Projekt 33637/01

Erhaltung und Restituierung der Artenvielfalt in den Bergwiesen des Biosphärenreservats Rhön Management der invasiven Stauden-Lupine (Lupinus polyphyllus) in einem komplexen Schutzgebietssystem

Projektdurchführung

Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement
Heinrich-Buff-Ring 26 - 32
35392 Gießen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In der Rhön führt die invasive Stauden-Lupine (Lupinus polyphyllus Lindl.) zu dauerhaften Veränderungen von Ökosystemprozessen und -funktionen (z. B. Stickstoffeintrag und Veränderung der Vegetationsstruktur). Auf den invadierten Wiesen sind eine Verschiebung der Pflanzenarten hin zu hochwüchsigen, ruderalen Artengruppen sowie ein Rückgang der Artenzahl festzustellen. In diesem Projekt wird ein Konzept zur dauerhaften Restituierung und Erhaltung des artenreichen Grünlands entwickelt und erprobt. In zwei Explorationsvorhaben von 2015-2016 wurden bereits das Ausmaß der aktuellen Verbreitung von L. polyphyllus quantifiziert, die Potentiale zur Restituierung der artenreichen Bergwiesen für die Erhaltung der Artenvielfalt abgeschätzt sowie eine mögliche energetische Nutzung des Aufwuchses analysiert. In der jetzt abgeschlossenen, ersten Hauptphase wurde die Bergwiesen-Restituierung durch die Aktivierung der Samenbank und die Übertragung diasporenhaltigen Mahdguts erprobt (AP 1), die Ausbreitungsprozesse von L. polyphyllus auf Landschaftsebene analysiert (AP 2), die Effekte eines für die Reduktion von L. polyphyllus geeigneten Schnittregimes auf die bioenergetische Verwendung des jährlichen Grünschnitts von Bergwiesen untersucht (AP 3) und die Erfassung der Dynamik von L. polyphyllus durch Methoden der Ferner-kundung erprobt (AP 4).


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Untersuchungsgebiet liegt im Naturraum der Hohen Rhön.
AP 1: Mögliche Spenderflächen für die Mahdgutübertragung wurden identifiziert. In einem Feldexperiment wurde die Bergwiesen-Restituierung durch die Aktivierung der Samenbank und die Übertragung diasporenhaltigen Mahdguts erprobt.
AP 2: Für die Untersuchungen zur Ausbreitungsbiologie von L. polyphyllus wurden unterschiedliche Vektoren und Ausbreitungswege (Ballochorie, Hemerochorie, Zoochorie, Hydrochorie) analysiert.
AP 3: Die Auswirkungen des Schnittzeitpunktes und des L. polyphyllus-Anteils wurde unter Berücksichtigung der Gründlandvegetationstypen auf die Parameter der energetischen Verwertbarkeit untersucht.
AP 4: Die Untersuchungsflächen wurden mit Hilfe eines 3D-Laser, eines Feldspektrometers sowie drohnenbasierter RGB-, Thermal- und Hyperspektralsensoren fernerkundlich vermessen.


Ergebnisse und Diskussion

AP1 – Bergwiesen-Restituierung durch Mahdgutübertragung und Aktivierung der Samenbank
Geeignete Spender- und Empfängerflächen für die Bergwiesen-Restituierung wurden identifiziert. Dadurch konnte der Versuch zur Aktivierung der Samenbank und Mahdgutübertragung wie geplant durchgeführt werden. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Vegetationstypen trotz der starken Eingriffe erhalten blieben. Weiterhin zeigt sich eine große Variabilität hinsichtlich der Deckung von L. polyphyllus auf den Untersuchungsflächen. Dies weist darauf hin, dass neben den angewandten Behandlungen der Flächen die Witterung einen großen Einfluss auf die L. polyphyllus-Deckung hat.
AP2 – Ausbreitungsprozesse von L. polyphyllus auf Landschaftsebene:
Das Selbstausbreitungspotential (Ballochorie) von L. polyphyllus ist sehr hoch, die Samen werden im Freiland drei Meter weit geschleudert, die Samenschüttung erfolgt über mehrere Monate. Bei der Ausbreitung über Schafkot (Zoochorie) konnten nur wenige Individuenzahlen nachgewiesen werden. Bei der Beprobung der Mähwerke (Hemerochorie) wurden im ersten Untersuchungsjahr nur wenige Individuen nachgewiesen. Bei einer erneuten Beprobung im Jahr 2019 wurden bei späteren Mahdterminen allerdings deutlich mehr L. polyphyllus-Samen nachgewiesen, das Ausbreitungspotential ist also stark von der Phänologie zum Zeitpunkt der Mahd abhängig. Bei der Ausbreitung über Gewässer (Hydrochorie) konnte nur eine mäßige Schwimmfähigkeit von L. polyphyllus-Samen nachgewiesen werden, auch im Freiland wurden nur wenige Samen nachgewiesen.
AP3 – Effekte des Schnittregimes auf die bioenergetische Verwendung des Bergwiesen-Grünschnitts
Der Schnittzeitpunkt hatte keinen maßgeblichen Effekt auf den Heizwert der Biomassen, welcher im Mittel zwischen 15.5 (Goldhaferwiese) und 17.8 MJ KG-1 TM (Borstgrasrasen, BGR) lag. Einen Effekt des L. polyphyllus-Vorkommens auf den Heizwert gab es nur für die Biomassen aus BGR. Durch Aufbereitung der lupinendurchsetzten Biomassen mittels IFBB-Verfahren konnte deren Heizwerte signifikant erhöht werden. Die Vergärung der Biomasse in Batchversuchen erbrachte eine Methanausbeute der Silage von 190 bis 230 IN kg-1 oTS. Hierbei hatte werden der Schnittzeitpunkt noch das Vorkommen von L. polyphyllus einen signifikant negativen Effekt. Eine anaerobe Vergärung des Presssaftes (IFBB) erbrachte eine Methanausbeute zwischen 260 bis 330 IN kg-1 oTS. Ein Dauerversuch konnte zusätzlich zeigen, dass der spezifische Biogasertrag des lupinendurchsetzten Materials höhe war als des Reinbestandes von BGR.
AP4 – Erfassung der Dynamik von L. polyphyllus durch Methoden der Fernerkundung
Für die Auswertung der Fernerkundungsdaten wurde einerseits auf Daten der Explorationsphase zurückgegriffen, als auch auf neu erhobene Daten aus dem Jahr 2017 und 2018. Mit Hilfe multivariater statistischer Methoden und diverser aus dem 3D Laser- sowie hyperspektralen Drohnendaten abgeleiteten Informationen, konnte ein sehr guter Zusammenhang mit destruktiv gemessenen Biomassewerten (Frisch und Trocken) indiziert werden. Die bisherigen Ergebnisse liefern eine Grundlage für die Erstellung eines Prognosemodells sowie für einen Potentiellen Monitoringansatz der Lupine (AP5 im folgenden Projekt).



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

In der ersten Hauptphase wurde eine gemeinsam gestaltete Website für das Projekt auf den Plattformen der Universitäten JLU Gießen und Kassel eingerichtet. Insgesamt wurden neun Bachelor- und vier Masterarbeiten betreut. Drei internationale und zwei deutschsprachige Veröffentlichungen wurden publiziert. Sechs weitere Artikel sind eingereicht oder in Bearbeitung. Zwei Workshops wurden 2019 organisiert: im Mai "Fernerkundung im Naturschutz - Kontrolle invasiver Arten und Erhalt der Biodiversität" und im Juni "Management invasiver Pflanzenarten in Bergwiesen-Ökosystemen".


Fazit

Die erste Hauptphase des Projekts zur Erhaltung und Restituierung der Artenvielfalt in den Bergwiesen das Biosphärenreservats Rhön ist planmäßig und erfolgreich verlaufen.
AP 1: Bergwiesen-Restituierung durch Mahdgutübertragung und Aktivierung der Samenbank ist möglich, allerdings ist zu beachten, dass die Witterung starken Einfluss auf den Ansiedlungsverlauf hat.
AP 2: Das Potential zur Selbstausbreitung der Lupine ist hoch, eine späte Mahd trägt stark zur Ausbreitung bei. Die Ausbreitung über Schafkot findet im Gelände zwar statt, ist aber deutlich seltener, die Ausbreitung über Gewässer spielt keine übergeordnete Rolle.
AP 3: Mittels IFBB wird die Qualität der flüssigen und festen Bestandteile erhöht sowie weist das Verfahren über alle Grünlandstandorte hinweg eine höhere Umwelt- und Primärenergieeinsparungen auf. Damit stellt das IFFBB eine bessere Option im Vergleich zur bisher alleinigen anaeroben Vergärung dar.
AP 4: Die Nutzung von 3D Laser- sowie Hyperspektralinformationen ermöglicht die Berechnung sehr guter Ertragsmodelle. Diese können weiterführend in ein zukünftiges Prognosemodell einfließen und zu potenziellem Lupine-Monitorin eingesetzt werden.
Die Voraussetzungen für die Durchführung von AP 5 (Synthese der Daten) und AP 6 (Akteursnetzwerk-Bildung) wurden geschaffen.

Übersicht

Fördersumme

459.000,00 €

Förderzeitraum

01.04.2017 - 31.08.2019

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Kulturgüter
Land use
Nature Conservation