Projekt 34591/01

WIKIMooS WIssens- und KartierungsIndikatorenset MoorSubstrate

Projektdurchführung

Humboldt-Universität zu Berlin Fachgebiet Bodenkunde und Standortlehre
Albrecht-Thaer-Weg 2
14195 Berlin

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Durch Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung kommt es zu einer sekundären Veränderung der Moorsubstrate und derer wertvollen physikalischen und chemischen Eigenschaften. Deswegen ist die genaue Beschreibung dieser Veränderungen von zentraler Bedeutung für ein korrektes Management von Moorflächen im Sinne des Erhalts bzw. der Restaurierung der ökologischen Funktionen der Moorböden. In diesem Kontext wurde das Projekt WIKIMooS durch zwei Aspekte veranlasst. Erstens gab es den Bedarf, die Kriterien für die Erkennung sekundärer Veränderungen in Moorböden zu schärfen. Zweitens wurde erkannt, dass nicht alle Personen, die am Management und Schutz von Moorflächen beteiligt sind, einen leichten Zugang zu relevantem bodenkundlichem Wissen und zur Aneignung praktischer Fähigkeiten finden. Das Ziel von WIKIMooS ist dementsprechend die Erzeugung eines nachvollziehbaren Wissens- und Kartierungsindikatorensets, das von NutzerInnen mit unterschiedlich vorhandenem Hintergrund-
wissen als Tool für die Erfassung und Bewertung des aktuellen Zustands von Moorböden reproduzierbar eingesetzt werden kann. Ausgerüstet mit diesem Wissen sind dann nachfolgend fachlich begründete
Aktivitäten der Planung, Durchführung und des Managements von Mooren mit dem Ziel des Klima-, Boden- und Biodiversitätsschutzes möglich. Im Forschungsvorhaben sollte sich die Arbeit auf den Prinzipien der partizipativen, zielorientierten Projektplanung stützen.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Ablauf der Projektarbeit war zweistufig. In der ersten Phase wurde ein Netzwerk von potentiellen NutzerInnen des zu entwickelnden WIKIMooS-Tools gebildet (VertreterInnen verschiedener Strukturen aus Forschung, Verwaltung und Naturschutz). Mithilfe von Leitfadeninterviews und über Gespräche im Rahmen des ersten WIKIMooS-Workshops (Oktober 2019 in Berlin) wurden die Bedürfnisse und die Ansprüche der künftigen NutzerInnen ermittelt, sowie eine umfangreiche Sammlung potentiell relevanter Indikatoren zusammengestellt. Gemeinsam einigte man sich auch auf die Formate, die das Tool enthalten soll: ein Feldbuch und eine Serie von Anleitungsvideos für Geländemethoden.

In der zweiten Phase wurde das Tool erarbeitet. In dieser Phase wurden wiederum zwei Arbeitsstränge verfolgt: 1) die Entwicklung des Feldbuches und der Videos und 2) die Untersuchung von Labormethoden für die „Eichung“ der Geländeansprachen.

1) Der erste Arbeitsstrang umfasste folgende Aktivitäten:
• Auswahl 60 repräsentativer Standorte bundesweit;
• Aufnahme der gesammelten Indikatoren im Gelände unter Anwendung verschiedener Methoden (z.B. Flachschurf, Visual-Soil-Asessment, Quetschprobe nach von Post);
• Entnahme von Bodenproben für Laboranalysen (276 Bodenhorizonte);
• Bestimmung bodenchemischer Parameter (Gesamtkohlenstoff, organischer Kohlenstoff, Glühverlust, Gesamtstickstoff, pH) und bodenphysikalischer Parameter (Wasserretentionskurven, Trockenrohdichte, Kornrohdichte), in Zusammenarbeit mit der TU Berlin und dem LBGR Brandenburg
• fotografische Dokumentation von Gefüge- und Substratmerkmalen;
• Auswertung der im Gelände und Labor entstandenen Daten;
• Entwicklung und Testung des Feldbuches in Rahmen von mehreren Exkursionen;
• Dreharbeiten und Produktion von Videos, in Zusammenarbeit mit dem LBEG Niedersachsen.

2) Der zweite Arbeitsstrang umfasste folgende Aktivitäten:
• Explorative Testung potentieller „Eichungsmethoden“ (Einheitswasserzahl nach Ohde/Schmidt, Trockensiebung, Wasserglasmethode, Wassertropfenmethode);
• Durchführung ausgewählter Eichungsmethoden (Trockensiebung, Einheitswasserzahl nach Ohde/Schmidt, W1-Index nach Gawlik (polnisches Verfahren)), teilweise in Zusammenarbeit mit dem LBEG, der BGR und der Universität Ermland-Masuren in Olsztyn, Polen.



Ergebnisse und Diskussion

Im Laufe des Projekts wurde ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut, mit ca. 140 AnsprechpartnerInnen aus geologischen Landesämtern, Forschungsinstituten, Hochschulen, unteren Naturschutzbehörden, Naturschutzvereinen, Ingenieurbüros, sowie von Wasser- und Bodenverbänden, welche alle aus 11 Bundesländern Deutschlands und aus der Schweiz stammen. Der fachliche Austausch innerhalb des Netzwerkes bot die Möglichkeit, das Tool gemäß den Bedürfnissen und Ansprüchen potentieller NutzerInnen zu entwickeln und Kooperationen für Teilaufgaben des Projekts zu schließen.

Das Kernstück des WIKIMooS-Tools ist das als Lose-Blattsammlung aufgebaute WIKIMooS-Feldbuch zur Horizontansprache in Moorböden. Dieses besteht aus einer theoretischen Einleitung zur Bildung und Entwicklung der Moorböden und aus einem mehrteiligen Set von Steckbriefen, die im Gelände verwendet werden können (vor Nässe geschützt in Folien eingeschweißt). Der Geländeteil beinhaltet:
• 8 Steckbriefe für bodenkundliche Geländemethoden (inkl. Flachschurfmethode und Bestimmung des Humifizierungsgrades nach von Post);
• 13 Steckbriefe für Gefügeformen und einen Übersichts-Steckbrief;
• jeweils 11 Horizontsteckbriefe für Hochmoor und Niedermoor plus bildgestützte Bestimmungsschlüssel für pedogene Bereiche und Horizonte;
• 3 Steckbriefe mit zusätzlichen Bestimmungshilfen.

Das Feldbuch schlägt einige neue Begriffe und Konzepte vor, die zur sicheren Erkennung sekundärer Veränderungen in Moorböden beitragen sollen: der Reaggregierungshorizont Hg, die Gefügeformen Restgefüge und Konglomeratgefüge und die pedogenen Bereiche A, B und C. Der Hg-Horizont wird möglicherweise bereits 2023 über die 6. Auflage der Bodenkundlichen Kartieranleitung in die deutsche Bodensystematik eingeführt.

Zusätzlich zum Feldbuch wurden in Zusammenarbeit mit dem LBEG (Projekt MoorIS) allgemeine Informationsvideos über die Entstehung, Veränderung und den Wert der Moorböden, sowie Anleitungsvideos zu bodenkundlichen Methoden im Gelände produziert.

Aus der Untersuchung der „Eichungsmethoden“ ist eine Bachelorarbeit über die Verwendung der Methode der Trockensiebung für die Unterscheidung von Vererdungs- und Vermulmungshorizonten entstanden. Dabei wurde die Methode für diese Fragestellung standardisiert. Außerdem ist aus der Bestimmung der Einheitswasserzahl nach Ohde/Schmidt und des Gawlik-Index ein Datensatz entstanden, der sich für die Vorbereitung mindestens einer englischsprachigen Publikation eignet.

