Projekt 08487/01

Hygrothermische Beurteilung der Einsatzmöglichkeiten und -voraussetzungen für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen

Projektdurchführung

Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP)
83607 Holzkirchen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Laut Beschluss der Bundesregierung sollen bis zum Jahr 2005 die CO2-Emissionen im vereinigten Deutschland gegenüber dem Stand von 1987 um 25 bis 30% gesenkt werden. Das größte Einzelpotential mit rund 35 Mio. t/a stellen dabei Wärmedämm-Maßnahmen, vor allem im Altbaubestand, dar. Damit wäre eine deutliche Aufweitung des Marktes für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen (DNR) zu erwarten. Während zur Herstellung von konventionellen Dämmstoffen (Mineralfaser, Polystyrol, Polyurethan) ein Primärenergieaufwand von 250 bis 1.600 kWh/m3 benötigt wird, liegt dieser bei den meisten Dämmstoffen aus nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen unter 100 kWh/m3. Um nun auch aus hygrothermischer Sicht deren Vorteile gegenüber herkömmlichen Dämmstoffen, aber auch mögliche Einsatzgrenzen zur Vermeidung von Bauschäden aufzuzeigen, ist es dringend erforderlich, Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wärme- und feuchtetechnisch detailliert zu untersuchen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm den bisherigen Stand der am Markt verfügbaren Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen in Erfahrung zu bringen, wurde zu Beginn des Projektes (Juni 2000) eine Literaturrecherche durchgeführt. Hierbei werden neben den Herstellern von DNR auch die bisher bekannten hygrothermischen Materialkenndaten der Dämmstoffe weitgehend zusammengetragen. Um weitere fachliche Informationen zu erhalten, dient der Kontakt mit dem ADNR (Industrieverband von Herstellern, die Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen anbieten). In Zusammenarbeit mit dem ADNR wurden Dach- und Wandkonstruktionen festgelegt, die beispielhaft für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen Verwendung finden. Weiterhin wird geprüft, für welche Dämmstoffe eine Bestimmung der wichtigsten hygrothermischen Materialkenndaten in den institutseigenen, akkreditierten Labors sinnvoll ist. Damit werden hygrothermische Berechnungen in Abhängigkeit von Material- Konstruktions- und Klimabedingungen durchgeführt und eine Aussage über die Gebrauchstauglichkeit von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen im Vergleich zu herkömmlichen Dämmstoffen erzielen zu können.


Ergebnisse und Diskussion

Die Literaturrecherche ergibt, dass sich derzeit ca. 80 Anbieter von Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen am deutschen Markt befinden. Folgende Rohstoffe werden hauptsächlich für diese Dämmstoffe verwendet:
Schafwolle, Baumwolle, Flachs, Hanf, Kork, Zellulose, Holz (Späne und Faser).
Die gängigen bauphysikalischen Materialkenndaten wie z. B. Rohdichte, Wärmeleitfähigkeit, µ-Wert und wurden für die meisten Materialien in Erfahrung gebracht. Weiterführende Angaben wie z. B. Sorptionsisotherme, freie Wassersättigung etc., wie sie für eine hygrothermische Beurteilung nötig sind, fehlten aber meist. An Dämmungen aus Zelluloseflocken, Holzspäne, Flachs und Holzfaserdämmplatten werden die hygrothermischen Kennwerte, die für hygrothermische Berechnungen notwendig sind, in den eigenen akkreditierten Labors bestimmt. Dabei wird dargestellt, dass der normativ festgelegte Zuschlag für die Wärmeleitfähigkeit aus hygrothermischer Sicht neu überdacht werden muss.
Als repräsentative Dach- und Wandkonstruktionen für hygrothermische Berechnungen werden festgelegt:
Zwischensparrendämmung (Dach)
Aufsparrendämmung (Dach)
Kerndämmung im Holzständerleichtbau (Wand)
Innendämmung im Massivbau (Wand)
Außendämmung im Massivbau (Wand).
Hygrothermische Berechnungen an diesen Konstruktionen zeigen, dass Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen bei fachgerechtem Gebrauch im wesentlichen keine anderen Eigenschaften als herkömmliche diffusionsoffene Dämmstoffe aufweisen. Ihre Sorptionsfähigkeit wirkt sich praktisch nur gering aus und dient einer leichten Pufferung der Luftfeuchte im Dämmstoff. Dies wirkt sich geringfügig positiv auf die Beurteilung des Befalls durch Schimmelpilz aus. Je nach Einstufung der DNR in Substratgruppe I oder Substratgruppe II ergeben sich etwas schlechtere oder etwas bessere Voraussetzungen hinsichtlich Schimmelpilzbefall. Probleme aus hygrothermischer Sicht treten i.a. nur bei Konstruktionen auf, die auch mit herkömmlichen diffusionsoffenen Dämmstoffen problematisch sind. Als Nachteil bei einigen der un-tersuchten DNR ist ihr Setzungsverhalten bei Kontakt mit Wasser zu nennen. Diese Dämmstoffe sind daher sorgfältig vor größeren Wassereinbrüchen zu schützen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Veranstaltung eines bauphysikalischen Kolloquiums am 3./4. Dezember 2001 mit dem Titel Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen
Veröffentlichung einer IBP-Mitteilung Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen - Ist der Feuchtezuschlag für die Wärmeleitfähigkeit gerechtfertigt?
Veröffentlichung der Messergebnisse in den USA.
Eine Veröffentlichung der Ergebnisse in einer Fachzeitschrift steht noch bevor.


Fazit

Der Vergleich zwischen den jeweiligen Konstruktionen mit DNR bzw. herkömmlichen Dämmstoffen zeigt, dass in allen Aufbauten ähnliche hygrothermische Zustände hinsichtlich Temperatur und rel. Luftfeuchte herrschen. Bei sachgemäßem Einbau sind demnach keine Probleme zu erwarten. Hinsichtlich Schimmelpilzbildung ergeben sich geringe Differenzen, wobei je nach Einstufung der DNR in die Substratgruppe I bzw. II gegebenenfalls unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten sind.
Die Berechnungen haben darüber hinaus gezeigt, dass sich DNR durchaus auch für neuartige Einsatzbereiche wie z.B. WDVS, für die die meisten Stoffe derzeit keine amtliche bauaufsichtliche Zulassung haben, eignen könnten. Jedoch sind die Auswirkungen von baupraktischen Besonderheiten, wie z.B. Risse im Außenputz und damit verbundene lokale Feuchteerhöhung, auf DNR noch nicht hinreichend bekannt. In [10] wurde gezeigt, dass einige DNR bei Kontakt mit größeren Mengen flüssigem Wasser keine Formstabilität mehr aufweisen, wodurch ihre Dämmwirkung nicht mehr gewährleistet ist. Freilanduntersuchungen in [11] zeigen, dass dieser Effekt für herkömmliche Dämmstoffe kein Problem darstellt. Die bisher nur rechnerisch ermittelten Ergebnisse für DNR müssten im Sinne einer baldigen Zulassung weiteren ex-perimentellen Tests beispielweise hinsichtlich der Gebrauchstauglichkeit zugeführt werden.

Übersicht

Fördersumme

85.380,12 €

Förderzeitraum

07.06.2000 - 07.06.2002

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Climate protection
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik