Projekt 17954/01

Entwicklung eines Schlammspiegelreaktors (SSR) zur Durchführung anaerober und anoxischer Abwasserreinigungsprozesse im produktionsintegrierten Industriebereich (1. Projektabschnitt)

Projektdurchführung

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen Institut für Siedlungswasserwirtschaft
Mies-van-der-Rohe-Str. 1
52074 Aachen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Reinigung der Abwässer und die Entsorgung der anfallenden Reststoffe stellen einen zunehmend an Bedeutung gewinnenden Kostenfaktor bei der Abwasserreinigung im kommunalen und industriellen Bereich dar. Mit Hilfe der betrachteten Verfahrensentwicklung sollten die entstehenden Energie- und Entsorgungskosten minimiert und im Bereich der Industrieabwasserbehandlung eine Verstärkung des produktionsintegrierten Umweltschutzes erreicht werden. Ziel war die Entwicklung eines Schlammspiegelreaktors zur Durchführung anoxischer oder anaerober Abwasserreinigungsprozesse. Die untersuchte Technik sollte zu einer einfacheren Anlagentechnik und Betriebsführung im Vergleich zu ähnlich ange-legten Reaktortechniken führen. Dadurch konnte weiterhin die Auslastung und Betriebssicherheit der Anlage steigen und eine aufwändige Personalschulung konnte entfallen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurde bei der untersuchten Verfahrens- und Reaktortechnik auf die Trennung des klassischen 3-Phasengemisches im Reaktionsbereich (wie z. B. beim UASB-Reaktor) sowie den Einsatz von Wirbelbettmaterialien verzichtet. Der Reaktor und die Nachklärung sind in einer Einheit zusammengefasst. Die Gasphase wird oberhalb des Schlammbettes abgetrennt, so dass im Schlammspiegelreaktor eine Flotation der Feststoffe vermieden wird. Für die spätere großtechnische Umsetzung wäre daher eine Reaktorhöhe von 10 bis 12 m vorzusehen. Die Höhen der im Vorhaben eingesetzten Versuchsanlagen lagen zwischen 3,40 m und 7,00 m.
Im Zuge eines effizienten Forschungs- und Entwicklungsablaufs wurden die Einflussfaktoren auf die Anlagenauslegung und -entwicklung an drei Hochschulen parallel untersucht. An der TUHH Tech GmbH wurde die Denitrifikation untersucht, am ISAH der Universität Hannover die anaerobe Kohlenstoff- und Stickstoffelimination und am ISA der RWTH Aachen wurde auf die Reaktortechnik und Betriebsführung eingegangen. Am Ende dieser ersten Projektphase wurden interessierten deutschen Unternehmen im Rahmen eines Workshops die Projektergebnisse vorgestellt und Möglichkeiten ihrer Beteiligung in einer 2. Projektphase diskutiert. In einer 2. Phase sollten mit Industriebeteiligung umfangreiche Pilotversuche durchgeführt und im halbtechnischen Maßstab Betriebsparameter sowie technische Detailfragen bear-beitet und optimiert werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchungen verliefen in allen drei Projektbereichen erfolgreich. Insbesondere hinsichtlich der untersuchten Verfahrenstechnik, Schlammbettausdehnung und Gasproduktion ergänzen sich die Ergebnisse. Zentrale Erträge der Untersuchungen sind demnach, dass die grundsätzliche verfahrenstechnische Funktionsfähigkeit des Schlammspiegelreaktors nachgewiesen werden konnte, so dass nun konkrete verfahrenstechnische Erkenntnisse hinsichtlich des Betriebs sowohl unter anaeroben als auch unter anoxischen Betriebsbedingungen vorliegen. Weiterhin konnte aufgezeigt werden, dass die Schlammbettausdehnung vom TS-Gehalt im Reaktor und der gewählten Aufstromgeschwindigkeit abhängig ist und durch lineare Funktionen annähernd genau beschrieben werden kann. Ferner kann die Gasproduktion in Abhängigkeit von den vorliegenden Betriebsbedingungen (anaerob, anoxisch) angegeben werden. Im Einzelnen ergeben sich folgende Ergebnisse:
Verfahrenstechnik: Der für die Untersuchungen eingesetzte Kunstschlamm wies eine gute Übereinstimmung mit dem Absetz- und Fließverhalten belebter Schlämme auf. Er entsprach dagegen nicht den Absetz- und Fließeigenschaften pelletartiger anaerober Schlämme. Die Schlammbettexpansion war mit dem Kunstschlamm gezielt steuerbar. So konnten Zusammenhänge zwischen Schlammbettexpansion, TS-Gehalt im Reaktor und der Aufstromgeschwindigkeit nachgewiesen werden, die sich durch Funktionen annähernd genau ausdrücken lassen. Hinsichtlich des notwendigen Überdruckes zur blasenfreien Durchströmung des Schlammbettes sind angesichts des Einsatzes von inertem Kunstschlamm noch keine detaillierten Aussagen möglich. Die Ausgasung ist für den Einsatz biologischer Schlämme bei einer Reaktorhöhe von 10 - 12 m noch weiter zu untersuchen.
Anaerobe Betriebsweise: Die im Vorfeld vorgenommenen theoretischen Betrachtungen und Berechnungen bezüglich der Gasproduktion, der Rezirkulationsrate und der Schlammbettausdehnung konnten in den Versuchen bestätigt werden. Die Schlammbettausdehnung steigt linear mit zunehmender Aufstromgeschwindigkeit im Reaktor. Die zu Beginn der Versuche gewählte Einfüllhöhe der Schlammpellets sowie Größenverteilung hatten nahezu keinen Einfluss auf die Schlammbettausdehnung. Der an-aerobe Abbau verlief stabil und es konnte ein Methananteil von 75 % im Gas erreicht werden. Die Schlammbelastung im SSR konnte bis auf BTS= 0,55 kg CSB/kg oTR d bei nahezu konstantem CSB-Abbau von 98 % gesteigert werden. Die zugehörige Gasproduktion betrug 55 l/h. Die gesamte Gas-menge blieb im Reaktor in Lösung und konnte im anschließenden Desorber entgast werden.
Anoxische Betriebsweise: Anhand von Dauerversuchen konnte der Beweis der Zuverlässigkeit des Reaktortyps erbracht werden. Sowohl bei niedrigen als auch bei hohen Feststoffkonzentrationen im SSR konnte ein stabiler Anlagenbetrieb aufrechterhalten werden. Der zugeführte Schlamm darf einen maximalen Feststoffgehalt nicht überschreiten, da sonst die angestrebte Wirbelschicht komprimiert wird und sich ein Festbett mit Kanalströmung bildet (Laborversuche: TSmax = 22 g/l). Ein verdichtetes Schlammbett mit ausgebildeter Kanalbildung kann nicht wieder in eine Wirbelschicht umgewandelt werden. Bei der Versuchsanlage Flensburg haben sich Aufströmgeschwindigkeiten zwischen 1 und 1,2 m/h für einen stabilen Dauerbetrieb bewährt. Die maximale Gaslöslichkeit lag bei diesen Versuchen bei 80 % der Sättigungskonzentration. Zum Erreichen einer blasenfreien Durchströmung des Schlammbetts sollte ein Betriebsdruck gewählt werden, der das 1,6 bis 1,8-fache des Drucks beträgt, der aufgrund der Sättigungskonzentration erforderlich wäre.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vortrag auf der 34. Essener Tagung für Wasser- und Abfallwirtschaft:
Sekoulov, I. (2001): Abwasserbehandlung mit Hilfe eines Schlammbettreaktors, GWA Bd. 184, S. 17/1-17/9


Fazit

Der Schlammspiegelreaktor zur Durchführung anoxischer oder anaerober Abwasserreinigungsprozesse stellt eine praxisorientierte und einfache Technik mit hohem Nutzen und Umweltentlastungspotenzial dar. Im Rahmen des FuE-Vorhabens ist es gelungen, einen entsprechenden Schlammspiegelreaktor im halbtechnischen Maßstab zu entwickeln und zahlreiche Untersuchungen zur Verfahrenstechnik und zur anaeroben und anoxischen Betriebsweise durchzuführen. Im Ergebnis liegen nun wichtige Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung dieses Reaktortyps im großtechnischen Maßstab vor.

Übersicht

Fördersumme

241.412,09 €

Förderzeitraum

21.06.2001 - 29.09.2005

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Climate protection
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik