MykoMeat – Erzeugung Vitamin B12 und Vitamin D2 enthaltender Proteine nicht tierischen Ursprungs zur Herstellung nachhaltiger Lebensmittel und als Beitrag zur Reduktion von Intensivtierhaltung
Projektdurchführung
Hochschule Hamm-Lippstadt
Marker-Allee 76 - 78
59063 Hamm
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Innerhalb des Projektes wurden Methoden zur Erzeugung Vitamin B12 und Vitamin D2 enthaltender Proteine nicht tierischen Ursprungs erforscht. Diese Proteine dienen als Baustein einer gesunden Ernährungsweise, z. B. in Fleischersatzprodukten. Die Forschungsergebnisse des Projektes tragen zu einer ressourcenschonenden Lebensmittelproduktion bei, indem alternative Nahrungsquellen erschlossen werden und dadurch die für die Fleischproduktion derzeit notwendige industrielle Nutztierhaltung reduziert wird. Durch eine Verringerung bzw. Vermeidung eines weiteren Ausbaus der Nutztierhaltung reduzieren sich auch die damit verbundenen Einflüsse auf die Umwelt, wie z. B. die Belastung der Böden und des Grundwassers durch Gülle. Zur Herstellung dieser vitaminreichen Proteine werden zudem Reststoffe aus der Landwirtschaft eingesetzt, was ebenfalls zur Ressourcenschonung beiträgt. Basis des Prozesses sind Ständerpilze (Basidiomycota), die im Bioreaktor (agro-) industrielle Nebenströme (z. B. Obst und Gemüsetrester) fermentieren. Eine weitere Aufwertung erfolgt zum einen durch Behandlung des Pilzmyzels mit UV-Licht, um das in den Pilzen enthaltene Ergosterol in Vitamin D2 umzuwandeln. Zum anderen führt die Fermentation von Cobalamin produzierenden Mikroorganismen zur Aufwertung des Produktes mit Vitamin B12. Im Labormaßstab ist das Verfahren bereits etabliert. Im Rahmen des hier durchgeführten Projektes soll ein Scale-up inklusive Optimierung des Systems erfolgen. Es soll gewährleistet sein, dass hohe Mengen des Produktes erzeugt werden können, um den geschätzten Marktbedarf decken zu können.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt gliedert sich in drei Teilprojekte:
Fermentation großer Mengen einer Co-Kultur von Pilzen und Bakterien zur Herstellung einer Proteinrohmasse (Pilz/Bakterienprotein) für die Weiterverarbeitung zu einem Fleisch-/Wurstersatzprodukt
Analyse des Pilz-/Bakterienproteins hinsichtlich enthaltener Vitamine, Geschmacksstoffe und mikrobiologischer Eigenschaften
Erstellung von Rezepturen für unterschiedliche Fleischersatzprodukte auf Basis der protein- und vitaminhaltigen Pilz-/Bakterienmasse
Alle drei Teilprojekte beginnen zunächst mit einer Konzeptionsphase. In einem ersten Schritt wurde das Konzept für den notwendigen Reaktor entworfen. Dabei wurde soweit möglich auf kommerziell erhältliche Reaktoren zurückgegriffen. Dazu wurden Fermentationen in kleineren Reaktoren durchgeführt. Im zweiten Schritt wird der Reaktor anhand verschiedener Pilz- und Bakterienkulturen evaluiert. Zunächst werden Pleurotus cornucopiae als Pilz und L. reuteri und Propionibakterium als Vitamin B12 Produzenten eingesetzt. Bevorzugtes Substrat sollte Isomaltulose (Palatinose) sein. Es werden dabei Protokolle zur Prozessführung erarbeitet. In einem dritten Schritt erfolgt dann die Optimierung des Betriebsbereiches und Überprüfung der Stoffwechselprodukte mittels verschiedener Analyseverfahren. Dazu wird ein kompletter Testlauf von der Fermentation mit Pilzen einschließlich der UV-Belichtung zur Erzeugung von Vitamin D2 und der Erzeugung von Vitamin B12 durch Mikroorganismen durchgeführt. Das erhaltene Biomassepellet wird dann in ein Fleisch- oder Wurstersatzprodukt umgearbeitet.
Ergebnisse und Diskussion
Für sämtliche Fermentationsversuche an der HSHL wurde der Rillstilige Seitling (Pleurotus cornucopiae, Synonym: Pleurotus sapidus), ein Speisepilz aus der Abteilung der Basidiomycota verwendet. Bei Quh-Lab wurden zudem weitere Stämme und Substrate verwendet. Es konnte gezeigt werden, dass unterschiedliche Feedstrategien gegenüber Batchverfahren nicht zu mehr Myzeltrockenmasse führte. Deshalb wurde sich für die Myzelproduktion auf Batchverfahren konzentriert. Als optimales Fermentationsmedium hat sich eine Mischung aus den Reststoffen Zuckerrübenmelasse und Biertreber herausgestellt . Diese nicht glucosehaltigen Komponenten neigten zu sehr wenig Schaumbildung während der Batch-Fermentation. Dadurch konnte auf Antischaummittel verzichtet und der Sauerstoffeintrag während der Wachstumsphase des Pilzes gut dosiert werden. Die Ausbeuten an lyophilisierter Trockenmasse liegen je nach Prozessführung und Fermenter bei ca. 4,5 g l?1 bis 10 g l?1 und müssen noch weiter optimiert werden. Aus Kostengründen wurden alternative Stickstoffquellen für Hefeextrakte gesucht. Durch frische Hefe sowie Trockenhefe
wurde eine ähnliche Pilzausbeute erreicht wie auch mit Biertreber. Für zukünftige Versuche und den Produktionsprozess kann daher der vergleichsweise teure Hefeextrakt durch die günstigeren Alternativprodukte ersetzt werden. Mikrobiologische Kontaminationen des Fermentationsproduktes konnten mit den gängigen Analysemethoden der Quh-Lab nicht festgestellt werden, sodass das Myzel im Hinblick auf die mikrobiologische Beschaffenheit als unbedenklich einzustufen ist. Eine Prüfung der Produkthygiene mit den bisherigen Kultivierungsmethoden ist zum jetzigen Stand nicht nötig, da die bisherigen Ergebnisse auf eine saubere Arbeitsweise hindeuten. Der Proteingehalt aus den Experimenten mit Pleurotus sapidus und einer Biertreber/Zuckerrübenmelasse-Mischung als Substrat ergaben mit ca. 40 % in der Trockenmasse und einem essentiellen Aminosäureindex (EAAi) von 97,86 und einer biologischen Wertigkeit von 94,97 die besten Werte für die Proteinausbeute und -qualität. Quh-Lab hat sich für ein neues festes Substrat und ein neues flüssiges Substrat (beide Nebenströme aus der Zuckerindustrie) entschieden und die Zusammensetzung des Mediums insoweit optimiert, damit keine zusätzliche Stickstoffquelle benötigt wird. Das Medium wird als semifestes Substrat-Medium bezeichnet. Die Nährwertanalyse zeigte einen Proteingehalt von ca. 15 % in der Trockenmasse bei den Experimenten von Quh-Lab. Die Kultivierung mit dem neuen semifesten Substrat-Medium wurde erfolgreich auf 5 l- und 30 l-Maßstäbe durchgeführt. Erste Prototypen des Endprodukts in Form von Fleischwurst, Würstchen und Burgerpatties wurden entwickelt und getestet. Für ein weiteres Scale-up wurde ein 195 l-Bioreaktor entwickelt, der sich noch in der Test- und Optimierungsphase befindet.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Jahr 2020
Das Projekt wurde im Rahmen der Bioeconomy Days 2020 (5.11. 12.11.2020): Neue biotechnologische Prozesse und Verfahren Vom Startup bis zum etablierten Unternehmen!; Biotechnologie in der Lebensmittelproduktion vorgestellt (Bioeconomy Days Handout.pdf unter https://www.hshl.de/forschung-unternehmen/forschungscluster/cluster-nachhaltige-entwicklung/themenfeld-biooekonomie/ ). Weiterhin gab es einen Fernsehbericht in der Reihe Terra Xpress des ZDF (https://www.zdf.de/wissen/terra-xpress/besser-essen-und-besser-leben-landwirte-im-stress-100.html ).
Jahr 2022
Onepager für die DBU: anschauliche Darstellung des MykoMeat Projektes für fachfremde
Personen (erstellt am 18.08.2022)
Fazit
Die Fermentationsversuche verliefen erfolgreich. Die Ausbeute der Trockenmasse von ca. 4,5 g l?1 bis 10 g l?1 ist noch zu Optimieren. Ein Betrieb ohne Schaumbildung ist möglich. Für den Vertrieb von Mykoproteinen als Lebensmittel ist wichtig, dass ein reproduzierbarer Prozess etabliert wird und alle dafür notwendigen Parameter genaustens erfasst werden. Außerdem müssen Qualitätskontrollen etabliert werden, die einerseits garantieren, dass keine Keime im so hergestellten Mykoprotein vorliegen und zum anderen auch keine Toxine unter den gegebenen Prozessbedingungen gebildet werden. Weiterhin sollte auch die Nährstoffzusammensetzung unter den gegebenen Bedingungen genau erfasst werden. Zur Beurteilung der Klimaneutralität für die Herstellung von Mykoprotein müsste ähnlich wie bei Quorn ein Klimabilanzierungsbericht erstellt werden (Carbon Trust 2022). Für den weiteren Projektverlauf ist es daher von Bedeutung, das Aminosäureprofil genauer zu untersuchen. Aufgrund des hohen Fettgehaltes ist es ebenso interessant und bedeutsam, das Fettsäurespektrum des Pilzmyzels zu analysieren und somit Aussagen über die ernährungsphysiologische Qualität zu treffen. Ebenso ist es für das Nährwertprofil releva nt, die erzielten Gehalte an den Vitaminen B12 und D2 im Pilzmyzel nach der durchgeführten Optimierung des Fermentationsprozesses zu bestimmen. Dies wird ebenfalls im weiteren Verlauf des Projektes durchführt. Weitere Schritte zur Einführung des Produkts ist -daher eine qualitätsgesicherte Produktion aufzubauen sowie Toxizitätsstudien durchzuführen und eine Zulassung nach der Novel Food Verordnung zu prüfen. Ein wesentliches Projektziel war die Erhöhung des Vitamingehalts durch Co-Kultivierung. Durch Co-Kultivierung mit den Bakterien L. reuteri und P. freudenreichii der Pilzmasse sollte der Vitamin B12-Gehalt erhöht werden. Der Vitamin B12-Gehalt wurde enzymatisch bestimmt. Es konnte bei den Kultivierungen allerdings keine Vitamin B12 Abgabe der Bakterien ins Medium gemessen werden. Im Überstand von P. freudenreichii war zwar Vitamin B12 nachweisbar, jedoch in nicht signifikanten Mengen. Da auch eine Kultivierung ohne Pilzmasse in reinem Medium der Bakterien kein Vitamin B12 nachweisbar war, wird der Abbau des Vitamins vermutet. Um die Co-Kultivierung zu optimieren müssten die Prozessparameter und vor allem das Medium noch angepasst werden. Spätere Versuche zeigen aber, dass eine sequentielle Kultivierung für einen Produktionsprozess besser geeignet sein dürfte. Messungen der Ergosterol - und Vitamin
D2 Mengen konnten innerhalb des Projektzeitraums nicht mehr durchgeführt werden. Damit ist zusammenfassend zu sagen, dass zwar eine gute Proteinausbeute bei sehr guter Proteinqualität erreicht werden konnte, jedoch keine Vitaminerhöhung durch Co-Kultivierung.
Fördersumme
426.701,00 €
Förderzeitraum
01.04.2020 - 28.02.2023
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter
Climate protection
Land use
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik