Kolmation und ihre Wirkung auf den Reproduktionserfolg repräsentativer Arten rheophiler Fischlebensgemeinschaften (Kurztitel: Kolmation und ihre Wirkung auf rheophile Fischarten)
Ein defizitärer ökologischer Zustand gem. EG WRRL wird häufig mit einer ausgeprägten „Allgemeinen Degradation“ begründet. Hinter diesem nicht näher definierten Befund verbergen sich oftmals Stoffeinträge in die Gewässersohle. Falls es sich dabei um Feinsedimente handelt, können sie eine Verstopfung des Kieslückensystems, des hyporheischen Interstitials, bewirken.
Das Interstitial stellt für viele bewertungsrelevante Organismen einen (Teil)-Lebensraum dar. Für die Entwicklung der Brut kieslaichender Fische ist eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Kieslückensystems essenziell. Sie kann durch starke Kolmation gestört werden, weil dann die Durchströmbarkeit reduziert wird.
Obwohl die negativen Auswirkungen der Kolmation auf die ökologische Funktionsfähigkeit eines Fließgewässers bekannt sind, gibt es keine allgemein anerkannte Bewertungsverfahren und Messmethoden. Mit dem neu entwickelten Kolmameter steht ein Funktionsmuster zur Messung der Kolmationsintensität von Kiesbetten zur Verfügung. Die Intensität wird über eine fünfstufige Skala („nicht kolmatiert“ bis „vollständig kolmatiert“) ausgedrückt. Unklar ist, inwieweit diese Kolmationsklassen auf die Habitatqualität für Fischbrut übertragbar sind.
Dieser Fragestellung widmet sich das vorliegende Projekt, indem die Entwicklung von Fischbrut als sehr empfindliche „biologische Qualitätskomponente“ mit der Kolmationsdynamik über eine Brutperiode verglichen wird.
Dabei sollen verschiedene methodische in-situ-Ansätze getestet werden. Ein wichtiger Aspekt dabei sind auch größere abflussbedingte Wasserstandschwankungen, die durch starke Sedimentbewegungen die Kolmationsdynamik beeinflussen können.
Mit den Erfahrungen des Projektes soll eine Basis für ein weitergehendes investigatives Monitoring zur Habitateignung von kiesgeprägten Gewässern für rheophile Fischarten gelegt werden.
Die Arbeiten, die in Zuläufen der Unteren Sieg stattfinden, haben Anfang 2020 begonnen. Fachlich unterstützt wird das Projekt durch den Rheinischen Fischereiverband NRW 1880 e.V. Das Lebendmaterial (Lachseier im Augenpunktstadium) wird durch die Landesfischereianstalt NRW zur Verfügung gestellt.
Die anvisierten Ergebnisse können möglicherweise Beiträge für das Gewässermanagement, nicht nur im Rahmen der WRRL, sondern auch als Entscheidungshilfe für die praktische naturschutzfachliche Anwendung sowie die fischereiliche Bewirtschaftung liefern.
Die Projektdauer beträgt 24 Monate.
Antragsteller
- Planungsbüro Zumbroich – Landschaft und Gewässer, Prof. Dr. Thomas Zumbroich
Kooperationspartner
- Geographisches Institut, Universität Bonn (GIUB), Prof. Dr. Mariele Evers
Assoziierte Partner
- Rheinischer Fischereiverband von 1880 e.V. (Wanderfischprogramm NRW)
- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Abteilung Fischereiökologie und Aquakultur (LANUV)
Zu dem Untersuchungsprogramm gehören Laichhabitatkartierungen, Messungen mit dem Kolmameter, optisch-haptische Kartierungen von Kiesbänken, chemisch-physikalische Untersuchungen, Makrozoobenthosbewertungen und das Ausbringen von Fischbrutröhrchen zur Beobachtung der Laichentwicklung.
Zunächst werden in vier kies- und schottergeprägten Gewässern (Agger, Bröl, Waldbrölbach, Sülz) in Nordrhein-Westfalen geeignete Untersuchungsstellen ausgewählt.
Im Anschluss erfolgen detaillierte Kolmationsmessungen in verschiedenen Tiefen über die gesamte Entwicklungszeit des Lachslaichs und physikalisch-chemische Untersuchungen des Interstitialwassers und der fließenden Welle (Temperatur, Sauerstoffgehalt und -Sättigung, pH-Wert sowie elektrische Leitfähigkeit). Des Weiteren werden simulierte Laichgruben angelegt.
Die Reproduktionsbedingungen im Interstitial potenzieller Lachslaichhabitate werden über das Einbringen von Lachseiern im Augenpunktstadium und deren Schlupferfolg geprüft. Dafür werden Lachseier in Brutröhrchen in der Gewässersohle vergraben und nach dem Schlupf auf ihre Überlebensrate begutachtet.
Die Kolmationsmessungen erfolgen größtenteils im Rahmen einer wissenschaftlichen universitären Abschlussarbeit.
Die Fischbrut wird von der Landesfischereianstalt NRW mit Sitz in Kirchhundem-Albaum zur Verfügung gestellt.