Projekt 35682/01

Wissenstransfer für Kommunen und Versorgungsunternehmen zu unterirdischen begehbaren Leitungskanälen als langfristig umwelt- und ressourcenschonende Infrastrukturbauwerke im urbanen Raum

Projektdurchführung

entellgenio GmbH
Ismaninger Str. 52
81675 München

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Unterirdische Versorgungsanlagen bestehen im Wesentlichen aus Rohrleitungen, Kabelbündel, Schachtbauwerken und technischen Stationen. Als Teil der technischen Infrastruktur durchziehen Leitungstrassen den Baugrund unter oder zwischen Siedlungsflächen und transportieren Energie, Wasser und Informationen vom Erzeuger bzw. Verteiler bis zum Endkunden.
Eine moderne Leitungsinfrastruktur muss auf die laufenden Veränderungen im Medienbedarf, vor allem Trink-, Heiz- und Brauchwasser, Elektrizität und Gase unterschiedlichster Parameter, dazu auf Daten und den Informationsaustausch reagieren können. Im Vergleich zur dominierenden Einzelverlegung können mehrere Rohrleitungen und Kabel in dafür errichteten unterirdischen baulichen Anlagen, sogenannten Versorgungs- bzw. Leitungskanälen, über sehr lange Zeiträume grabenlos verlegt und betrieben werden.
Zum Thema Leitungskanal liegt dabei ein profundes Wissen vor, da es sich nicht nur international, sondern auch in Deutschland um eine lang bewährte Technik handelt und unter entsprechenden Rahmenbedingungen vielfältige Vorteile verspricht. Trotz des relativ häufigen internationalen Einsatzes bzw. der Untersuchung des Leitungskanals als eine valide Versorgungsalternative, wird der Leitungskanal bzw. Leitungsdüker in der jüngeren Vergangenheit nur vereinzelt errichtet oder als Alternative schon im Planungsprozess, teilweise durch nicht objektivierte Aussagen, verworfen.
Dabei stehen die Kommunen und Versorgungsunternehmen aktuell vor großen Herausforderungen, da im Rahmen der Energiewende auch eine sog. Netzwende postuliert wird und Nachhaltigkeitsaspekte einen wichtigen Platz einnehmen. Der unterirdische Leitungskanal kann dabei eine sichere, nachhaltige und innovative Option zur Bewältigung von künftigen Herausforderungen sein. Aus diesem Grund steht der Wissenstransfer und Informationsaustausch mit Kommunen und Versorgungsunternehmen im Vordergrund. Hierfür soll zuerst das vorhandene Wissen aufbereitet und anschließend mittels verschiedener Formate in einen Informations- und Wissensaustausch mit Akteuren eingetreten werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Wissenstransfer in diesem Projekt besteht aus drei Bestandteilen. Im Rahmen des ersten Schwerpunktes werden das vorhandene Wissen und der Stand der Technik zusammengetragen und aufbereitet. Neue Erkenntnisse, die sich aus dem Wissenstransfer ergeben, fließen dabei kontinuierlich ein. In Ergänzung zur klassischen Wissensvermittlung werden Werkzeuge konzeptionell entwickelt, um das vorhandene Wissen so aufzubereiten, das Planer und Entscheidungsträger eine niedrige Einstieghürde haben, den Leitungskanal als Alternative zur Bewältigung künftiger Herausforderungen in Betracht zu ziehen. Der zweite Bestandteil umfasst die Ansprache und das Einwerben von für den Wissenstransfer relevanten Akteuren. Auf Basis einer Stakeholderanalyse werden dafür die anzusprechenden Akteure identifiziert. Ziel ist es, den Kontakt aufzubauen und einen Wissenstransfer zu initiieren. Mittels Informationsveranstaltungen, Workshops und Fachkonferenzen werden im dritten Bestandteil zum einen das aufbereitete Wissen an die TeilnehmerInnen verteilt, zum anderen Plattformen für einen Wissensaustausch angeboten. Für einen Wissenstransfer über das Projekt hinaus, werden zusätzlich Initiativen gestartet, welche das Thema weiterverbreiten sollen.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des Wissenstransfer ist von den beteiligten Fachverbänden AGFW (Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V.) und GSTT (German Society for Trenchless Technology e. V.), dem Institut für unterirdische Infrastruktur (IKT) sowie der Interessengemeinschaft begehbarer Versorgungskanäle (IBV) festgestellt worden, das unterirdische Leitungskanäle/-düker viel öfter als Baustein einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Betracht gezogen werden sollten. Die Berücksichtigung von unterirdischen, meist begehbaren Leitungskanälen/-dükern als weiterer Baustein einer nachhaltigen Stadtentwicklung wird aktuell von mehreren positiven Faktoren bzw. Entwicklungen forciert:
• Vor dem Hintergrund der vielfach anstehenden notwendigen Ersatz- und Erneuerungsinvestitionen der bestehenden Infrastrukturen müssen sich Städte und Gemeinden um eine nachhaltige Stadtentwicklung bemühen. Dabei sollten alle bewährten Lösungsalternativen ausgeschöpft bzw. betrachtet werden.
• Die mit dem Klimawandel einhergehenden Gedanken zum Klimaschutz machen ein Umdenken erforderlich. Leitungskanäle bieten dabei u. a. eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen Überflutungen bzw. Unterspülungen.
• Das Fachwissen zum Stand der Technik rund um den Leitungskanal wurde in diesem Projekt sowie aktuell auch durch die Überarbeitung des GSTT-Leitfadens Nr. 10 gebündelt. Zudem wird international, wo der Einsatz unteririscher Leitungskanäle schon mehr etabliert ist, an der ISO 37175 „Smart Community Infrastructures - Operation and Maintenance of Utility Tunnels“ gearbeitet.
• Weiterhin existieren heute mit den „Katalog von Stellungnahmen zu gängigen Vorbehalten“, der „Checkliste zur Anwendung von Leitungskanälen“ sowie der speziell entwickelter Variantenrechnungen nach Kosten und Nutzen neue Möglichkeiten die – in der Vergangenheit mitunter schwierigen und komplizierten – Diskussionen zu objektivieren.

Zukünftig müssen Bund, Land und Kommunen mehr in die Pflicht genommen werden. Im Hinblick auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen sind die Rahmenbedingungen für nachhaltige und moderne Einbaualternativen wie den Leitungskanal zu verbessern. Darüber hinaus sind es neben der „öffentlichen Hand“ (Straßenbaulastträger/Koordinierungs- u. Genehmigungsbehörden) insbesondere die Versorgungsunternehmen sowie GrundstückseigentümerInnen und ErschließungsträgerInnen, welche die alternative Sichtweise Einzel- bzw. Erdverlegung zu Mehrfachverlegung in einer dafür vorgesehenen baulichen Anlage verinnerlichen sollten.
Schließlich sind fünf Initiativen zur dauerhaften Verankerung von Leitungskanälen/-dükern gestartet worden:
1. Lage erfassen im Leitungsauskunftsportal „infrest“,
2. Aufsetzen einer Kommunikationsplattform unter utility-tunnel.com,
3. „Klima-Check“ – CO2-Beitrag Leitungskanäle/-düker,
4. Forcieren der Beteiligung an der internationalen ISO-Normung,
5. Reaktivieren der Ausbildung künftiger IngenieurInnen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Rahmen des Projekts wurden eine Reihe von Online-Seminaren und (Online-)Fachkonferenz ausgerichtet, an einer Konferenz zum Thema referiert und Veröffentlichungen in verschiedenen Fachzeitschriften geschrieben. Die folgende Aufzählung gibt eine Einblick, für einen vollständigen Überblick sei auf die Anhänge des Abschlussberichts verwiesen:
• Ausrichten von drei Online-Seminaren,
• Ausrichten von einer Online-Fachkonferenz sowie einer Vor-Ort-Fachkonferenz zum Thema Leitungskanäle,
• Halten einer Präsentation auf der InfraSpree,
• Aufbereiten des Themas „Leitungskanal“ in Postern für den Praxisworkshop 2021 sowie der ASP-Konferenz 2022,
• Durchführen eines Runden Tisches in Niedersachsen,
• Veröffentlichungen in vier unterschiedlichen Fachzeitschriften.


Fazit

Vor dem Hintergrund des beengten städtischen Raums (Stichwort „Trassenbündelung“), der erforderlichen Flexibilität beim Austausch oder Ersatz von Leitungen und Medien aufgrund des technischen Fortschritts (Stichwort „Austausch-Flexibilität“) sowie der notwendigen Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit (Stichwort „Klimawandel“) bildet der Leitungskanal eine „smarte“ Lösungsalternative. Auf Basis der Beiträge und geführten Diskussionen im Rahmen des Wissenstransfers, gibt es darüber hinaus nach Ansicht der Projektpartner keine K.O.-Kriterien, die zu einem grundsätzlichen Verwerfen dieser Erschließungslösung führen.
Die zeitlich parallel verlaufenden Aktivitäten im Projektkreis UBLD vorgenannter Verbände zur Überarbeitung des Leitfadens sowie im ISO Norm – Projekt erwiesen sich bei der Wissensvermittlung als sehr hilfreich.

Übersicht

Fördersumme

121.729,00 €

Förderzeitraum

08.09.2020 - 08.12.2022

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Bavaria