Förderschwerpunkt Holz: Herstellung von emissionsarmen, umweltfreundlichen Holzwerkstoffen aus Reststoffen der Holznutzung (Rinde, techn. Lignine) im Pilot- und industriellen Maßstab
Projektdurchführung
Georg-August-Universität GöttingenInstitut für Holzbiologie und -technologie
Büsgenweg 4
37077 Göttingen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In der deutschen Holzwerkstoffindustrie werden etwa 20 Mio. m³ Holz pro Jahr verarbeitet. Als Bindemit-tel werden nahezu ausschließlich synthetische auf Erdöl basierende Leime eingesetzt. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist es erstrebenswert natürliche Bindemittel auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen einzusetzen. Hierzu zählen die kondensierten Tannine aus tropischen und subtropischen Holz- und Rindenarten (Quebracho- und Mimosatannin). Als Alternative bieten sich hierzulande die Rinden einheimischer Nadelholzarten, insbesondere die Fichtenrinde, für die Gewinnung von polyphenolhaltigen Extraktstoffen an. Die Fichtenrinde fällt in großen Mengen zentral in der holzverarbeitenden Industrie an. Sie verfügt über einen hohen Extraktstoffgehalt mit einem nennenswerten Anteil an reaktiven Polyphenolen. Fichtenrinde wurde im Labormaßstab bereits extrahiert und die Extrakte erfolgreich für die Herstellung von Span- und Faserplatten eingesetzt (DBU-Projekt AZ 03934). Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens ist es, Fichtenrinde unter optimierten Bedingungen im halbtechnischen Maßstab in einer speziell dafür gebauten Pilotanlage zu extrahieren. Darüber hinaus sollen die Extrakte zur Herstellung von Spanplatten im industriellen Maßstab und MDF im Pilot-Maßstab eingesetzt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAufbauend auf den Ergebnissen des Projektes AZ 03934 wurde die Extraktion der Fichtenrinde weiter optimiert. Darüber hinaus wurde im Labor die Rezeptur des Tanninharzes mit Fichtenrindenextrakten als Bestandteil weiterentwickelt. Neben den Laborversuchen wurde eine Pilotanlage für die Extraktion von Fichtenrinde und deren Aufbereitung im technischen Maßstab errichtet und in Betrieb genommen.
Es wurden mitteldichte Faserplatten (MDF) nach dem Blowline-Verfahren mit Fichtenrindenextrakt als Bindemittelzusatz im Pilotmaßstab hergestellt.
Bei der Firma Lud. Kuntz GmbH wurde der industrielle Einsatz von Fichtenrindenextrakten für die Herstellung von Spanplatten erfolgreich erprobt. Hierfür wurden Extrakte auf der Pilotanlage in ausreichender Menge hergestellt und für den Einsatz auf der Industrieanlage aufbereitet. Schließlich erfolgte die industrielle Produktion von Spanplatten mit Fichtenrindenextrakten als Bindemittelbestandteil.
Ergebnisse und Diskussion
Aus den Ergebnissen der Laborversuche geht hervor, dass die Extraktstoffausbeute und die Reaktivität der Extrakte durch Zugabe von bestimmten Chemikalien erheblich gesteigert werden können. Dies trifft insbesondere auf Natriumhydroxid, Natriumhydrogensulfit, Natriumsulfit und Harnstoff zu. Daraus resultiert, dass Holzspan- und Faserplatten (MDF), die mit Fichtenextrakt als Bindemittelzusatz hergestellt sind, eine höhere Biege- und Querzugfestigkeit aufweisen, wenn der Fichtenrindenextrakt mit Natriumsulfit als Additiv bei der Extraktion hergestellt wird. Des Weiteren wurde festgestellt, dass die mit Tanninformaldehydharz gebundenen Holzspanplatten und Holzfaserplatten ihre Eigenschaften erheblich verbessern, wenn die Tannine in geringen Mengen Melaminzusätze enthalten. Dies wurde sowohl im Labormaßstab als auch im technischen Maßstab unter Beweis gestellt. Die Verbesserung betrifft nicht nur die mechanisch-technologischen Eigenschaften der Platten sondern auch ihre Dickenquellung und Wasseraufnahme.
Bei der Herstellung von Faserplatten (MDF) im Pilotmaßstab nach dem Blowline-Verfahren lassen sich Fichtenextrakte zu etwa 50 % als Ersatz für Quebrachotannin einsetzen, ohne nennenswerten Verlust an Biegefestigkeit. Die Querzugfestigkeit der MDF nimmt durch eine Substitution von 50 % der Quebrachoextrakte durch Fichtenextrakte geringfügig ab. Die Formaldehydabgabe der hergestellten MDF mit Fichtenrindenextrakt als Bindemittelbestandteil ist relativ niedrig.
Bei der Produktion von Spanplatten im industriellen Maßstab bereitet die Substitution von 10 % des Quebrachotannins durch 10 % Fichtenrindenextrakt keine technischen Schwierigkeiten. Die mit Fichten-rindenextrakt als Bindemittelzusatz in der Deckschicht hergestellten Platten erfüllen den Anforderungswert hinsichtlich der Biegefestigkeit gem. DIN 68763. Bezüglich der Kochquerzugfestigkeit (EN 1087-1) entsprechen sie fallweise sowohl den Anforderungswert der DIN 68763 (0,15 N/mm²) als auch die An-forderungswerte für Platten des Typs P 3 (0,08 N/mm²) u. P 5 (0,14 N/mm²). Hinsichtlich der Dickenquellung (EN 317) erfüllten die Platten den Anforderungswert an den Plattentyp P 3 (14 % Dickenquellung).
Insgesamt lassen die Untersuchungsergebnisse deutlich werden, dass bei der Herstellung von MDF Fichtenrindenextrakte zu erheblichen Teilen (etwa 50 %) das Quebrachotannin aus dem Ausland ersetzten können, ohne dass die physikalisch-technologischen Eigenschaften der hergestellten Platten merklich beeinträchtigt werden. Des Weiteren wurde nachgewiesen, dass Fichtentannine als Ersatz für Quebrachotannin auch bei der Herstellung von Spanplatten industriell eingesetzt werden kann.
Ergänzend zu dem Bericht wurden im Rahmen eines Promotionsstipendiums der DBU (AZ 20000/041) Untersuchungen zum Einsatz der extrahierten Rinde im Garten- und Pflanzenbau durchgeführt. Neben der herkömmlichen Verwendung als Rindenhumus oder Substartausgangsmaterial können sich durch die Zugabe stickstoffhaltiger Additive bei der der Extraktion der Rinde neue Anwendungen ergeben.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Roffael, E., Dix, B. und Okum, J. (2000): Use of spruce tannin as a binder in particleboards and medium density fibreboards (MDF). Holz als Roh- und Werkstoff 58: 301-305
Roffael, E., Dix, B. und Schneider, T. (2002): Zur Verwendung von Tanninen als Bindemittel in der Holz-werkstoffindustrie. Forstarchiv 73 (1): 15-22Roffael, E., Dix, B. und Schneider, T. (2002): Verleimung mit polyphenolischen Extraktstoffen. Holz-Zentralblatt 128 (5): 68
König, B. Roffael, E. (2002): Zur Reaktivität von Tanninen in Abhängigkeit vom Kambialalter. Holz als Roh- und Werkstoff 60: 258
König, B. Roffael, E. (2003): Zur Extraktion von Fichtenrinde mit Harnstoff und Harnstoff-Formaldehyd-Polymeren. Holz als Roh- und Werkstoff 61: 206-212
König, B., Rosamah, E., Roffael, E. (2005): Einfluss von Additiven bei der Herstellung von mitteldichten Faserplatten (MDF) mit Tannin. (geplante Veröffentlichung)
König, B., E., Roffael, E. (2005): Industrieversuche mit Fichtentannin. (geplante Veröffentlichung)
Fazit
Die Nutzung der Fichtenrinde als nachwachsender, einheimischer Rohstoff für Bindemittel in der Holzwerkstoffindustrie, stellt eine hochwertige stoffliche Verwertung der Rinde dar. Im Blowline-Verfahren lassen sich Mitteldichte Faserplatten (MDF) mit Fichtenrindenextrakt als Bindemittelzusatz für Quebrachotannin im Pilotmaßstab herstellen. Hier sind jedoch weitere Optimierungen in der Bindmittelzusammensetzung und der Beleimungstechnik sinnvoll, um die Platteneigenschaften bei möglichst hohem Anteil an Fichtenextrakten im Bindemittel zu verbessern. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass die Inhaltsstoffe der Fichtenrinde sich im industriellen Maßstab als Bindemittelbestandteil in der Spanplattenindustrie einsetzten lassen. Eine Umsetzung der Projektinhalte in die Industrie ist möglich. Die durchgeführten Großbetriebsversuche haben zum einen die Eignung der Fichtenrindenextrakte als Bindemittelzusatz bewiesen und zum anderen die Notwendigkeit der Optimierung des Extraktionsprozesses deutlich werden lassen. Für eine Erweiterung der industriellen Einsatzmöglichkeiten der Inhaltsstoffe der Fichtenrinde ist es von besonderer Bedeutung eine Verfahrenstechnik zu entwickeln, die es ermöglicht, mit geringem Energieaufwand Extrakte mit hoher Stoffdichte herzustellen.
Fördersumme
298.189,52 €
Förderzeitraum
01.01.2000 - 31.05.2004
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter
Lower Saxony
Resource conservation