Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung (3): Aufarbeitung von Rückbrot unter umweltrelevanten und wirtschaftlichen Gesichtspunkten
Projektdurchführung
Technische Universität BerlinInstitut für Lebensmitteltechnologie IIGetreidetechnologie
Seestr. 13
13353 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In Deutschland werden Backwaren, die nicht mehr als ausreichend frisch empfunden werden, die aber noch zum Verzehr geeignet sind, aus dem Warenverkehr genommen. Die Menge dieser Backwaren ist auf 8-10% der Produktionsmenge zu veranschlagen. Aus dieser Situation ergab sich die Aufgabenstellung für die Durchführung eines Forschungsprojekts, dessen Gegenstand es war, einen neuen Weg zur biotechnologischen Aufarbeitung von unverkauften Backwaren unter umweltrelevanten und wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufzuzeigen. Besondere Zielsetzung war es dabei, eine vollständige Verwertung von Rückbrot im Sinne eines geschlossenen Stoffkreislaufs zu verwirklichen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie vorstehend skizzierte Aufgabenstellung wurde schrittweise mit der Zielsetzung gelöst, eine möglichst einfache und sichere Prozeßtechnik für die in den Produktionsprozeß der Brotfabrik zu integrierende biotechnologische Aufarbeitung und Umsetzung des Rückbrots in für die Brotherstellung direkt und indirekt verwertbare Produkte zu entwickeln. Aus den zur Lösung der Aufgabenstellung vorgesehenen fermentativen Prozeßschritten, die sich aus der Aufgabe der vollständigen Verwertung des Rückbrots im Produktionsbetrieb ergaben, zeichnete sich ab, daß dies Backhefe, ein milchsaures Prozeßwasser (Flüssigsauer), ein enzymatisch nicht verflüssigbarer Reststoff aus Proteinen und Ballaststoffen (Proteinfraktion), Ethanol und Kohlendioxid sein würden. Die Prozeßschritte bestanden folglich in der enzymatischen Aufarbeitung des Rückbrots zu einem Brotsirup, der Versäuerung des Brotsirups mit Milchsäurebakterien, der Aufarbeitung des versäuerten Brotsirups zum Fermentationssubstrat, der Verwertung des Fermentationssubstrats zur Herstellung von Backhefe-, Ethanol-, Kohlendioxid und Flüssigsauer, der Verwertung der Backhefe als aus dem fermentierten Substrat gewonnenes Konzentrat (Flüssighefe) zum Brotbacken, der Verwertung der Proteinfraktion zum Brotbacken, der Destillation des anaerob fermentierten Substrats, der Verwertung des vom Ethanol befreiten fermentierten Substrats als Flüssigsauer zum Brotbacken. Der Prozeßschritt der Destillation des anaerob fermentierten Substrats ist nur in soweit durchgeführt worden, wie er für die Führung des Prozeßwasserstroms des Flüssigsauers und seiner Verwertung erforderlich war. Die Verfahrensschritte der Destillation des Ethanols und der Verflüssigung des Kohlendioxids wurden nicht durchgeführt, weil sie zum Stand der Technik gehören. Sie wurden aber in der Wirtschaftlichkeitsberechnung auf der Grundlage dafür bekannter Zahlen berücksichtigt.
Ergebnisse und Diskussion
Die enzymatische Aufarbeitung des Rückbrots zum Brotsirup und seine Versäuerung gelang auf der Grundlage bekannter Verfahren ohne Probleme. Auch die Aufarbeitung des versäuerten Brotsirups zum Fermentationssubstrat ließ sich in einer Weise verwirklichen, daß das Fermentationssubstrat sowohl für die aerobe als aber insbesondere für die anaerobe Fermentation in geeigneter Konzentration anfiel. Diesbezüglich war es für die anaerobe Fermentation wichtig, eine Glucosekonzentration von 15% im Fermentationssubstrat nicht zu unterschreiten, damit die Ethanolherstellung und Kohlendioxidgewinnung auf dem Stand der Technik erfolgen konnten. Es gelang mit einem einzigen Verdünnungsschritt, den nicht fermentierbaren Feststoffgehalt aus dem Brotsirup, der einen Feststoffgehalt von mehr als 40% aufwies, zentrifugal abzuscheiden. Damit war zugleich eine energetisch günstige Brotsirupherstellung und -aufarbeitung gewährleistet. Der abgeschiedene Feststoff ließ sich über eine Auswaschung praktisch vollständig von seinem Glucosegehalt trennen. Dabei wurde das Ziel erreicht, das Substratvolumen für den späteren Anfall an Schüttwasser so klein zu halten, daß das Schüttwasservolumen wesentlich kleiner blieb als das für die Brotherstellung der Brotfabrik erforderliche Schüttwasservolumen. Gleichzeitig fiel eine Proteinfraktion mit einem Proteingehalt von 40% an. Außerdem fiel bei der Brotsirupaufbereitung durch Sieben ein Preßkuchen an, in den alle für die Verwertung der Proteinfraktion und das Fermentationssubstrat nicht erwünschten Feststoffe übergingen. Der Preßkuchen hatte einen Getreideschroten vergleichbaren Futterwert. Das trübe Fermentationssubstrat konnte zur aeroben Hefevermehrung eingesetzt werden, die kontinuierlich erfolgte, ohne es weiter klären zu müssen. Es konnte mit Pilotversuchen gezeigt werden, daß eine auf den wöchentlichen Produktionsrhythmus der Brotfabrik abgestimmte Hefeproduktion bei Einhaltung von in Brotfabriken verwirklichbaren Sterilbedingungen möglich ist. Die im Prozeß anfallende Flüssighefe, die Proteinfraktion und das Schüttwasser wurden ohne jedwede Beeinträchtigung der Gebäckqualität in großtechnischen Backversuchen in der Brotfabrik eingesetzt. Damit kann es als bewiesen gelten, daß das Verfahren durchführbar ist. Die Herstellung von Ethanol und die Gewinnung von Kohlendioxid aus Getreidemaischen vergleichbarer Zusammensetzung zum Fermentationssubstrat aus Brotsirup gehört ohnehin zum Stand der Technik. Sie brauchte deshalb nicht experimentell überprüft zu werden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse zur Verfahrensentwicklung wurden Kostendeckungsrechnungen für zwei Modelle der Anwendung des Verfahrens durchgeführt. Das eine Modell bezieht sich auf die ausschließliche Herstellung von Flüssighefe aus einem Teil des täglich anfallenden Rückbrots der einen Fabrik, wobei die Flüssighefeproduktion so gewählt wurde, daß die beiden zum Unternehmen gehörenden Brotfabriken damit ihren Backhefebedarf decken können. Das andere Modell sieht die ausschließliche Verwertung des gesamten Rückbrots der einen Fabrik vor, wobei deren Hefebedarf die Leitgröße darstellte. Es konnte gezeigt werden, daß beide Modelle unter den gewählten Randbedingungen wirtschaftlich umgesetzt werden können. In dem Modell der ausschließlichen Flüssighefeherstellung ergab sich bei einer Amortisation des dafür eingesetzten Kapitals von 5 Jahren unter Nutzung der Abwärme aus den Backöfen eine Rendite von 5,1%, in dem anderen Modell unter den gleichen Bedingungen bei einer Amortisation des eingesetzten Investments von 10 Jahren von 4,9%. Es ist zusätzlich darauf hinzuweisen, daß zu der direkten Rendite für das Unternehmen auch die indirekte Rendite für die Umweltentlastung durch das Verfahren zu rechnen ist. Diese Entlastung ergibt sich durch die produktionsintegrierte Primär- und Sekundärnutzung unabdingbarer Energieträger und Rohstoffe.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse des Projekts sind sowohl auf internationalen (USA, Griechenland) als auch nationalen Fachtagungen präsentiert worden. Darüber hinaus hat die Tages- (Die Welt, Seite 1), und Wochenpresse (Der Spiegel, ganzseitig) über das Projekt berichtet. Besonders hervorzuheben ist, daß das Vorhaben über diese Öffentlichkeitsarbeit der gesamten interessierten nationalen und internationalen Fachwelt zur Kenntnis gebracht worden ist.
Fazit
Alle Teile der zum Projekt gehörenden Aufgabenstellung konnten gelöst werden. Auf der Grundlage der erzielten Ergebnisse kann mit einiger Sicherheit prognostiziert werden, daß das Verfahren wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Das gilt insbesondere für einen Teilstrom der Verwertung des Rückbrots zur produktionsintegrierten Herstellung von Backhefe (Flüssighefe). Diesbezüglich deutet sich eine so hohe Wirtschaftlichkeit an, daß aufgrund des hohen Rückflusses an investiertem Kapital sich eine Umsetzung aller Verfahrensschritte verwirklichen lassen sollte. Allerdings ist dabei die besondere Konstellation des Unternehmens, für welche das Projekt durchgeführt wurde, zu berücksichtigen. Trotz dieser günstigen Prognose verbleibt ein Restrisiko, daß nur durch eine unternehmerische Entscheidung getragen werden kann.
Fördersumme
502.003,24 €
Förderzeitraum
01.12.1995 - 05.10.2001
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Climate protection
Land use
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik