Projekt 34780/01

Mehr Flächenschutz durch lebendige Baukultur – Entwicklung und Evaluation von Kommunikationsmaßnahmen

Projektdurchführung

Bundesstiftung Baukultur
Schiffbauergasse 3
14467 Potsdam

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In einem Forschungsprojekt bearbeitete die Bundesstiftung Baukultur gemeinsam mit der Deutschen Bundesstiftung
Umwelt das Thema „Flächenschutz durch lebendige Baukultur - Entwicklung und Evaluation
von Kommunikationsmaßnahmen“. Die Flächeninanspruchnahme durch Siedlungs- und Verkehrsflächen
wird gesellschaftlich als Umweltproblem unterbewertet. Um dem Thema die dringend notwendige Aufmerksamkeit
bei den relevanten Entscheidern zu verschaffen und damit den Flächenverbrauch zu reduzieren,
galt es aus Sicht der Baukultur zielgruppenspezifisch positiv ausgerichtete Kommunikationsmaßnahmen
zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt wurde in drei übergeordneten Projektbausteinen bearbeitet:
1) Im Baustein A wurde ein Werkzeugkasten an zielgruppenspezifischen Kommunikationsmaßnahmen
erarbeitet. Dazu wurde u.a. ein Erklärfilm mit dem Titel „Baukultur erklärt: 6 Schritte zur Mitte“ produziert,
der die Themen Flächeninanspruchnahme und Baukultur bei den antragsrelevanten Zielgruppen
konkret und im Sinne von Positivbildern adressiert. Zudem wurde eine Projektdatenbank guter Beispiele
erarbeitet und auf der Webseite der Bundesstiftung Baukultur veröffentlicht.
2) Im Projektbaustein B wurde zunächst eine Grundlagenermittlung durchgeführt: Es wurden strategische
Multiplikatoren identifiziert, mit Hintergrundinformationen versorgt und in das Projektprogramm
integriert. Insgesamt vier interaktive Regionalwerkstätten durchgeführt. Best-Practice-Reisen für antragsrelvanten
Zielgruppen wurden veranstaltet.
3) Im Projektbaustein C wurde eine Publikation realisiert. Die Publikation trägt wesentliche Erkenntnisse
zu (energetischen) Umbaumaßnahmen und Finanzierungsmöglichkeiten zusammen. Die Erkenntnisse
der Projektarbeit machten deutlich,dass häufig private Bauherren vor der Ertüchtigung von Bestandsgebäuden
(im Ortskern) oder älteren EFH-Gebäuden zurückschrecken. Die Publikation setzt
hier an und zeigt u.a. anhand von Beispielen Möglichkeiten hin zu einer „Umbaukultur“ auf, die einerseits hilft Ressourcen und Fläche zu schonen, andererseits auch Wohnwünsche und Wohnwertsteigerungen
bewusst als Anreiz in den Vordergrund stellt. Der Titel der Publikation lautet „Mit Freude sanieren“.


Ergebnisse und Diskussion

Ausgangsthese für das Forschungsvorhaben war die Vermutung, dass bei dem Nachhaltigkeitsproblem
„Flächeninanspruchnahme“ weniger ein Erkenntnisdefizit, sondern vielmehr ein Umsetzungsdefizit im relevanten
Akteurskreis vorliegt. Demgegenüber hat sich gezeigt, dass ein markantes Bewusstseinsdefizit
existiert. Der Bagger in der Landschaft steht vielerorts nach wie vor für wirtschaftlichen Fortschritt. Dabei
können neue Wohn- und Gewerbegebiete auch als Zerstörung von Naturräumen, Biodiversität und das
Aussterben der traditionellen Ortszentren und damit für den Verlust von Identität und Heimat gelesen werden.
Ungeachtet vieler Appelle und nationaler Nachhaltigkeitszielstellungen werden überall in Deutschland
Flächen im Außenbereich planerisch neu ausgewiesen und für die Siedlungsentwicklung „verbraucht“.
Die Siedlungs- und Verkehrsfläche (SuV) beinhaltet neben Gebäuden und Infrastruktur auch Frei- und
Erholungsflächen. Geschätzte 42 bis 50 % dieser Flächen sind versiegelt. Die SuV hat sich in den letzten
60 Jahren verdoppelt und ist unabhängig von wirtschaftlicher oder demografischer Entwicklung bis im Jahr
2019 auf 51.498 qkm angewachsen. Sie nimmt mittlerweile 14,5 % der Gesamtflläche Deutschlands ein.
Zurzeit scheint die Flächennachfrage leicht rückläufig und sich auf Zuwanderungsstädte zu konzentrieren.
Die Flächeninanspruchnahme findet dagegen auch an nicht nachgefragten Standorten statt. Akuter Handlungsbedarf
besteht deshalb besonders in ländlichen Regionen: Bis zu 80 % der derzeitigen Flächenentwicklungen
finden jenseits der Metropolräume statt.
Die Gründe für das stete Ausweisen sind vielfältig. Zum einen wird Neubau noch immer als Wohlstandsversprechen
verstanden. Zum anderen sind Kommunen von Gewerbe- und Einkommensteuer abhängig
und stehen im direkten Wettbewerb mit Nachbargemeinden um Bewohner und Arbeitsplätze.
Strukturell sind Bürgermeister kleiner Orte meist fachfremd und häufig sogar ehrenamtlich tätig. Auch sind
viele Bauverwaltungen personell und finanziell in prekärer Lage oder je nach Größe des Ortes dezentral
in die Amtsgemeinde oder den Landkreis ausgelagert. Als Begründungen für die Entscheidung gegen den
Innenbereich wird beispielsweise angeführt, dass das Potenzial nicht vorhanden oder die Eigentümeransprache
zu schwierig sei oder Ungewissheiten wegen möglicher Altlasten vorherrschen.
Da Investoren oder Projektentwickler den Außenbereich vorziehen, werden Einfamilienhaus- und Gewerbegebiete
häufig in nicht integrierter Lage am Ortsrand und ohne regionale Abstimmung umgesetzt.
Weil der Markt rund um das Einfamilienhaus ein für alle Geschäftsteilnehmer einträgliches Geschäft ist,
wird vonseiten dieser Akteure kein Veränderungsdruck gesehen.
Vorbilder flächenschonenden (Um-)Bauens und Sanierens sind bei Politik, Verwaltung, Investoren und
Bevölkerung noch weitestgehend unbekannt. Attraktive, selbstbestimmte dichtere Wohnformen im grünen
Innenbereich werden noch nicht explizit als Alternative zum Einfamilienhaus entwickelt und beworben,
bzw. nachgefragt.
„Flächenverbrauch“ als Umweltproblem wird demnach gesamtgesellschaftlich stark unterbewertet. Im
Alltag der Bevölkerung spielt er keine Rolle und wird mit dem eigenen Handeln, den Wohnwünschen und
dem Mobilitätsverhalten nicht in Verbindung gebracht. Obwohl Bundespolitik und Forschung in Machbarkeitsprüfungen
und Modellversuchen Instrumente zur Flächenreduzierung ausreichend erprobt haben,
scheinen diese Erkenntnisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kaum anzukommen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Arbeitsschritte des oben benannten Projekts waren zu einem großen Teil öffentliche Veranstaltungen
oder mit einem öffentlichen Teilbaustein versehen. Die Veranstaltungen wurden online und offline beworben,
die Teilnahme war kostenfrei möglich. Inhalte, bzw. Dokumentationen können über die Internetseite
der Bundesstiftung Baukultur eingesehen werden. Die Publikation „Mit Freude sanieren“ ist zudem auch
in gedruckter Form kostenfrei über die Webseite der Bundesstiftung Baukultur zu beziehen.


Fazit

Das durchgeführte Projekt konnte mit den vielfältigen Angeboten einen großen Beitrag dazu leisten, Beteiligte
verschiedener Professionen zum Thema „Flächeninanspruchnahme“ miteinander ins Gespräch zu
bringen. Die speziell auf private Bauherren zugeschnittene Abschlusspublikation operationalisiert die Ergebnisse,
indem sie gute Beispiele für Bestandsanierungen vorstellt, die zum Nachahmen animieren und
damit die Ausweisung von neuen Baugebieten zu verhindern vermag.

Übersicht

Fördersumme

151.202,00 €

Förderzeitraum

18.12.2018 - 31.07.2021

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Brandenburg
Environmental communication