Bei der Erhaltung historischer Putzschichten, meist Träger von historischen Fassungen und/oder Malschichten, stellen sich aus konservatorischer Sicht zunehmend Fragen nach dem Umgang mit historischen Restaurierungen besonders hinsichtlich des Wirkungsgrads der damals eingesetzten Materialien. Wiederkehrend finden sich bei zahlreichen Objekten Materialablösungen (Putz-, Fassungs- und Malschichten), auch auf Grund unterschiedlicher Alterungseigenschaften, die maßgeblich durch anthropogene Einflüsse bestimmt werden. Vor allem die Anbindung von Hinterfüllmörteln an zum Teil sehr glatten Oberflächen von historischen Gips- und Kalkmörteln stellt eine große Herausforderung für die Konservierung dar. Viele der im Laufe der Restaurierungsgeschichte eingesetzten Materialen, Stichwort Altrestaurierung (damit sind historische Restaurierungen ebenso gemeint wie Maßnahmen der letzten 30 Jahre), wurden vor ihrer Anwendung gar nicht oder nur ungenügend auf ihre Verträglichkeit hin untersucht. Heutzutage steht vor dem Einsatz neuer Materialen deren vorherige umfangreiche Analyse in der Restaurierungswissenschaft an oberster Stelle. Das Ziel aller zukünftigen konservatorischen Arbeiten rund um das Zusammenwirken unterschiedlicher Mörtelsubstanzen muss sein, durch den Einsatz langfristig greifender, zerstörungsfreier Maßnahmen eine bestmögliche Materialanbindung zu schaffen. Modellhaft wurde dies in diesem Forschungsvorhaben mit einem neuartigen Bearbeitungszyklus an den wertvollen Wand- und Deckenmalereien der Schlosskapelle Bückeburg, welche stellvertretend für viele nationale Wandmalereiobjekte mit ähnlicher Schadensdimension stehen, umgesetzt. In einem interdisziplinären Forschungsvorhaben, bestehend aus drei Teildisziplinen mit unterschiedlichen technologischen Schwerpunkten wurde diese gemeinsame Entwicklung eines neuartigen Bearbeitungszyklus bei Hohlraumhinterfüllungen erforscht und umgesetzt.
• Voruntersuchung zu allen verwendeten Mörteln und Schadensfaktoren an der festgelegten Pilotfläche an den Wandmalereien der Schlosskapelle Bückeburg.
• Konzeption von verschiedenen Injektionsmörtelmischungen mit unterschiedlichen Partikelgrößen der genutzten Kieselsole und formuliertem Kalk. Untersuchung auf deren Eignung insbe-sondere in Bezug auf die Frischmörteleigenschaften (Konsistenz, Fließgeschwindigkeit, Kanülengängigkeit, Sedimentationsgeschwindigkeit, Penetrationsverhalten, Trocknungsverhalten, Anbindungsverhalten, Schrumpfungsverhalten und Verteilung im Hohlraum)
• Das Ziel der Mörteluntersuchungen war es, einen für die Wandmalereien in Bückeburg und an-dere ähnliche Objekte aus Kalk- und Gipsmörteln passenden Hinterfüllmörtel unter Einbezie-hung aller auf das Material einflussnehmenden anthropogenen Umwelteinflüssen zu konzipieren.
• Charakterisierung von Mörteln im THz-Frequenzbereich (Materialdatenbank) und Identifizierung dielektrischer Parameter, auf deren Grundlage sich eine Aussage über den Materialzustand und den Materialverbund treffen ließ.
• Anpassung von Plasma und Ozonquellen hinsichtlich Gasen, Gasströmung, elektrische Feldge-ometrie, Behandlungsdauer, Volumenströme und elektrischer Leistung zur Behandlung von Hohlräumen und der Optimierung von Haftungsverbesserungen. Insbesondere wurden die Eignung von Ozonflutung und die Entwicklung eines Ozoneinspeisungssystems für den Einsatz bei restauratorischen Arbeiten erforscht.
• Anpassung und Konfiguration einer mobilen THz-Messeinheit auf die zu untersuchenden Materi-algegebenheiten (insbesondere unebene Flächen).
• Erfassung der genauen Abmaße eines Hohlraumes zur weiteren Anpassung der Plasma- und Ozonsysteme und anschließende Überprüfung der Materialanbindung.
• Das Ziel der THz- und Plasma-Labormessungen und die Konzeption der anwendungsbezogenen modifizierten Messaufbauten war es, die erzielten Ergebnisse aus den Untersuchungen auf Problemstellungen an Objekten übertragen zu können.
• Die erzielten Ergebnisse wurden an einer Pilotfläche an den Wandmalereien in der Schlosskapelle Bückeburg in die Praxis umgesetzt.
Die Restaurierungsmaßnahmen 2014, die vor dem Projektstart durchgeführt wurden, hatten bereits gezeigt, dass der Eintrag von Mörtelmasse vor allem in geringe Risse im Putzdurch den bei hoher Luftfeuchte stark quellenden Gips in der Umsetzung herausfordernd ist. Insgesamt hat sich der entwickelte Hinterfüllmörtel in seinen Variationsmöglichkeiten als praxisorientiert, besonders auf die Problemstellung der Anbindung an verschiedene Untergründe hin gezeigt. Vor allem auch für große Hohlräume, wie in Bückeburg vorhanden, ist er je nach Herstellung unterschiedlich in Volumen und Fließgeschwindigkeit als verbindender Mörtel einzustellen. In der praktischen Umsetzung zeigte sich, dass das Vornässen der zu hinterfüllenden Hohlräume für den Fluss des Hinterfüllmörtels notwendig war, die Saugfähigkeit der Putzflächen war erheblich. Jedoch konnte das Vornässen durch die Ozonbehandlung minimiert werden, was hinsichtlich der vorhandenen Gipsputze als Ziel der Hinterfüllung anvisiert wurde. Für die Ozonbehandlung von Putzoberflächen kann nach den Untersuchungsergebnissen auf Potenzial in dessen Anwendung geschlossen werden. Vor allem bei Hinterfüllmörteln, die durch ihre Konzeption ein schwächeres Anbindeverhalten zeigten, konnten diese Mörtel durch die Ozonbehandlung des Putzuntergrundes in ihrem Anbindeverhalten optimiert werden.
Die mögliche Anwendung der THz-TDS als Monitoringverfahren zur Überprüfung von Materialablösungen konnte im Labor und am Objekt nachgewiesen werden. Mit dem Einsatz des mobilen THz-Roboterarmsystems vor Ort ließen sich THz-Messungen in Bückeburg auch an schwierigen Positionen, wie zum Beispiel unterhalb eines Rippenbogens, gut durchführen. Auch die Unebenheit der Wand stellte kein Problem für die Messungen mit dem Robotersystem dar. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit zum Messzeitpunkt und deren Einfluss auf den Putz der Wände wurden die ausgesendeten THz-Signale stark absorbiert.
Dadurch wurden die Reflexionspulse von Hohlräumen stark abgeschwächt oder vollständig absorbiert, was deren Identifikation erschwert hat. In der Auswertung der THz-Daten ließen sich dennoch Muster von Hohlräumen erkennen, welche im Rahmen der Hinterfüllmaßnahmen verschwunden sind, was auf eine Verfüllung und Anbindung hindeutet. Damit konnten solche Hohlräume zwar nur zum Teil der untersuchten und hinterfüllten Flächen erkannt werden. Man sah jedoch, dass die robotergestützte THz-Spektroskopie ein Werkzeug darstellen kann, mit dem bei passenden klimatischen Bedingungen auch an verwinkelten Stellen sowohl Hohlräume zerstörungsfrei identifiziert als auch durchgeführte Restaurierungsmaßnahmen nachfolgend überprüft werden können. Gesamt kann überlegt werden, den Messaufbau bei der untersuchten Fragestellung noch zu vereinfachen, um einen kostengünstigeren Einsatz am Objekt in der Praxis zu ermöglichen.
Die Umsetzung des Projektes, die Entwicklung eines Bearbeitungszyklus zur verbesserten Anbindung und Überprüfung von Hinterfüllmaßnahmen, konnte im Kostenrahmen durchgeführt werden. Bedingt durch die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz 2020/2021 musste lediglich die Umsetzung am Objekt zeitlich um ein halbes Jahr verschoben werden.
Insgesamt kann durch den Einsatz des Bearbeitungszyklus materialschonend, nachhaltig und effizient bei der Hinterfüllung von Hohlräumen vorgegangen werden. Eine Vorkontrolle der noch vorhandenen Anbindung kann einen unnötigen Eingriff in das Material vermindern. Ein Monitoring der Wand-und Deckenflächen ermöglicht einen gezielt zu steuernde und substanzschonenden Einsatz von konservatorisch relevanten Hinterfüllungen.
Die Forschungsergebnisse werden publiziert (peer reviewed paper in open access journals). Eine Konferenz mit dem Schwerpunkt der Darstellung von THz-TDS in der Restaurierungswissenschaft wird aktuell an der HAWK vorbereitet. Bedingt durch die Gesundheitsmaßnahmen 2020/2021 konnten die Ergebnisse nicht wie geplant auf weiteren Konferenzen präsentiert werden, dies ist aber in der nahen Zukunft anvisiert.
Ergebnisse der materiellen und technischen Entwicklung sind in die Lehre der HAWK und Philipps-Universität eingeflossen.
Insgesamt hat sich gezeigt, dass der Bearbeitungszyklus in seiner anvisierten Form durchführbar war. Kom-ponenten der Vermessung, Bearbeitung und Verfüllung greifen ineinander. Bei einer Verfüllung von Hohl-räumen von schwer zu verbinden Putzen kann dies als ein gutes Verfahren der optimierten und kontrollierten Hohlraumverfüllung gesehen werden.