Projekt 34737/01

DeViSe – Automatische Detektion, Lokalisation und Tracking von Vögeln und lautgebenden Tierarten mittels intelligenter akustischer Sensorik

Projektdurchführung

Museum für Naturkunde Berlin Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung
Invalidenstr. 43
10115 Berlin

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Vorhabens war, auf der Grundlage von bereits existierenden Lösungsansätzen zur Lokalisation Technischer Geräuschquellen (IDMT) und zur automatischen Erkennung von Vogelstimmen (MfN) ein zuverlässiges Sensorsystem zur autonomen automatischen Erfassung von lautgebenden Tierarten, die für landschaftsplanerische und naturschutzfachliche Entscheidungen von hoher Relevanz sind, zu entwickeln. Am Ende des Projektes sollte ein geländetaugliches System vorliegen, dass für drei ausgewählte Anwendungsfälle, die aktuelle naturschutzrelevante Probleme betreffen (Waldschnepfe, Wachtelkönig, Heuschrecken), und sich in der Komplexität der technischen und analytischen Herausforderungen deutlich unterscheiden, voll einsatzfähig ist. Die Methodik sollte so weit entwickelt werden, dass sie unmittelbar in der gutachterlichen Praxis genutzt werden kann.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAuf der Grundlage eines am Fraunhofer IDMT entwickelten akustischen Mehrkanalsensors wurde ein System zum akustischen Tracking entwickelt. In der ersten Phase wurden mit dem Sensor in den vorgesehenen Anwendungsszenarien Audioaufzeichnungen generiert, getestet und Anpassungen am Design des Sensors an die Aufgabenstellungen vorgenommen. Parallel dazu erfolgte die Entwicklung von Algorithmen zur sicheren Artbestimmung. Algorithmen zur Artbestimmung und zur Ortung wurden auf dem Sensorsystem implementiert.
In der zweiten Phase erfolgte eine Verifizierung der Erkennungs- und Lokalisationsergebnisse unter Praxisbedingungen. Dazu erfolgten Kartierungen durch qualifizierte Beobachter vor Ort sowie vom Sensorsystem unabhängige akustische Ortungen der Schallquellen. Zusätzlich wurden Experimente zur Ortungsgenauigkeit unter Nutzung von synthetischen akustischen Signalen durchgeführt.
In der dritten Phase wurde das System für die Eignung für umweltgutachterliche Tätigkeiten geprüft. Dazu wurde ein benutzerfreundliches Interface für das Sensorsystem entwickelt. Es erfolgte ein Abgleich der Arbeitsschritte an die Anforderungen von Umweltgutachten (u. a. Genehmigung von WKAs) und die Einbeziehung zukünftiger Anwender*innen in die akustische Erfassung (Wachtelkönigmonitoring).



Ergebnisse und Diskussion

Im Projekt wurde, basierend auf einem am Fraunhofer IDMT entwickelten Sensors, ein Prototyp eines wettergeschützten Systems zur automatischen akustischen Detektion, Lokalisation und Tracking lautgebender Tiere entwickelt. Wesentliche Hardwarekomponenten eines Devise-Sensors sind ein Einplatinenrechner Raspbery Pi 4, eine mit MEMS-Mikrofonen ausgerüstete 8-Kanal-Soundkarte (Eigenentwicklung IDMT), ein GPS-Sensor zur Bestimmung der Position und als Basis für Zeitstempel sowie ein Gyrosensor zur Bestimmung der Ausrichtung. Eine Webapplikation erlaubt, über eine WLAN-Verbindung mit den Sensoren im Sinne eines Sensornetzwerkes zu kommunizieren. Audioaufzeichnungen werden als 8-Kanal FLAC-Dateien auf einer externen Festplatte gespeichert. Eine Audioverarbeitung erfolgt bereits auf dem Sensor. Auf der Grundlage von Convolutional Neural Networks (CNN) erfolgt die Artbestimmung lautgebender Tierarten sowie die Bestimmung der Richtung, aus der eine Fokusart ruft. Der Einsatz von handelsüblichen MAKITA-Akkus erlaubt den mobilen Einsatz der Sensoren für eine Laufzeit von ca. 8 Stunden.
Das System erlaubt die sichere Arterkennung der beiden Fokusarten Wachtelkönig und Waldschnepfe. Der angedachte Einsatz für Heuschrecken erwies sich als zu komplex und war im Rahmen des Projektes nicht zu realisieren. Bei den Lokalisationsalgorithmen wurde aufgrund der hohen Praxisrelevanz der Schwerpunkt auf den Wachtelkönig gelegt. Die Richtung, aus der ein Tier ruft kann zumindest wenn sich die Rufe zweier Individuen der Art nicht überlappen auch in einer komplexen Geräuschkulisse gut bestimmt werden. In einem Langzeitversuch konnte mit dem System die räumliche Verteilung der Rufaktivität der Art praktisch über die gesamte Aktivitätsperiode erfolgen. Die Ergebnisse der Freilanduntersuchungen sind unmittelbar in die Entscheidungen zum dynamischen Grünlandmanagement im NP Unteres Odertal eingeflossen. Die Ergebnisse zur akustischen Erfassung der Waldschnepfe flossen unmittelbar in die Lebensraumbewertung des NSG „Gellener Torfmöörte mit Rockenmoor und Fuchsberg“ ein.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation


Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgte auf folgenden Ebenen:
- Unmittelbare Zusammenarbeit mit potenziellen zukünftigen Nutzer*innen (Verwaltung Nationalpark Unteres Odertal)
- Vorstellung des Projektes vor Landwirt*innen und interessierten Bürger*innen (Grünlandtage des NP Unteres Odertal)
- Fachvorträge auf wissenschaftlichen Konferenzen und Kolloquiums-Vorträge an Universitäten
- Wissenschaftliche Publikationen zu den Algorithmen
- Information über Projekt Websites
- Pressemitteilungen, Podcasts und Rundfunkbeiträge zum Projekt



Fazit


Es ist gelungen, ein funktionierendes System als Prototyp zu erstellen. Die weitere Entwicklung des Systems sollte mehr Arten berücksichtigen, die Lokalisation auch von simultan rufenden Tieren ermöglichen und eine nutzerfreundlichere Bedienung ermöglichen. Durch den Abgleich des Leistungsvermögens des Prototyps mit den Anforderungen an reguläre naturschutzfachliche Kartierungen, konnten verschiedene Optimierungsmaßnahmen ermittelt werden, die für einen praxistauglichen Einsatz notwendig sind. Dazu zählt insbesondere eine Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit, z. B. durch einen Fernzugriff aus dem Büro oder die Verlängerung der Einsatzdauer. Dadurch soll die Anwendung, einfacher, zuverlässiger und wirtschaftlicher werden, um so Einsatzmöglichkeiten zu erweitern.

Übersicht

Fördersumme

301.912,00 €

Förderzeitraum

01.02.2020 - 30.06.2024

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Land use
Nature Conservation
Lower Saxony