Entwicklung eines umweltfreundlichen Bioverfahrens zur Gewinnung von Carotinoiden mit In-situ-Produktisolierung
Projektdurchführung
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Dept. Umwelt- und biotechnologisches Zentrum (UBZ)
Permoserstr. 15
04315 Leipzig
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Entwicklung und verfahrenstechnische Beschreibung eines umweltfreundlichen Bioverfahrens zur Gewinnung von Carotinoiden mit In-situ-Produktisolierung am Beispiel eines industrierelevanten Mikroorganismus. Der Neuheitswert lag dabei in der möglich gewordenen Direktisolierung des hydrophoben Zielproduktes im Produktionsprozess, wobei der Mikroorganismus nicht beschädigt wird und sukzessiv die Zielprodukte im Kulturmedium weiter bildet. Mit der Entwicklung und Etablierung des Verfahrens soll durch Nutzung von Nebenstoffströmen der Lebensmittel- und Pflanzenölindustrie, Minimierung des Wasser- und Platzbedarfes und die Direktisolierung des Zielproduktes ein signifikanter Beitrag zur Ernährungssicherung, Erweiterung der Kreislaufwirtschaft und nachhaltigen Schonung natürlicher Ressourcen geleistet werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Entwicklung und späteren Maßstabsübertragung des neuartigen Bioprozesses wurden zunächst verschiedene Hefen und Pilze auf ihre Carotinoidbildung und Ausschleusungsfähigkeit im Schüttelkol-benmaßstab untersucht. Die für die Carotinoidbildung benötigte Nährstofflimitation wurde in Mehrfach-bestimmungen unter Nutzung eines bereitstehenden Ionenchromatographen (Anionen und Kationen) sowie durch HPLC-Untersuchungen (Carotinoide) ermittelt. Im Folgenenden wurde das Substratspekt-rum des ausgewählten Organismus untersucht. Dazu wurden Untersuchungen mit Mono- und Misch-substraten ausgeführt und die Kohlenstoffquelle mit den höchsten Produktausbeuten und extrazellulä-ren Carotinoidkonzentration ermittelt. Inwieweit das eingesetzte lipophile Extraktionsmittel Anionen und Kationen aus der wässrigen Phase aufnimmt, wurde anschließend in mehreren Versuchsansätzen un-tersucht.
Darauf Folgend erfolgte die Optimierung des Gehaltes der anorganischen Medienkomponenten sowie Untersuchungen zur Substitution von komplexen Medienbestandteilen. Durch Variation von ausgewähl-ten Anionen, Kationen und Vitaminen wurde ein möglicher Einfluss auf den Membrandiffusionsvorgang geprüft. Das Verhältnis von Extraktionsmittel zur wässrigen Phase wurde durch Variation des Extrakti-onsmittelvolumens ermittelt. Anschließend wurden die verfahrenstechnischen Bedingungen für eine Maßstabsübertragung in den Bioreaktormaßstab festgelegt und zur Optimierung des Bioprozesses die optimale Bedingungen (Temperatur, pH-Wert, Begasungsrate, Zeitpunkt der Zugabe des Extraktions-mittels, Leistungseintrag) ermittelt. Abschließend wurde das Verhältnis zwischen intrazellulärer Lipid-Konzentration und Carotinoid
Ergebnisse und Diskussion
Bei der Findung eines geeigneten Mikroorganismus zur Carotinoid-Produktion und extrazellulären Produktisolierung gekoppelt mit paralleler intrazellulärer Produktneusynthese kristallisierten sich die Blakeslea trispora Halbstämme heraus. Die Resultate aus den Limitationsversuchen zeigen auf, dass die B. trispora Mischkultur aufgrund ihres hohen Carotinoid-Anteils, ihres hohen ?-Carotin-Anteils und des einfachen Handlings gegenüber den anderen Kandidaten für die Produktion von Carotinoiden als Vorzugsvariante am geeignetsten waren.
Lösliche Stärke wurde als geeignete Kohlenstoffquelle für die Produktion von Carotinoiden gefunden. Parallel dazu stellten sich Sonnenblumenöl und Biodiesel (Gemisch FAME) als effektive Extraktionsmittel für die extrazelluläre Gewinnung des Zielproduktes heraus. Das Mischsubstrat lösliche Stärke/Sonnenblumenöl wurde als effektive Kohlenstoffquelle detektiert. Konzentrationsgradienten von Anionen und Kationen, welche zwischen der wässrigen Phase und des nativen Extraktionsmittels auftreten könnten, wurden nicht beobachtet. In Mehrfachversuchen konnte gezeigt werden, dass durch die Aufhebung der Nährstofflimitation (Stickstoff, Phosphat) sowohl der intrazelluläre Carotinoid-Massenanteil stieg als auch die Carotinoid-Konzentration in der Extraktionsphase um ein mehrfaches zunahm. Ein signifikanter Einfluss von Natrium, Chlor, Sulfat, Kalium und Magnesium auf die Produktbildung wurde nicht festgestellt. Dennoch ist das Vorhandensein dieser Salze für die Aktivierung und Stabilisierung des Stoffwechselgeschehens in Blakeslea trispora essentiell.
