Emissionsaufkauf durch Schornsteinfeger für energetische Verbesserungen in Anlagentechnik und Gebäudehülle (EmSAG)
Projektdurchführung
Landesinnungsverband des
Schornsteinfegerhandwerks Hessen
Am Sportplatz 1 a
36179 Bebra
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Um der Erderwärmung gegenzusteuern, ist in Kyoto vereinbart worden, die CO2-Belastung der Atmosphäre bis 2012 um 21% zu reduzieren. Die anthropogene CO2-Belastung der Atmosphäre rührt jeweils zu etwa 1/3 aus dem Bereich der Industrie, dem Verkehr, Haushalten und Kleingewerben her.
Seit etwa 1970 wird in Deutschland versucht, die Umweltbelastungen über das Ordnungsrecht zu mindern.
Viele Bereiche sind jedoch durch das Ordnungsrecht nicht zu erreichen, auch hat sich das Verhalten gegenüber diesem Instrumentarium verändert, sodass deutliche Tendenzen hin zur Deregulierung zu erkennen sind bzw. auch gesellschaftlich akzeptiert werden.
Es soll herausgefunden werden, ob der Emissionshandel (in einer neuen Form) auch auf Kleinemittenten übertragbar ist.
Anders als durch das Ordnungsrecht können durch den Emissionshandel zusätzliche bzw. freiwillig eingesparte CO2-Mengen generiert werden. Die Idee des Emissionshandels ist, dass durch den Handel die jeweils günstigste Tonne CO2 eingespart wird. Eine weiter Zielsetzung ist die Belohnung (Vergütung/Verkauf der eingesparten CO2 Mengen) für die Durchführung von CO2-mindernden Maßnahmen.
Als nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt wird eine Marktbelebung (insbesondere für das Handwerk) stattfinden.
Es gibt derzeit kein anerkanntes Zertifizierungssystem für CO2-Emissionen bei Kleinemittenten. In dem Modellprojekt EmSAG sollausprobiert werden, inwieweit die Energiepässe - die ab 2006 in der EU vorgeschrieben sind - geeignet sind, CO2-Einsparungen zu zertifizieren.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen des Modellprojektes sollen die Objekte, von denen im Schornsteinfegerhandwerk schon Daten (durch die Vergangenheit und im Projektzeitraum durch gepr. Gebäudeenergieberater im Handwerk ausgestellte Energiepässe) vorhanden sind oder noch erfasst werden, erneut untersucht werden. Für dies Objekte, insbesondere bei denen CO2-relevante Maßnahmen durchgeführt wurden, sollen erneut Energiepässe ausgestellt werden.
Aufgrund der für die Ausstellung von Energiepässen verwendeten Software (die für diesen Zweck im Rahmen des Projektes angepasst werden wird) lässt sich belegen, welche CO2-Minderungen aufgrund freiwilliger oder welche aufgrund von gesetzlichen Vorgaben, die CO2-Blianz des Objektes verbessert hat.
Bei der erneuten Ausstellung eines Energiepasses werden die zusätzlich eingesparten CO2-Mengen zertifiziert.
Die in den Einzelobjekten eingesparten CO2-Mengen sollen dann, im Rahmen des Modellprojektes, zusammengefasst (gepoolt) werden, um damit eine Schnittstelle zum Emissionshandel in der Industrie bzw. zur Carbon-Börse-Leipzig bzw. London zu bilden und ggf. als Nationales Ausgleichsprojekt zu dienen.
Das Projekt soll über die gesamte Laufzweit von 36 Monaten wissenschaftlich begleitet und die Zielerreichung evaluiert werden. Die Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluierung ist es
durch Know-how-Transfer den aktuellen energiewirtschaftlichen Kontext zum Emissionshandelssys-tem sicherzustellen.
an Maßnahmen zur Poolbildung mitzuwirken z. B. zur Frage der Einbeziehung von durch andere Zertifizierer (Energiepassaussteller, Contraktoren etc.) initiierte CO2-Einsparungen zu Möglichkei-ten der Verrechnung, Vergütung und Abwicklung.
an der Validierung eingesparter CO2-Mengen mitzuwirken
Erkenntnisse zur Akzeptanz des Kleinverbraucher-Emissionshandelssystems zu gewinnen.
Das Projekt bzw. die zugrunde liegende Idee soll im laufenden Projekt verschiedenen Entscheidungs-Gremien vorgestellt werden. Ziel soll hierbei sein u. a. der Kommission der Europäischen Union auf zuzeigen, wie Haushalte (und kleine und mittlere Unternehmen) in die EU-Emissionshandelsrichtlinie eingebunden werden können. Desweiteren soll das Projekt Anregungen zur Umsetzung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden geben.
Ergebnisse und Diskussion
Das Modellprojekt hatte nicht zur Zielvorgabe ein zum hessischen Gebäudebestand möglichst vergleichbares Szenario zu untersuchen. Vielmehr sollte ein repräsentatives Bild der von den Bezirksschornsteinfegermeistern und Gebäudeenergieberatern in der Praxis bearbeiteten Wohngebäude entstehen. Obwohl es Abweichungen zwischen der typologischen Aufteilung des hessischen Gebäudebestandes und der des Modellprojektes gibt, sind diese nicht eklatant.
Es ist anzunehmen, dass die geringe Anzahl von Gebäuden mit zwei Wohnungen im Modellprojekt daher rührt, dass die Gebäude mit Einliegerwohnungen oftmals als Gebäude mit lediglich einer Wohnein-heit von den Bearbeitern erfasst wurden. Auf die Wichtigkeit der exakten Erfassung hatten wir diesbe-züglich im Vorfeld nicht explizit hingewiesen. Die Häufung von Gebäuden mit drei und mehr Wohneinheiten sehen wir in den hohen Umsetzungsraten in der Wohnungswirtschaft und der daraus resultierenden größeren Teilnahmebereitschaft begründet.
Die CO2-Bilanz des Modellprojektes zeigt deutlich das Potential von energetischen Sanierungen im Wohngebäudebereich. Von den mehr als 4.500 Tonnen jährlicher CO2-Emissionen wurde weit über die Hälfte eingespart. Von dieser Gesamteinsparung von über 2.500 Tonnen erfolgte nahezu die Hälfte oh-ne eine staatliche Förderung oder aufgrund von gesetzlichen Anforderungen.
Ausgehend davon, dass ein durchschnittlicher Bundesbürger jährlich 11 Tonnen CO2 emittiert, würde die energetische Sanierung eines durchschnittlichen Bestandsgebäudes des Modellprojektes dies mehr als kompensieren. Um Aufschluss über das Potential der einzelnen Wohnungstypen zu geben wurde die CO2-Bilanzen entsprechen differenziert.
Die Übersicht der durchschnittlichen CO2-Bilanzen der Gebäudetypen zeigt anschaulich den steigenden CO2-Ausstoß in Abhängigkeit von der Gebäudegröße. Die Übersicht zeigt auch, dass in allen Gebäudetypen der CO2-Ausstoß um nahezu die Hälfte und mehr gesenkt werden konnte. Je kleiner die Gebäude, desto größer das Einsparpotential aufgrund des A/Ve-Verhältnisses.
Es zeigt sich, dass in den Gebäuden des Modellprojektes von den Ein- und Zweifamilienhäuser annä-hernd doppelt so viel CO2 pro Quadratmeter gemindert wurde wie in den Gebäuden mit 3 Wohnungen und mehr.
Für die Erstellung von Energiebilanzen gibt es zwei verschiedene Erfassungsmethoden nach der Energieeinsparverordnung, die Bedarfserfassung sowie die Verbrauchserfassung. Analog zur Diskussion um Gebäudeenergieausweise auf Bedarfs- oder Verbrauchsbasis stellten auch wir uns die Frage, welche der Erfassungsmethoden denn die sinnvollere und zielführende für die Teilnahme am Emissionshandel mit Kleinemittenten aus dem Wohngebäudesektor wäre. Unter der Zielvorgabe, dass durch den Emissi-onshandel Investitionen in die Gebäudehülle und die Anlagentechnik honoriert werden sollen und nicht ein eingeschränktes Benutzerverhalten, kam für uns nur die Bedarfserfassung in Frage. Es können sowohl auf der Basis der Verbrauchserfassung als auch der Bedarfserfassung Gebäudeenergieausweise erstellt, CO2-Bilanzen ermittelt und darauf basierend CO2-Minderungen im Zuge einer Vorher-Nachher-Betrachtung berechnet werden. Auch wäre der Verbrauchsausweis mit ca. 60,- Euro vergleichsweise günstig gegenüber einem Bedarfsausweis mit Kosten von ca. 180,- Euro. Dennoch gab es gute Gründe die Bedarfserfassung der Verbrauchserfassung vorzuziehen. Zum einem hätte eine Verbrauchserfassung bedeutet, dass für die Erstellung des Referenzszenarios vor der energetischen Sanierung, die Sanierungsausführung um mindestens ein Jahr verzögert worden wäre. Im Falle des Emissionshandels würde dies ebenfalls zu einer Verzögerung der Wertschöpfung um die entsprechende Referenzzeit führen und den höheren CO2-Ausstoß verlängern. Im Gegensatz hierzu könnten bei einer Bedarfserfassung die Teilnehmer unverzüglich mit der Ausführung der energetischen Sanierungmaßnahmen beginnen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Beraten und mit Abgasen handeln - Fegen ist nur eine von vielen Tätigkeiten der Schornsteinfeger, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.10.2006
Mit Abgas an die Börse - Wer Kohlendioxid-Ausstoß verringert, spart und verdient Geld, Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 18.06.2007
Emissionshandel ganz privat, DBU aktuell Nr.6, Juni 2007
Hessisches Schornsteinfegerhandwerk - Woche der Umwelt - Auf großes Interesse des Fachpubli-kums stieß anlässlich der Woche der Umwelt in Berlin im Schlossgarten Bellevue das Pilotprojekt (EmSAG) des hessischen Schornsteinfegerhandwerks, Deutsche Handwerkszeitung, 13.7.2007
Pilotprojekt (EmSAG) des Hessischen Schornsteinfegerhandwerks bei der Woche der Umwelt in Berlin, Schornsteinfegerhandwerk, 08/2007
Sechs Milliarden Emissionshändler - [..] Im Projekt zertifizieren Schornsteinfeger CO2-Einsparungen, die Privathaushalte durch Isolierung oder Modernisierung ihrer Heizungsanlage er-zielen. [..], UMWELT kommunale ökologische Briefe, Nr. 22/ 31.10.2007
Bebraner holen hessenweit den zweiten Platz - [..] Damit belohnte die Jury die Schornsteinfege für den erfolgreichen Verkauf von Emissionsgutschriften zu Gunsten des Klimaschutzes. [..], Hessi-sche/Niedersächsische Allgemeine, 30.11.2007
Landesinnungsverband Hessen: Hessisches Schornsteinfegerhandwerk erhält hohe Auszeichnung - [..] Im Rahmen diese Projektes werden Gebäude durch eine vorher-nachher Studie auf ihre veränderte CO2-Bilanz untersucht. [..], Schornsteinfegerhandwerk, 01/2008
Klimaschutz soll sich auszahlen - [..] Wer seinen Haushalt klimafreundlich ausrüstet und CO2 einspart, soll künftig auch finanziell davon profitieren. [..], hr-online.de, 28.06.2008
Privater Emissionshandel gefordert - Wer im eigenen Haushalt CO2 einspart, soll nach dem Willen der hessischen Schornsteinfeger durch privaten Emissionshandel davon profitieren. [..], journal FRANKFURT online, 29.06.2008
Klimaschutz soll sich auszahlen - [..] Hessens Schornsteinfeger wollen Privathaushalte am Emissionshandel beteiligen., tagesschau.de, 29.06.2008
Klimaschutz fängt im eigenen Haus an - Wörsdorfer erhält Zertifikat für CO2-Minderung / 200 Privathaushalte bei Pilotprojekt dabei, Idsteiner Zeitung, 30.06.2008
Der Häuslebauer als Emissionshändler, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.6.2008
Klimaschutz fängt im eigenen Haus an, Main-Rheiner, 30.6.2008
Emissionshandel auch für Privathaushalte, Frankfurter Rundschau, 30.6.2008
Fazit
Durch die ca. 20 Mio. Wohngebäude mit 38 Mio. Haushalten wurden 2004 in Deutschland inkl. Fern-wärme 168 Millionen Tonnen CO2 emittiert, etwas mehr als durch die deutsche Industrie (162,1 Mio. Tonnen). Von der von Wohngebäuden emittierten CO2-Menge könnte mehr als die Hälfte durch energetische Sanierungsmaßnahmen eingespart werden. Um dieses Potential vermehrt zu erschließen, beziehungsweise Impulse hin zu einer Erhöhung der Umsetzungsraten energetischer Sanierungsmaßnahmen zu setzen, stehen dem Gesetzgeber Instrumente aus drei Bereichen zur Verfügung:
a) Ordnungspolitische Instrumente (z. B. die Energieeinsparverordnung),
b) Finanzierungsinstrumente (z. B. Förderprogramme),
c) Motivations- und Informationsinstrumente (z. B. Energieberatung und Informationskampagnen).
Das Projekt EmSAG baut auf der Tradition des Umweltschutzes des Schornsteinfgerhandwerks auf, fügt sich als Glied in den ständigen Wandel der zeitgemäßen Aufgabengebiete im Rahmen der neutralen Beratung ein und trägt dem hohen Ausbildungstand innerhalb des Schornsteinfegerhandwerks Rechnung. Der erste Schritt ist mit dem Abschluss des Modellprojektes getan. Wir sind bereit für die praktische Umsetzung.
Fördersumme
40.000,00 €
Förderzeitraum
14.09.2005 - 31.12.2008
Bundesland
Hessen
Schlagwörter
Climate protection
Land use
Umweltforschung
Environmental communication