Befahrbarkeit von Niedermoorflächen bei Maßnahmen zu deren Schutz und angepaßter Nutzung
Projektdurchführung
Humboldt-Universität zu BerlinLandwirtschaftlich-Gärtnerische FakultätInstitut für PflanzenbauwissenschaftenFachgebiet Agrartechnik
Philippstr. 13
10115 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Niedermoore sind als großräumige Wasserspeicher, Filter für Wasser und Nährstoffe sowie als Lebensraum für bedrohte Pflanzen- und Tierarten zu erhalten und angepasst zu nutzen. Die großflächige Wiedervernässung erfordert unmittelbar umsetzbare Erkenntnisse zur Sicherung der Befahrbarkeit von Niedermoorflächen und zur Bestimmung der dafür notwendigen Standortbedingungen, technischen Voraussetzungen und ökonomischen Auswirkungen. Dazu gehören die Beurteilung der Befahrbarkeit von Niedermoorflächen, die Bestimmung von Varianten für standortangepasste Technikausstattung, die Ermittlung wirtschaftlicher Auswirkungen und die Ergebnisübertragung auf ausgewählte Schutzgebiete.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenArbeitsschwerpunkte im dritten Projektjahr und Verlängerungshalbjahr waren die Definition von Tragfähigkeits- und Belastungsklassen, die Ausweisung standortangepasster Technik, die Ermittlung der zugehörigen Verfahrenskosten, die Bewertung des vorhandenen Technikbestandes in Brandenburgischen Niedermoorgebieten, die Bearbeitung von Szenarien der Technikanpassung sowie die Öffentlichkeitsarbeit und Praxisberatung.
Aufbauend auf den bisherigen Projektergebnissen wurden anhand vorhandener und erforderlicher Scherfestigkeiten miteinander korrespondierende Tragfähigkeits- und Belastungsklassen formuliert. Für hunderte von Technikvarianten der Grünlandbewirtschaftung erfolgte die Berechnung der erforderlichen Scherfestigkeit und die anschließende Zuordnung zu den Belastungsklassen. Daraus wurden Grenzwerte für einfach verfügbare, mit der Bodenbelastung verbundene technische Größen abgeleitet. Für die wesentlichen Arbeitsgänge der Grünlandbewirtschaftung wurden innerhalb aller Belastungsklassen typische Maschinenkombinationen ausgewählt und die Verfahrenskosten berechnet.
In den Niedermoorgebieten Nuthe-Nieplitz-Niederung, Rhinluch und Untere Havel stellten zwanzig landwirtschaftliche Betriebe in Befragungen Daten zur Niedermoorbewirtschaftung und zum Technikbestand bereit. Darauf aufbauend wurde eine Leistungs- und Funktionsbewertung für die Technik durchgeführt. Für die Nuthe-Nieplitz-Niederung erfolgte die Ermittlung geeigneter Technik und der zugehörigen Verfahrenskosten für die drei Szenarien Ist-Zustand, Anpassung an gegenwärtige Standortbedingungen und an moorschonende Standortbedingungen.
In landwirtschaftlichen Betrieben bzw. bei Fachbehörden des Naturparks Nuthe-Nieplitz und im Osterfeiner Moor wurden spezielle Beratungen vor Ort durchgeführt.
Ergebnisse und Diskussion
Zur Abschätzung der Befahrbarkeit wird eine einfache Methode entwickelt, mit der die mechanische Belastung beim Befahren auf die standortspezifische Tragfähigkeit abgestimmt werden kann.
Zur Kennzeichnung der Tragfähigkeit dient die Scherfestigkeit, die von Biotoptyp, Bewuchsdichte und Bodenfeuchte abhängig ist. Flächenanteile in Tragfähigkeitsklassen sind aus den Biotoptypen großflächig abzuleiten. Kleinräumige Standortheterogenitäten werden dabei nicht berücksichtigt. Zeitanteile in Tragfähigkeitsklassen können anhand der Verknüpfung von Jahresverläufen der Grundwasserstände mit ent-sprechenden Bodenfeuchten und somit zugehörigen Scherfestigkeiten ermittelt werden.
Als Maß für die mechanische Belastung beim Befahren dient die erforderliche Scherfestigkeit, deren Berechnung anhand technischer Daten wie Radlasten und Reifenabmessungen erfolgt. Die Bildung von Belastungsklassen vereinfacht die praktische Anwendbarkeit der Belastungsabschätzung. So kann aus einfach verfügbaren technischen Daten wie Motornennleistung der Traktoren, Arbeitsbreite von Mähwerken, Ballendurchmesser bei Pressen oder Gesamtgewichten von Anhängern die Belastung abgeleitet werden. Für standortspezifische Tragfähigkeiten wird funktionell geeignete Technik ausgewiesen.
Von einer Übertragbarkeit der Methode zur Abschätzung der Befahrbarkeit kann ausgegangen werden. Das Modell eignet sich als Grundlage für Empfehlungen zur betrieblichen und regionalen Technikauswahl. Für operative Entscheidungen zum Technikeinsatz ist es über stichprobenartige Messungen der Scherfestigkeit nutzbar.
Das angepasste Befahren von Niedermoorgrünland ist nur in Ausnahmefällen ein technisches Problem. Auf dem Markt wird für die meisten Bedingungen geeignete Technik angeboten, die sich in landwirtschaftliche Betriebe eingliedern lässt. In einigen Fällen könnte allerdings der anhaltende Trend zu immer leistungsfähigeren und schwereren Maschinen dazu führen, dass in absehbarer Zeit keine Technik mehr in den unteren Belastungsklassen verfügbar ist.
Mit dem Modell zur Abschätzung der Befahrbarkeit stehen die Grundlagen für die Ermittlung wirtschaftlicher Auswirkungen zur Verfügung. Die Verfahrenskosten steigen mit abnehmenden Belastungsklassen. Die Höhe der Mehraufwendungen hängt von den konkreten Standortbedingungen eines Betriebes oder einer Region ab. Berechnungen für das Gebiet der Nuthe-Nieplitz-Niederung weisen zusätzliche Verfah-renskosten von 24 DM/ha für die Anpassung des derzeit vorhandenen Technikbestandes an die gegen-wärtigen Standortbedingungen mit niedrigen Grundwasserständen während der Bearbeitungszeitspannen aus. Bei Anpassung der Technik an moorschonende Standortbedingungen mit ganzjährigen Grundwasserflurabständen von weniger als 30 cm betragen die zusätzlichen Verfahrenskosten 52 DM/ha. Unter Berücksichtigung weiterer Kostenbestandteile wären somit die Flächen für Mehrkosten von insgesamt 88 DM/ha*a bei ganzjährig torferhaltenden Bodenfeuchten befahrbar. Die genannten Beträge können als Richtwerte für die Mehraufwendungen bei unterschiedlichen Graden der Technikanpassung dienen.
Das angepasste Befahren von Niedermoorgrünland ist somit vor allem ein ökonomisches Problem. Auch wenn die Technikanpassung anhand der Standortbedingungen erfolgt und hinsichtlich der Kosten optimiert wird, entstehen Mehraufwendungen.
Die Erhebungen in Niedermoorgebieten Brandenburgs zeigen, dass der vorhandene Technikbestand überwiegend hohe und sehr hohe Belastungen verursacht. Damit besteht zwangsläufig die Notwendigkeit zur starken Absenkung der Grundwasserstände während der Bewirtschaftungszeitspannen mit den entsprechenden negativen Folgen für die Niedermoorstandorte. Technikanpassung ist daher ein wesentliches Erfordernis für die Erhaltung und schonende Nutzung der Niedermoore. Die Mehrkosten liegen weit unter früheren Schätzungen. Im Rahmen der verschiedenen Förderprogramme für die Grünlandnutzung werden standortbedingt unterschiedliche Verfahrenskosten bisher kaum berücksichtigt. Umfassende Ansätze zur Verbesserung der Situation der Niedermoore müssen auch die Auswirkungen einer Vernässung auf die Kosten für die Flächenbearbeitung einbeziehen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die bisherigen Projektergebnisse wurden im dritten Projektjahr und Verlängerungshalbjahr zu verschiedenen Anlässen in Form von Vorträgen und Veröffentlichungen vorgestellt (s. Anlage). Insbesondere eine Maschinenvorführung und ein Seminar zum angepassten Befahren von Niedermoorgrünland erreichten eine breite Öffentlichkeit. Zusätzlich wurden zahlreiche persönliche Konsultationen in landwirtschaftlichen Betrieben, Behörden, Verbänden und landtechnischen Unternehmen durchgeführt.
Fazit
Im Rahmen des Projektes ist es gelungen, anwenderorientierte Erkenntnisse zur Befahrbarkeit von Niedermoorgrünland bereitzustellen. Die Umsetzung der vorliegenden Ergebnisse durch Einbeziehung in Förderrichtlinien und landwirtschaftliche Beratung kann dazu beitragen, über die weitgehend erreichte extensive Nutzung der Niedermoore hinaus deren Wasserhaushalt zu verbessern und damit entscheidend auf die langfristige Erhaltung dieser Standorte hinzuwirken. Entsprechende Schritte wurden von den Projektbearbeitern unternommen und auch weiterhin fortgesetzt.
Fördersumme
391.201,18 €
Förderzeitraum
15.07.1996 - 14.03.2001
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Climate protection
Land use
Nature Conservation
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik