Bewuchsverhinderung an meerestechnischen Objekten durch biogene Antifoulinganstriche
Projektdurchführung
Universität RostockFachbereich BiowissenschaftenAbteilung Biochemie
Albert-Einstein-Str. 3
18059 Rostock
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Das weltweit vorwiegend praktizierte Verfahren zur Bewuchsverhinderung an meerestechnischen Objekten besteht in einer Beschichtung mit hochgiftigen, vor allem Organo-Zinn-, Kupfer- und Organo-Stickstoff-Verbindungen enthaltenden, Antifoulingfarben. Das Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens ist die Erarbeitung und Erprobung biogener, nicht toxischer bzw. geringfügig toxischer Antifoulinganstriche. Die Substitution der giftigen Antifoulants durch bewuchshemmende Wirkstoffe, isoliert aus benthischen Blaualgen, und deren Einbettung in giftfreie Farbanstriche ist von entscheidender Bedeutung für die Entlastung der Umwelt. Somit stellt dieses Forschungsvorhaben eine echte Alternative zur herkömmlichen Antifoulingpraxis dar.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn diesem Projekt wurden biogene Antifoulinganstriche für meerestechnische Objekte entwickelt und in Labor- und Freilandexperimenten erprobt. Zur Herstellung dieser biogenen Antifoulinganstriche wurden bewuchshemmende Wirkstoffe aus Blaualgen isoliert und in verschiedene umweltverträgliche Farb-Matrices eingebettet. Die keimarme Kultivierung der wirkstoffproduzierenden Blaualge Scytonema hofmanni sowie die Isolierung großer Mengen an Rohextrakten war für alle Antifoulingtests im Labormaß-stab und im Freiland notwendig. Der bewuchshemmende Wirkstoff Cyanobacterin wurde mittels HPLC-Analytik bestimmt.
Während der gesamten Laufzeit des Projektes wurden biologische Testverfahren zur umweltschonenden Antifoulingwirkung der isolierten bewuchshemmenden Substanzen im Vergleich zu den herkömmlichen Bioziden im Labormaßstab durchgeführt (Adhäsions- und Toxizitätstests sowie Untersuchungen zur biologischen Abbaubarkeit von Antifoulingwirkstoffen und des Auswascheffektes von Bioziden aus den verwendeten Farb-Matrices mittels HPLC-Analytik). Diese Testverfahren wurden an verschiedenen Modellbewuchsorganismen (Bakterien, Kieselalgen, Seepocken) vorgenommen und bis zum Ende der Projektbearbeitung fortgeführt.
Im letzten Jahr der Projektbearbeitung wurden Freilandexperimente zur Bewuchsverhinderung mittels neuentwickelter biogener Antifoulinganstriche im Vergleich zu den herkömmlichen Antifoulinganstrichen an ausgewählten stationären Testplatten durchgeführt. Weiterhin erfolgte die Erprobung der neuentwickelten biogenen Antifoulinganstriche im Vergleich zu denkommerziellen Antifoulinganstrichen an mobilen Testflächen der Barkasse Wittow. Dabei wurde der Bedeckungsgrad der Bewuchsgruppen ermittelt und fotografisch dokumentiert, das Trockengewicht des Bewuchses bestimmt und der Aufwuchs taxonomisch bearbeitet.
Ergebnisse und Diskussion
Aus der Blaualge Scytonema hofmanni konnte Cyanobacterin mit einem Gehalt von bis zu 25,8 % im Rohextrakt im großtechnischen Maßstab gewonnen werden. Der von uns kultivierte Stamm der Blaualge Calothrix brevissima bildete keine Bromphenole. Aus diesem Grunde wurde mit den synthetischen Bromphenolen 2,4,6-Tribromphenol (TBP) und Lanosol bzw. Tranosol gearbeitet.
Die Antifoulingtests mit Diatomeen (Nitzschia pusilla) unter Laborbedingungen zeigten, dass bei Einbettung von Cyanobacterin bzw. 2,4,6- Tribromphenol in die Farb-Matrix Vinylharz weiß die Anheftung der Diatomeen im Vergleich zur Kontrolle um ca. 30 % bzw. 50 % reduziert ist.
Bei den Antifoulingexperimenten im Freiland (stationäre Testplatten und mobile Testflächen am Schiff) wurde festgestellt, dass Cyanobacterin als Hauptbiozid keinen bewuchshemmenden Effekt auslöst, aber als Cobiozid mit Kupfer inhibierend auf das Mikrofouling wirkt. Die von uns als Hauptbiozide eingesetzten Bromphenole zeigten unter den realen Bedingungen der Freilandversuche bewuchshemmende Eigenschaften auf bestimmte Makrofoulingorganismen. Jedoch war die Einbindung dieser Substanzen in die verwendeten Vinylharz-Matrices recht schwierig (keine echte Filmbildung). Die Applikation von TBP als Cobiozid mit Kupfer bewirkte bei den stationären Testplatten eine bewuchshemmende Wirkung auf Bryozoen und Hydrozoen; bei den mobilen Testflächen wurde keine Bewuchshemmung festgestellt.
Cyanobacterin war bereits in Konzentrationen von 0,004 µg ml-1 ein spezifischer Inhibitor der Photosynthese. Auf die von uns getesteten heterotrophen Organismen wie Protozoen und Cyprislarven der Seepocken hatte es keinen Einfluss. Antibakterielle Wirkungen konnten nicht nachgewiesen werden.
Die eingesetzten Extrakte aus der Blaualge C. brevissima zeigten keine toxischen Effekte auf die Bewuchsorganismen. Von den getesteten synthetischen Bromphenolen hatte nur das 2,4,6-Tribromphenol in Konzentrationen ab 5 µg ml-1 auf Protozoen und ab 25 µg ml-1 auf die Kieselalge Nitzschia pusilla toxische Wirkungen.
Das natürliche Herbizid Cyanobacterin ist schnell in der Umwelt abbaubar. 1 µg ml-1 wurde ohne Verzögerung innerhalb von 5 Tagen abgebaut. Die Gefahr einer Anreicherung, insbesondere in eutrophen Küstengewässern, ist daher gering. Auch 2,4,6-Tribromphenol wurde im natürlichen Medium nach einer lag-Phase von 14 Tagen unter unseren Versuchsbedingungen in Raten von 0,4 µg ml-1 vollständig abgebaut.
Der Wirkstoff Cyanobacterin wird offenbar nicht aus der Farb-Matrix Vinylharz weiß herausgewaschen. Mögliche Ursachen hierfür könnten die feste Bindung des Wirkstoffes in der Matrix, an ihrer Oberfläche, der schnelle biologische oder photochemische Abbau im Medium, eine zu geringe Freisetzung unterhalb der Nachweisgrenze oder die Bildung von Komplexen mit den Metallen des Mediums sein. 2,4,6-Tribromphenol wurde aus der Farb-Matrix Vinylharz weiß stark herausgewaschen. Wie in den Durch-flussexperimenten deutlich wurde, ist das Tribromphenol in der Farbe stabil und wird offensichtlich im natürlichen Medium durch die mit den Diatomeen vergesellschafteten Bakterien abgebaut. Zwischenprodukte reicherten sich nicht an. Nach ca. 2-wöchigem Betrieb der Durchflussanlage war noch keine Verringerung der Auslaugung des TBP zu erkennen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Im Rahmen des Projektes oder mit Bezug zum Projekt entstandene Veröffentlichungen:
1. Pentschew, P. & B. Schacht (2000): Biogene Antifoulinganstriche - Vorbereitung und Durchführung der Versuche. Fifth International Conference on Marine Science and Technology, Conference Proceedings, Vol. 2, 125-128, November 9-10, 2000, Varna, Bulgarien, ISBN954-90919-1-0
2. Schumann, R., S. Kacan, S. Görs & S. Abarzua (2000): Isolation, Analyse und Wirksamkeit biogener Antifoulants aus Algen. Fifth International Conference on Marine Science and Technology, Conference Proceedings, Vol. 2, 128-132, November 9-10, 2000, Varna, Bulgarien, ISBN 954-90919-1-0
3. Kacan, S., S. Görs, R. Schumann, B. Schacht, P. Pentschew, B. Piechulla & S. Abarzua (2001): Antifouling effects of biogenic compounds on marine technical objects in a flow through system. Poster, International Conference on Biofouling and Materials, Conference Proceedings, pp. 107, June 10-13, Frankfurt/Main
4. Abarzua, S. (2001): Antifouling ohne Gift - Zukunft oder Illusion? Einsatz biogener Antifoulinganstriche zur Bewuchsverhinderung an meerestechnischen Objekten. Traditio et Innovatio (Forschungsmagazin der Universität Rostock) Heft 1, 27-30, ISSN 1432-1513
5. Pentschew, P., B. Schacht, R. Schumann, S. Görs, S. Kacan & S. Abarzua (2001): Biogene Antifoulinganstriche - Vorbereitung und Durchführung der Versuche, Tagungsband, 3. Workshop Konstruktionstechnik, Innovation - Konstruktion - Berechnung, 481-488, Shaker Verlag, Aachen, ISBN 3-8265-9314-6, ISSN 0945-0831
6. Abarzua, S., S. Kacan, S. Görs, P. Pentschew, B. Schacht, R. Schumann & B. Piechulla (2002):The utilisation of biogenic antifouling coatings for marine technical objects, Fifth International Workshop on Methods for the Development of Maritime Technology, DEMAT, November 7-10, 2001, University of Rostock, Conference Proceedings (in press)
Fazit
Im Projekt wurden biogene Antifoulinganstriche für meerestechnische Objekte entwickelt und in Labor- und Freilandexperimenten erprobt. Anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse wurde festgestellt, dass Bromphenole im Freiland bewuchshemmende Effekte auf bestimmte Makrofoulingorganismen bei Einsatz als Hauptbiozid zeigten. Cyanobacterin bewirkte als Hauptbiozid im Freiland keine Antifoulingeffekte. In Kombination mit Bromphenolen und Kupfer deuten sich jedoch Bewuchsverhinderungen an.
Fördersumme
190.863,21 €
Förderzeitraum
01.10.1998 - 30.11.2000
Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern
Schlagwörter
Land use
Nature Conservation
Resource conservation
Umwelttechnik