ReGCell – Recycling des Glases und der Siliziumzellen aus PV-Anlagen
Projektdurchführung
SRH Hochschule Berlin
Institute Applied Resource Strategies
Ernst-Reuter-Platz 10
10587 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel dieses Projekts war die Entwicklung eines umweltfreundlichen und wirtschaftlich sinnvollen Verfahrens zur Entlaminierung von Dickschicht-Solarmodulen zur Wiedergewinnung des intakten Solarglases und der Si-Zellen. Dazu wurde ein ökologisch-unbedenkliches und kostengünstiges vierstufiges Entlaminierungsverfahren entwickelt und ökonomisch bewertet.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Experimente wurden parallel an der SRH und bei den Projektpartnern durchgeführt. Das erste Unterziel bestand darin, die chemische Entlaminierung von Dickschichtmodulen mit ökologisch möglichst unbedenklichen Lösemitteln zu erreichen. Zudem sollte wenig zusätzlicher Energieeintrag erfolgen. Dazu wurden verschiedene solcher Lösemittel unter verschiedenen Versuchsbedingungen auf ihr Entlaminierungspotential getestet. Zusätzlich wurden thermische Behandlungen durch konventionelle und mikrowellen-unterstützte Pyrolyse angewendet. Schließlich wurden verschiedene mechanische und maschinengestützte Methoden zur Entlaminierung durchgeführt.
Die Pyrolyse- und Verbrennungsversuche führten zwar zur Entlaminierung der PV Module, allerdings wurde in allen Experimenten hierzu das PV-Glas kontaminiert und/oder zerbrochen. Letztendlich konnte durch eine Kombination aus zwei chemischen und zwei mechanischen Schritten eine effektive Entlaminierung erreicht werden. Zunächst wird hierbei in einem 1. Schritt die Rückseite der Module einer mechanischen Vorbehandlung unterzogen, bei der die Oberfläche der Rückseitenfolie nach einem bestimmten Muster gefräst wird. Diese Vorbehandlung ermöglicht einen homogenen Angriff des Lösungsmittels im 2. Prozessschritt, um die EVA-Verkapselung bei Raumtemperatur anzulösen. Dabei verbleiben die PV-Module für 3 Tage in einem Tauchbad. Nach Reinigung und Trocknung mit Isopropanol im 3. Schritt werden die Module mit einem Drahtschneider im 4. Schritt bei Raumtemperatur mechanisch komplett entlaminiert.
Ergebnisse und Diskussion
Der abschließend entwickelte ReGCell-Prozess enthält die vier oben beschriebenen Schritte. Am Ende wird die Solarglasscheibe intakt erhalten, ohne dass seine Qualität (z. B. Zusammensetzung und Transparenz) beeinträchtigt wird. Das Silizium sowie die elektrischen Kontakte (vorwiegend Silber) verbleiben im EVA eingekapselt. Eine Recherche hat ergeben, dass dieses Nebenprodukt in der Pyrometallurgie für verschiedene Zwecke verwendet werden kann. In einer noch laufenden Studienarbeit werden außerdem zwei Methoden (thermisch und chemisch) getestet, aus diesem EVA/Si/Ag Laminat das Silizium und das Silber zurückzugewinnen. Die Wiedergewinnung intakter Si-Zellen kann mit dem beschriebenen ReGCell-Verfahren nicht erreicht werden, da die Zellen während der Entlaminierung durch ein Aufquellen des Laminats brechen. Aber zumindest reines gebrochenes Silizium und Silber sollte wiedergewinnbar sein.
Im Rahmen des Projekts wurde außerdem eine technisch-wirtschaftliche Bewertung vorgenommen, die auch eine Marktforschung und eine Materialflusskostenanalyse (MFCA) umfasste. Für die wiedergewonnenen intakten Solarglasscheiben konnten keine Interessenten gefunden werden, aber Flachglasrecycler würden das Produkt abnehmen und in Form von Scherben in ihre Flachglasproduktion geben. Für das Laminat mit Silizium und Silber hat uns ein Edelmetallrecycler zumindest einen Preis für das enthaltene Silber genannt. Die MFCA ergibt allerdings, dass bei diesen geringen Einnahmen das Verfahren keine Gewinne abwirft. Daher läuft aktuell die oben angesprochene Studienarbeit zur Wiedergewinnung des Siliziums und des Silbers aus dem EVA-Laminat. Eine angepasste MFCA zeigt, dass durch den zusätzlichen Verkauf von reinem Silizium und reinem Silber das Verfahren gewinnbringend durchgeführt werden kann. Zusätzlich laufen Gespräche mit der Firma Meyer Burger GmbH, auch die Wiedergewinnung der Kunststoffe zu fokussieren. Hierzu planen wir ein zukünftiges gemeinsames Projekt mit verschiedenen Ansätzen. Schon im abgeschlossenen Projekt konnten wir die Entfernung der Rückseitenfolie realisieren, haben diesen Schritt allerdings bisher nicht in den Gesamtprozess integriert. Neben dieser parallelen Rückgewinnung der Rückseitenfolie könnte ein weiterer Ansatz sein, mit geschredderten Modulen zu starten. Unsere Vorversuche zeigen, dass wir hieraus mit unserem chemischen Entlaminierensschritt reine Solarglasscherben erhalten würden. Diese Scherben könnten genauso an die Flachglasrecyclinger verkauft werden, es könnten aber die beiden mechanischen Schritte im bisherigen Prozess eingespart werden. Das genaue Konzept für das Anschlussprojekt wird gerade erarbeitet.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse der Arbeit sind in zwei Vorlesungen der SRH Berlin University of Applied Sciences eingeflossen. Außerdem wurden sie im dortigen Colloqium sowie in dem des Fraunhofer IWKS vorgestellt. Darüber hinaus wurde auf der von der DGM (Deutsche Gesellschaft für Materialkunde e. V.) organisierten Materials Week 2021 im Rahmen der Session Circular Materials ein Poster mit den wichtigsten Ergebnissen des Projektes präsentiert. Eine weitere Präsentation ist auf der Berliner Recycling- und Sekundärrohstoffkonferenz 2022 geplant.
Des Weiteren wird gerade eine Veröffentlichung zu den Projektergebnissen fertiggestellt. Diese soll bei der Zeitschrift Waste Management: International Journal of Integrated Waste Management, Science and Technology bis zum Jahresende 2021 eingereicht werden.
Im Rahmen des Projektes wurde über den Austausch mit verschiedenen deutschen Akteuren in der PV- und PV-Recycling-Industrie für die Bekanntheit des Verfahrens gesorgt. Dieses sind u. a. Dr. Wambach (Mitbegründer von PC Cycle und Organisator der 38. Europäischen Konferenz und Ausstellung für Photovoltaische Solarenergie), Herr Liebscher (Meyer Burger Industries GmbH), Dr. Palitzsch (LuxChemtech GmbH) und Herr Heitmann (Vertreter der Reiling GmbH & Co. KG).
An der TH Aschaffenburg wurde im Rahmen des Projektes eine Bachelorarbeit durchgeführt und an der SRH Berlin werden noch eine Master- und eine Studienarbeit abgeschlossen. Es sind zudem Anschlussprojekte in Planung.
Außerdem ist die Ausgründung einer Firma für verschiedene Recyclingprozesse an der SRH Berlin in der konkreten Planung. Es ist angedacht, zukünftig das hier entwickelte bzw. abgewandelte ReGCell-Verfahren dort zu installieren. Daneben hat Hanwha Q Cells das Projekt begleitet und möchte das Verfahren für die Analyse von Testmodulen nach Testmessungen einsetzen.
Fazit
Im Rahmen des Projektes wurde erfolgreich ein 4-Schritt-Verfahren zur Entlaminierung von Solarmodulen entwickelt. Dieses ReGCell-Verfahren basiert auf zwei mechanischen sowie zwei chemischen Schritten. Es benötigt ökologisch weitgehend unbedenkliche Chemikalien und wenig Energie, da ausschließlich bei Raumtemperatur gearbeitet werden kann. Die beiden Produkte sind das intakte Flachglas und die in einem EVA-Laminat eingekapselten Siliziumzelle mit Leiterbahnen. Das Flachglas kann wiederverwendet oder wiederaufbereitet werden. Es erfolgt kein Down-Cycling des Glases zu qualitativ schlechterem Hohlglas oder zu Glaswolle, wie es bei den meisten anderen PV-Recyclingprozessen erfolgt. Die Firma Reiling hat nach Analyse des Produktglases ihr Interesse signalisiert, dieses in das Flachglasrecycling einzubringen und einen Abnahmepreis angegeben. Das zweite Produkt, nämlich die noch eingekapselten Siliziumzellen mit Silber, können in die pyrometallurgische Aufbereitung gegeben werden. In einer laufenden Studienarbeit wird ein Verfahren entwickelt, das die Abtrennung des Silbers und des Siliziums zusätzlich ermöglicht.
Eine Marktrecherche und Materialflusskostenanalyse (MFCA) hat ergeben, dass die Umsetzung dieses Verfahrens ohne die gleichzeitige Wiedergewinnung des Siliziums und des Silbers nicht wirtschaftlich ist. Deshalb sollen in Nachfolgeprojekten mit deutschen Firmen geprüft werden, wie die Installation eines abgewandelten ReGCell-Verfahrens in absehbarer Zukunft durchgeführt werden kann.
Fördersumme
90.702,00 €
Förderzeitraum
15.02.2020 - 30.06.2021
Bundesland
Bayern
Schlagwörter
Bavaria
Resource conservation