Der Fokus des WIKIMooS-Tools liegt auf der Ermöglichung einer sicheren Ansprache der Moorbodenhorizonte, v.a. durch die Erkennung von Gefügemerkmalen. Horizonte sind der Kernpunkt aller bodenkundlicher Aufnahmen, da die richtige Interpretation der meisten Geländeindikatoren und Laboranalysen auf der richtigen Erkennung und Ansprache von Bodenhorizonten beruht. Somit leistet WIKIMooS einen wertvollen Beitrag zur sicheren Erfassung des Zustandes der Moorböden in Deutschland. Vom WIKIMooS-Tool können verschiedene Zielgruppen profitieren. Es kann einerseits von bereits ausgebildeten
KartiererInnen als Unterstützungsmaterial für Geländearbeiten, andererseits zu Aus- und Weiterbildungszwecken (z.B. im Hochschulsystem) verwendet werden. Auch EntscheiderInnen in den unteren Behörden von Naturschutz und Bodenschutz erhalten durch die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt wertvolle Anleitungen, z.B. für fachlich korrekte Ausschreibungen oder Bewertungen von Wiedervernässungs-maßnahmen. Das Tool ist durch die gewählten Formate (bildgestützte Bestimmungsunterlagen und Videos) visuell besonders ansprechend und nutzerfreundlich. Die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse der Arbeit mit dem WIKIMooS-Feldbuch konnte im Rahmen des WIKIMooS-Netzwerks getestet und optimiert werden. In Zukunft kann das Tool auch für Standorttypen erweitert werden, die von der aktuellen Fassung nicht abgedeckt werden, z.B. mineralisch überdeckte Moore oder kohlenstoffreiche Böden, die nicht in die Definition der Moorböden fallen.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zwischenergebnisse aus dem Projekt WIKIMooS wurden auf folgenden Tagungen vorgestellt:
• DGMT-Jahrestagung 2019 in Rendsburg (Posterbeitrag)
• DGMT-Jahrestagung 2022 in Freiburg im Breisgau (Vortrag)
• DBG-Jahrestagung 2022 in Trier (Posterbeitrag).

Das WIKIMooS-Feldbuch wird online auf der Projekt-Webseite kostenlos und ohne Einschränkung allen interessierten Personen zur Verfügung gestellt. Außerdem wird das Feldbuch in mindestens 30 Exemplaren gedruckt und an Mitglieder des WIKIMooS-Netzwerkes versandt (ebenfalls kostenlos).

Die WIKIMooS-Videos werden sowohl auf der Webseite des Projekts WIKIMooS als auch auf der MoorIS-Informationsplattform (https://www.mooris-niedersachsen.de) unter den Reitern „Moorwissen“ und „Moormanagement“ verfügbar gemacht. Voraussichtlich werden die Videos jeweils in einer deutsch- und einer englischsprachigen Fassung über den offiziellen LBEG-Channel auf YouTube hochgeladen.




Fazit

Durch das Projekt WIKIMooS ist ein neues Tool für die Erkennung und Beschreibung des Zustandes von Moorböden entstanden. Die wichtigsten Elemente des Tools sind das Feldbuch zur Horizontansprache in Moorböden, sowie eine Serie von Anleitungsvideos zu bodenkundlichen Methoden bzw. von allgemeinen Informationsvideos über die Entstehung und Entwicklung von Moorböden.

Das WIKIMooS-Tool wurde in enger Zusammenarbeit mit potentiellen NutzerInnen in einem partizipativen Prozess entwickelt und beachtet somit deren Bedürfnisse und Ansprüche. Diese Tatsache und die Auswahl nutzerfreundlicher Formate tragen zu einer erhöhten Reproduzierbarkeit moorbodenkundlicher
Untersuchungen bei, unabhängig vom vorhandenen Hintergrundwissen der NutzerInnen.
Außerdem können sich die vorgeschlagenen Neuerungen im Bereich der Horizonte und Gefügeformen, sowie die standardisierten „Eichungsmethoden“ als wertvoller Beitrag zum besseren Verständnis und zur genaueren Beschreibung sekundärer Veränderungen in Moorböden erweisen.

Das WIKIMooS-Tool kann sowohl durch bereits ausgebildete KartiererInnen als Unterstützungsmaterial für bodenkundliche Geländearbeiten, als auch für die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften im Management und Schutz von Moorböden und von Studierenden an Hochschulen verwendet werden.

Übersicht

Fördersumme

172.432,00 €

Förderzeitraum

01.04.2019 - 30.09.2022

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Land use
Nature Conservation