Unsere Atemluft ist eine unserer wichtigsten Ressourcen. Viele deutsche Städte halten den seit 2010 EU-weit gültigen Grenzwert für NO2 von 40 µg/m³ im Jahresmittel seit Jahren nicht ein. Die Europäische Umweltagentur macht diese erhöhten Werte für 13.000 bis 45.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr in Deutschland verantwortlich. Den Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid will die Europäische Kommission von derzeit 40 auf 20 µg/m³ absenken. Der WHO-Richtwert liegt hier bei nur 10 µg/m³. Untersuchungen in Schlesien, Stockholm und Paris zufolge ist die Belastung von Fahrern und Passagieren in Fahrzeugen sogar deutlich höher als in der Außenluft. Die Belüftungssysteme der Fahrzeuge beziehen ihre "Frischluft" sprichwörtlich direkt aus dem Auspuff ihres Vordermanns. Im Berufsverkehr ist der Abstand zu den Emissionsquellen besonders gering und die Belastung am höchsten. Konventionelle Reinigungssysteme sind zwar effektiv in der Filterleistung gegenüber VOCs, jedoch weniger effizient bei der Entfernung von Stickoxiden. Die Filterleistung nimmt darüber hinaus mit der Standzeit deutlich ab (da der Filter zunehmend zugesetzt ist). Außerdem werden bei diesen Systemen die Schadstoffe nicht umgewandelt, sondern lediglich auf dem Filter adsorbiert und unter ungünstigen Bedingungen auch wieder abgegeben.
Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer photokatalytischen Luftreinigungseinheit, welche direkt in Klimageräte von ÖPNV (Busse, Bahnen) integriert werden kann. So wird die Umgebungsluft vor dem Einleiten in den Fahrzeuginnenraum von den Luftschadstoffen gereinigt. Einerseits werden die Fahrzeuginsassen so direkt vor den Luftschadstoffen geschützt und somit ein Beitrag zum Gesundheitsschutz geleistet. Andererseits werden die Schadstoffe auch nachhaltig aus der Luft entfernt, so dass die eingesetzten Klimageräte auch die Umgebungsluft reinigen. Schließlich soll durch die Entwicklung effizienterer Photokatalysatoren auch der Energieverbrauch des Reinigungssystems reduziert werden. Im Gegensatz zu den aktuell häufig verwendeten Aktivkohle-Filtern, welche in regelmäßigen Abständen erneuert und entsorgt werden müssen, soll das hier zu entwickelnde System mindestens über die gesamte Fahrzeuglebensdauer funktionsfähig bleiben und stellt somit einen nachhaltigeren Ansatz dar. So leistet das Projekt insgesamt Beiträge zum Gesundheits- und Umweltschutz sowie zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.
An der UBT (Uni Bayreuth) wurden in Phase 1 neue Photokatalysator-Materialien basierend auf Strontiumtitanat (SrTiO3) hergestellt und am DFI (DECHEMA-Forschungsinstitut) auf ihre Eignung für den Stickoxidabbau untersucht und mit dem Stand der Technik (TiO2) verglichen. Besonderes Augenmerk lag dabei auch auf der Modifizierung der Materialien mit Metallionen, um die Aktivität von SrTiO3 zu erhöhen. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Strukturierung der Katalysatoren, so dass dieser eine möglichst poröse, raue Struktur mit einer hohen Oberfläche aufweist. Dies kann einerseits den Transport der Schadstoffe zur Katalysatoroberfläche verbessern, und andererseits durch die höhere Oberfläche auch die Aktivität erhöhen.
Parallel dazu fanden am DFI Messungen zur Effektivität der Photokatalyse zur Entfernung von NOx unter den für die Klimageräte relevanten Bedingungen (sehr kurze Verweilzeit, hohe Lichtintensität) statt. Ziel dieser Messungen war es, die benötigte Lichtintensität und Massetransportraten zu bestimmen, um unter diesen Bedingungen ausreichend hohen Schadstoffabbau zu erreichen. Zusammen mit Konvekta wurden verschiedene Geometrien zur Anordnung von Photokatalysator und Lichtquelle im Strömungskanal evaluiert und in verkleinertem Maßstab am DFI vermessen. Zusätzlich wurden verschiedene Möglichkeiten zur Herstellung der photokatalytisch aktiven Schichten untersucht und dabei verschiedene Trägermaterialien und Beschichtungstechniken verglichen.
In Phase 1 hat Konvekta geeignete Einbauräume in seinen Klimaanlagen identifiziert. Die einmal entwickelte photokatalytische Reinigungseinheit soll in möglichst vielen Klimaanlagen-Varianten eingesetzt werden. Es wurden auch Referenzmessungen in einem Stadtbus durchgeführt, um erstens den Ist-Zustand zu dokumentieren und zweitens die Messtechnik im Fahrbetrieb zu erproben.
Für Phase 1 wurden 4 Unterziele als Meilensteine formuliert und erreicht:
1) Ein Anforderungsprofil für das Gesamtsystem ist erstellt worden.
2) Die Laborversuchsanlage am DFI ist aufgebaut und an Referenzmaterialien erfolgreich validiert .
3) Die Referenz-Belastung in Fahrzeugen wurden gemessen.
4) Neue Photokatalysatoren auf Basis von SrTiO3 übertreffen das TiO2-Referenzmaterial in ihrer NOx-
Abscheideleistung und Photoneneffizienz um mehr als 10 %.
In Phase 2 soll basierend auf den Ergebnissen der oben genannten Untersuchungen und Entwicklungen ein Prototyp von der Konvekta gefertigt und vermessen werden.
Konvekta hat das Anforderungsprofil für den Einsatz in einem Linienbus erstellt. Typisch für den Einsatz in Fahrzeugklimaanlagen sind große Frischluftmengen und die sehr kurze Verweilzeit der Luftpartikel im Kontakt mit der beschichteten Oberfläche. Zusammen mit dem DFI wurden erste Konzepte für den Einbau in einen Bus erstellt und daraus vom DFI abgeleitet die Laborversuchsanlage aufgebaut. Messungen im Innenraum eines emissionsfreien Elektrobusses beim Linieneinsatz in Frankfurt zeigten im Mittel mindestens genauso hohe NOx-Belastungen wie stationäre Messstellen. Spitzen lagen deutlich darüber. Dies bestätigt, dass die eingebaute Filtertechnik nicht die von außen eindringenden NOx-Emissionen reduziert. Gleichzeitig hat die EU die kürzlich von der WHO vorgeschlagene Verschärfung der Grenzwerte aufgegriffen. Dies zeigt den Handlungsbedarf auf.
Die Uni Bayreuth hat erfolgreich neue Materialen zum photokatalytischen Abbau der NOx entwickelt. Es wurde SrTiO3 auf unterschiedliche Arten hergestellt und teilweise zusätzlich mit Al dotiert. Durch Mesostrukturierung konnte die Porosität und damit die wirksame Oberfläche der Materialien erhöht werden. Von den aussichtsreichsten Kandidaten wurden entsprechende Mengen dem DFI zur weiteren Untersuchung bereitgestellt. Beim DFI konnte gezeigt werden, dass diese Materialien deutlich höhere Raten bezüglich des Abbaus von NOx zu Nitrat haben als das vom Stand der Technik bekannte TiO2. Zudem sind die SrTiO3 deutlich selektiver, so dass aus NO weniger NO2 entsteht. Die hohe Wirksamkeit und Selektivität sind Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung im Fahrzeug, weil kurze Verweilzeiten dies erfordern und die UVA-LEDs möglichst energiesparend betrieben werden sollen.
Da alle Ziele der Meilensteine erreicht wurden, spricht nichts gegen eine Fortführung des Projektes in Phase 2, der Erprobung im Fahrzeug.
Das Projekt erfolgte in Zusammenarbeit von Universität Bayreuth, DECHEMA-Forschungsinstitut und Konvekta AG mit Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Az 35264/01). Eine Anschlussförderung (Phase 2) wird aufgrund der positiven Projektergebnisse angestrebt.
Ergebnisse des Projektes sind als Vortrag auf der internationalen Fachkonferenz „SPEA12“ in Belfast/UK am 21.06.2024 präsentiert worden. Titel des Vortrags war:
Photocatalytic NOx degradation with Al:SrTiO3
Die in den Meilensteinen 1 bis 4 gesetzten Ziele konnten erreicht bzw. übertroffen werden.
Messungen bestätigen, dass die bisher eingesetzte Technik nicht die NOx-Belastung im Fahrzeuginnenraum reduziert bzw. dass sogar deutlich höhere Konzentrationen als an Messstationen am Straßenrand auftreten.
Die neuen Photokatalysatoren mit SrTiO3 sind erheblich besser und auch selektiver als der Stand der Technik mit TiO2. Damit können energiesparende UVA-LEDs eingesetzt werden und die Reaktionszeit entspricht etwa den berechneten Verweilzeiten. Dies ermutigt in Phase 2 die Ergebnisse in einem neuartigen Luftfilter umzusetzen.
Voraussetzung ist eine möglichst große aktive Oberfläche (AP1.2) und eine erfolgreiche Umsetzung für ein Beschichtungsverfahren (AP 1.3). Es ist ein möglichst ökonomisches Verfahren dazu auszuwählen.
Die Einbindung in die Klimaanlage und Luftführungssysteme des Fahrzeugs als auch geeignete und kostengünstige Messverfahren zur bedarfsgerechten Regelung der Stickoxidumwandlung müssen in Phase 2 (AP 3.4) erfolgen. Nach erfolgreicher Überprüfung im Labor kann dann ein Einsatz im Fahrzeug stattfinden (AP 2.5). Auch eine Reinigung und Entfernung des Nitrats von der Oberfläche des Katalysators ist zu beachten.
Ökologisch sollte das anfallende und ausgewaschene Nitrat unbedenklich sein, da diese kleinen Mengen über die Kanalisation der Abwasserbehandlung zugeführt werden.