stillliegen-den Schifffahrt ausgehenden Einwirkungen auf Seen wurden im Detail untersucht. Die Uferbelastung durch Schiffswellen ist räumlich und zeitlich sehr variabel, und hängt von der Schiffsgeschwindigkeit, dem Ab-stand der Fahrtroute zum Ufer, der Befahrungsfrequenz und der Bootsgröße ab. Numerische Modellierung kann das Management von Schiffsrouten im Bereich von Schutzzonen unterstützen, erfordert aber zusätz-liche Validierung. Die Besiedlung der Uferzone mit Unterwasserpflanzen und wirbellosen Tieren wird insbe-sondere durch die Uferstruktur beeinflusst. Um Belastungen durch Uferstrukturveränderungen für die still-liegende Schifffahrt erfassen zu können wurden Methoden entwickelt, mit der Bootsstationierungsanlagen (BoStA) kartiert, analysiert und hinsichtlich ihrer ökologischen Effekte bewertet werden können. Aus den Forschungsergebnissen wurden Handlungsempfehlungen für die Entwicklung einer nachhaltigen Freizeit und Fahrgastschifffahrt abgeleitet, wie z.B. die Schaffung einer zentralen Erfassung von Anzahl und Grö-ße von Motorbooten und BoStAs, die Einführung einer zweckgebundenen Besteuerung von Motorbooten, die Begrenzung von Sportbootgrößen, Schiffsgeschwindigkeit und Fahrtrouten, die Bereitstellung von In-formation zu Wellenerzeugung und Fahrtroute von Fahrgastschiffen, und die Anwendung von neuen Me-thoden (BoSta-MAP und BoSta-IMPACT) zur Erfassung, Bewertung, und Planung von BoStAs.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
1. Erstellung einer Projekthomepage (online seit 20.12.2021)
2. Projektvorstellung auf der DGL-Jahrestagung in Leipzig (Poster, 27.09.01.10.2021)
3. Pressemitteilung Freizeitschifffahrt auf dem Pru?fstand (25.10.2021)
4. Kick-Off Veranstaltung des Projektrats und Projektbeirats (online, 02.11.2021)
5. Zwei Beiträge auf der DGL-Jahrestagung in Konstanz und im Jahresband (19.23.09.2022)
6. Vortrag auf der AQUATAG-Abschlussveranstaltung des IGBs in Berlin (31.08. und 01.09.2022)
7. Vortrag auf der Seenfachtagung Seen, Feuchtgebiete und natürlicher Klimaschutz in der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Lebensräumen im Umspannwerk Berlin (19.01.2023)
8. Zeitungsartikel Braucht der Bootstourismus mehr Grenzen? Veröffentlichung in über 40 digitalen Zeitungen und Magazine, darunter GEO, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit und Merkur (20.10.2022)
9. Interview und Videodreh für einen Beitrag im BR Fernsehen Hat es sich auf Bayerns Seen bald ausgebootet? (02.06.2023)
10. Zwei Beiträge auf der DGL-Jahrestagung in Köln (Vortrag und Poster, 18.21.09.2023)
11. Abschlussveranstaltung des Projekts Special Session auf der DGL-Jahrestagung in Dresden mit gleichzeitiger bundesweiter Videokonferenz (fünf Projektvorträge, 16.20.09.2024)
Fazit
Die Förderung des Wassertourismus, z.B. durch den Masterplan Freizeitschifffahrt des Bundesministe-riums für Digitales und Verkehr, wird zu einer Intensivierung der Freizeit- und Fahrgastschifffahrt auf Seen führen. Aus diesem Grund muss mit einer Zunahme der Belastung von Seen durch die Schifffahrt gerechnet werden. Im Hinblick auf eine nachhaltige Freizeit- und Fahrgastschifffahrt ist daher eine Len-kung der gegenwärtigen Entwicklung dringend erforderlich, um deren ökologische Auswirkungen auf ein vertretbares Maß begrenzen zu können. Allerdings muss für ein sinnvolles Management die bestehende Datenlage zu Flottengröße und Bootstypen sowie Anzahl und Flächenbedarf von BoStAs verbessert werden. Die im Projekt aufgezeigten Handlungsoptionen adressieren unterschiedliche Aspekte der im Zusammenhang mit der Freizeit- und Fahrgastschifffahrt auftretenden Probleme. Z.B. schlagen wir recht-liche und verwaltungstechnische Maßnahmen vor, um die Datengrundlage zum Bestand der Boote und BoStAs zu verbessern. Zum anderen empfehlen wir die Einführung von Begrenzungsvorgaben, mit de-nen die ökologischen Auswirkungen der Schiffsflotte verringert werden können. Darüber hinaus haben wir ein ganzes Arsenal an Handlungsoptionen für die Entwicklung einer ökologisch vertretbaren Schiff-fahrt aufgeführt, die von rechtlichen Vorgaben bis zu freiwilligen Verpflichtungen reichen.
Einige methodische Lücken, wie z.B. die Erfassung und Bewertung von BoStAs konnten geschlossen werden, andere, wie z.B. die Simulation von Schiffswellen in tieferem Wasser oder räumlich aufgelöste Validierung von Simulationsergebnissen, sind noch offen.
Eine erfolgreiche Entwicklung zu einer nachhaltigen Freizeit- und Fahrgastschifffahrt erscheint möglich, bedarf aber der Bereitschaft aller beteiligen Akteure, von den politischen Entscheidungsträgern, über die Verwaltungen, die Schifffahrtsbetriebe, die Spotbootverbände bis hin zu den Bootsnutzern, aktiv und konstruktiv an dieser Entwicklung mitzuwirken und Maßnahmen sinnvoll umzusetzen.