Wissenstransfer für das methodische Vorgehen bei der Aufstellung von regionalen Abfallwirtschaftsplänen am Beispiel eines Komitats in Ungarn
Projektdurchführung
CONZEPT
Gesellschaft für Unternehmensberatung mbH
Kleefeld 56
45481 Mülheim
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Im Rahmen des EU-Beitritts und den Vorgaben des nationalen Abfallwirtschaftsplanes aus dem Jahr 2000 sind die 21 Komitate Ungarns als Regionalverwaltungen dazu verpflichtet, einen regionalen Abfallwirtschaftsplan aufzustellen. Erstmalig sollen hierin die bisher für Gesamtungarn nur in sehr pauschalen Ansätzen vorliegenden Angaben zum Abfallaufkommen, zur Abfallmengenentwicklung und zur technischen Ausgestaltung des abfallwirtschaftlichen Systems durch konkrete, regionale Daten und Planungsansätze ersetzt werden. In Zusammenarbeit mit dem ungarischen Umweltministerium sollte am Beispiel des Komitats Szabolcs-Szatmár-Bereg ein solcher Abfallwirtschaftsplan erarbeitet und dabei das Wissen zur Erstellung derartiger Pläne an die MitarbeiterInnen des Inspektorats, als ausführender Regionalbehörde, transferiert werden. Neben der praktischen Bearbeitung des Plans sollte der Wissenstransfer im Rahmen von Workshops erreicht werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas mit den Vertretern des ungarischen Umweltministerium ausgewählte Komitat Szabolcs-Szatmár-Bereg liegt in Ostungarn an der ukrainischen-rumänischen Grenze. Es umfasst eine Fläche von 5.937 km² und hat 598.746 Einwohner (5,8 % Ungarns). Das Komitat wird von 226 Gemeinden gebildet. Die Komitatshauptstadt ist Nyíregyháza mit ca. 118.000 Einwohnern.
Den Kernpunkt des Projektes bildete die Erfassung, Zusammenstellung, Plausibilitätsprüfung des Datenmaterials zum Abfallaufkommen, zur Abfallzusammensetzung und zur Beschreibung des aktuellen Entsorgungssystems.
Darauf aufbauend wurde eine Abfallmengenprognose bis zum Jahr 2020 entwickelt. Im nächsten Schritt wurden dann insgesamt 4 technische Varianten zur Vorbehandlung des Restabfalls entwickelt und vorgestellt. Den Abschluss des Projektes bildete eine Zeit- und Maßnahmenplanung.
Begleitet wurde das Projekt von insgesamt 3 Workshops, auf denen einerseits die Ergebnisse der Bearbeitung vorgestellt, andererseits die Teilnehmer in die Diskussion über die Festlegung von Getrennterfassungsquoten, Abschätzung der Kosten und Kooperationsmöglichkeiten in einem Entsorgungsverbund einbezogen wurden.
Ergebnisse und Diskussion
Im Rahmen der Datenrecherche und Plausibilitätsprüfung ergab sich, dass die bis dato verwendeten Mengenansätze (volumetrische einwohnerspezifische Angaben) zukünftig zu einer Überschätzung des Abfallaufkommens geführt hätten. Die verwendete, zentral vorgegebenen einwohnerspezifischen Mengenangaben, und hier insbesondere für Haumüll, entsprachen nicht den tatsächlich vor Ort ermittelten Mengen. Weiterhin wurde sichtbar, dass das Abfallaufkommen nur für grob gegliederte Abfallgruppen bekannt war.
Durch die intensive Datenrecherche in der Anfangsphase des Projektes konnte gezeigt werden, dass die Datenbasis ausreichte, um eine erste in sich konsistente Abfallbilanz des Komitats zu erstellen. Hierzu trug insbesondere die gute Datenverfügbarkeit der Deponie in der Komitatshauptstadt Nyíregyháza bei (Wiegedaten). Für den Hausmüll, mengenmäßig wichtigste Abfallart, wurde bei einem Anschlussgrad der Bevölkerung an die öffentliche Abfallentsorgung von 76 % eine erfasste Menge von 131.479 Mg/a für 2001 ermittelt (entspricht 220 kg/E*a). Bezogen auf einen Anschlussgrad von 100 % liegt das spezifische Aufkommen bei 289 kg/E*a Hausmüll (2001). Besonderes Charakteristikum der Abfallwirtschaft im Komitat ist, dass neben 8 genehmigten Deponien noch 112 z.T. sehr kleine Gemeindedeponien (Abfallhalden) betrieben werden.
Die Abfallmengenprognose wurde für einen Zeitraum bis 2020 in einem Hoch- und Niedrigszenarium erstellt (hohe bzw. niedrige Restabfallmengen nach Verwertung). In das Prognosemodell wurde der Einfluss der Bevölkerungsentwicklung, der sozio-ökonomischen Entwicklung, die Veränderung des Anschlussgrades und die Getrennterfassungsquoten auf die Abfallmengen für jede Abfallart abgeschätzt. Das Prognoseergebnis zeigt, dass die Steigerung des Anschlussgrades von derzeit 76 % auf 100 %, gemäß der Ziele der nationalen Planung, die Abfallmengenentwicklung sehr stark beeinflusst. Durch diese Steigerung der Abfallmengen geht der Effekt der Abfallverringerung, der durch die Einführung einer Getrennterfassung erzielt werden kann, zunächst verloren und schlägt sich positiv erst nach 2010 nieder.
Für die Entwicklung der technischen Varianten wurde auf die prognostierte Abfallmengenentwicklung des Hochszenariums zurückgegriffen. Insgesamt wurden 4 Varianten entwickelt: (1) Deponierung als Vergleichsvariante (gesetzlich nicht mehr zugelassen); (2) thermische Behandlung; (3) Kombination aus mechanisch-biologischer Behandlung und thermischer Behandlung im Komitat (4) thermische Behandlung außerhalb des Komitats (Verbundlösung mit anderen Komitaten) und mechanisch-biologische Behandlung im Komitat. Für alle Varianten wurden erste Vorschläge für die Auslegung der Anlagen und der notwendige Deponiebedarf erarbeitet. Weiterhin wurde der Bedarf für die Behandlung von Bioabfällen/Grünschnitt ausgewiesen. Die Planung ergab, dass unter den vorgegebenen abfallwirtschaftlichen Zielen der vorhandene Deponieraum von ca. 1,9 Mio. Mg (Stand 2001) bis zum Jahr 2020 ausreicht.
Der Wissenstransfer zu den Themen Bearbeitungstiefe, Datenstrukturierung, Zielsetzung, Berechnungs- und Schätzverfahren sowie zu strategischen Fragen der Systemgestaltung konnte so insbesondere durch die aktive Teilnahme der InspektoratsmitarbeiterInnen während des Bearbeitungsprozesses und der Teilnehmer während der Workshops gewährleistet werden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Das Projekt wurde im Rahmen der Ökotech-Messe in Budapest vom 15.10.- 18.10.02 und in 3 Workshops mit Teilnehmern aus dem Komitat vorgestellt (Jun 2002, Sep 2002 und Feb 2003).
Fazit
Mit dem vorliegenden Projekt konnten gemeinsam mit den MitarbeiterInnen des ungarischen Umweltministeriums und des Komitats Szabolcs-Szatmár-Bereg die Grundzüge eines regionalen Abfallwirtschaftsplans entworfen werden. Es zeigte sich, dass die ungarnweit vorgegebenen Kennwerte zur Charakterisierung der regionalen abfallwirtschaftlichen Verhältnisse nicht geeignet sind. Durch den gemein-samen Bearbeitungsprozess ergibt sich noch folgender Handlungsbedarf:
· Vertiefung des Methodenverständnisses zur Planerstellung durch weitere Schulung der Mitarbeiter/-innen bei den Komitatsverwaltungen und Gemeinden,
· Durchführung und Auswertung von Abfallanalysen,
· Entwicklung von Deponieschließungskonzepten,
· weiterer Wissenstransfer zum Thema Investitionskosten- und Betriebskostenschätzung im Rahmen abfallwirtschaftlicher Planungsprozesse und Darstellung der Einflüsse auf die Entsorgungsgebühren,
· rechtliche und strategische Aspekte der Zweckverbandsgründung (komitatübergreifend).