Untersuchungen zur Substitution von komplexen Medienbestandteilen wurden durchgeführt. Sowohl in diesem Vorhaben als auch in diversen Untersuchungen anderer Forschungsgruppen konnte bisher für die Halbstämme von B. trispora kein vollständiges synthetisches Kulturmedium für ein optimales Wachstum und eine bestmögliche Produktsynthese entwickelt werden. Die Testung von alternativen Substraten aus der Biodieselherstellung (Glycerol, Rohglycerol, Glycerinwasser) wurde durchgeführt. Sowohl das Pilzwachstum als auch die Produktsynthese waren gegenüber anderen C-Quellen wie Glucose oder lösliche Stärke signifikant geringer, sodass der Einsatz mit Sekundärstoffströmen aus der Biodieselerzeugung nicht weiter verfolgt wurde.
Zur Ermittlung der apparativen und verfahrenstechnischen Bedingungen wurden ein Multifors-Rührreaktorsystem (Infors) und ein Blasensäulensystem von BBI-Biotech herangezogen. Aufgrund von Biomasseakkumulierungen an den Glaswänden, um den Rührer sowie an den Sonden (pH, pO2) konnten keine repräsentativen Untersuchungen im 1 L Multifors-System vorgenommen werden. Es zeigte sich vielmehr, dass mit dem Blasensäulensystem eine intensive Durchmischung aller Phasen mit geringen spezifischen Leistungseintrag erreichbar war.
Zur Ermittlung eines optimalen pH-Wertes für die Produktsynthese wurden Start-pH-Werte definiert und mittels NaOH oder H2SO4 statiert. Die Resultate zeigten, dass sowohl das Wachstum als auch die Produktsynthese in einem pH-Wert-Bereich von 5,6 bis 5,8 am effektivsten waren. Bei der zukünftigen Maßstabsübertragung in den Produktionsmaßstab ist während des Kultivierungsvorganges kein pH-Shift notwendig. Die für das Pilzwachstum optimale Temperatur war 28 °C. Dem hingegen lag die Temperatur zur optimalen Produktsynthese zwischen 22 °C und 16 °C. Wobei bei 16 °C geringere Biomasseakkumulierung sowie ein feineres Myzel/Pellet im System vorlag. Weiterhin wurde eine höhere Carotinoid-Konzentration im Extraktionsmittel bei 16 °C detektiert, welches auf die bessere Biomasseverteilung und somit größere Stoffaustauschfläche der Pilzbiomasse zurückzuführen ist. Ein für das 1 L Blasensäulensystem optimaler spez. Leistungseintrag (3,14 W m-3) und die ausschlaggebende Begasungsrate (2 vvm) zur optimalen Produktsynthese und Produktausschleusung wurden ermittelt. Für eine hohe extrazelluläre Carotinoid-Konzentration im Extraktionsmittel war die Zugabe des nativen Extraktionsmittels vom Beginn der Kultivierung an notwendig. Durch das Extraktionsmittel wurde die Pilzbiomasse stärker im System verteilt und es kam zu geringeren Biomasseakkumulierung im Blasensäulensystem.
Durch Zentrifugation konnten alle Phasen (wässrige Phase, Biomassephase, Extraktionsphase) ohne weitere kosten- oder zeitaufwendige Maßnahmen aufgetrennt werden, sodass für die Produktaufarbeitung im größeren Maßstab keine weiteren Verbindlichkeiten entstehen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Auf Grundlage der neuen Forschungsresultate wurde eine Patentschrift mit dem Titel VERFAHREN ZUR GEWINNUNG EINES STOFFWECHSELPRODUKTES AUS PILZZELLEN vom UFZ angemeldet (EP20214921.7). Nach der Offenlegung der Patentschrift soll eine Veröffentlichung der Ergebnisse in Fachjournals erfolgen.
Fazit
Die Entwicklung und Maßstabsübertragung eines neuartigen Bioverfahrens für Carotinoide mit In-situ-Produktisolierung wurde vom Schüttelkolbenmaßstab in einem Blasensäulensystem erfolgreich vorge-nommen. Optimale Bedingungen, welche hohe intrazelluläre Carotinoid-Ausbeuten sowie hohe Caro-tinoid-Konzentrationen in der lipophilen Phase erlauben, wurden gefunden. Die Annahme der Aus-schleusung des Zielproduktes an die Extraktionsphase sowie die parallele intrazelluläre Produktneusyn-these konnte in umfangreichen Untersuchungen bestätigt werden. Hinsichtlich der Produktausbeuten müssen weitere Untersuchungen mit Hochleistungsstämmen vorgenommen werden. Carotinoid-Kristalle konnten im extrazellulären Raum nicht detektier werden, welches auf die geringe Leistungsfä-higkeit der Blakeslea-Wildtyphalbstämme zurückzuführen ist. Untersuchungen zur vollständigen Ent-fernung der Extraktionsphase, sodass eine reine Carotinoid-Kristallfraktion vorliegt, muss zukünftig vorgenommen werden. Das Verfahren bringt neben höheren Raum-Zeit-Ausbeuten im Vergleich zu her-kömmlichen Produktionsverfahren eine Verringerung der notwendigen Nutzung von erdölbasierenden Lösungsmitteln mit sich.
Fördersumme
123.828,00 €
Förderzeitraum
01.05.2019 - 31.03.2021
Bundesland
Sachsen
Schlagwörter
Climate protection
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik