Entwicklung eines Verfahrens zur Substitution von Kobalt- bzw. Nickelpulver durch Eisen bei der Herstellung von Diamant-Schleifscheiben
Projektdurchführung
Dr. Schulze GmbHDiamantwerkzeuge-Maschinen
Bollenberg 10
57234 Wilnsdorf
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In Deutschland wird jährlich eine geschätzte Menge von ca. 400 t Kobalt aus in Deutschland hergestellten bzw. importierten kobaltgebundenen Diamant-Schneidwerkzeugen freigesetzt.
Kobalt und Nickel haben stark toxische, allergene bis kanzerogene Eigenschaften. Im Hinblick auf die Anwenderbelastung durch berufsbedingte Exposition und den Umwelteintrag war ein Ersatz oder mindestens eine Reduzierung umweltbelastender Sintermetalle durch unproblematische Stoffe geboten.
Zielsetzung für dieses Vorhaben war die Substitution von Kobalt und Nickel als Matrixmaterial durch Eisen für ein möglichst breites Einsatzspektrum, mit der Folge einer Vermeidung umweltbelastender und gesundheitsbedenklicher Emissionen von Kobalt- und Nickelstäuben.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBei der Entwicklung und Optimierung der neuen Herstellungsverfahren wurden die im Labor optimierten Methoden anschließend im technischen Maßstab umgesetzt und in der Praxis getestet.
Es wurden sowohl im Werk als auch bei Anwendern im erheblichen Umfang vergleichende Schneid- und Bohrversuche im Bereich der Natursteine und auch stark armierten Betonen durchgeführt.
Betrachtet wurden dabei die Schneidfreudigkeit, das Schneidverhalten, erzielbare Zeitspanflächen und Standzeiten/Verschleiß. Die Maschinenparameter (Lastaufnahme usw.) und Säge- bzw. Bohrparameter (Vorschub, Absenkung usw.) wurden elektronisch erfasst und ausgewertet und mit dem beobachteten Verhalten korreliert. Zudem wurden die Schleifwerkzeuge vor und nach dem Einsatz mikroskopisch untersucht, um die Messergebnisse mit den Vorgängen auf der Werkzeugoberfläche und dem Verschleißverhalten in Einklang zu bringen.
Um die in der Praxis üblichen Fehlereinflüsse wie Vibrationen, variable Eintauchtiefen, Materialwechsel, Abweichungen vom geradlinigen Vorschub etc., die einen objektiven Vergleich verschiedenen Blätter unmöglich machen, weitgehend zu eliminieren, wurde in vielen Fällen eine Testmaschine in Form einer Brückensäge verwendet. In anderen Fällen kamen entsprechende Tischsägen und Kernbohrgeräte zum Einsatz.
Ergebnisse und Diskussion
Als Ersatz der üblichen Kobalt/Nickel-Bindungen kamen vor allem Eisen und Eisenlegierungen in Frage. Übliche Carbonyleisenpulver haben ein schlechtes Handling, geringe mechanische Stabilität und reagieren mit den Graphitformen.
Durch Versuche wurde festgestellt, dass bei einer Aufkohlung auf ca. 3-6 % Kohlenstoff des Eisenpulvers die Wechselwirkungen mit den Graphitformen verhindert und die mechanische Stabilität und Härte besser wurde (HRB 95-110).
Das Granulieren der Pulver für das bessere Handling erwies sich als schwierig. Bei Versuchen mit dem herkömmlichen Granulierverfahren nach dem Lawinenprinzip und einem neuen hochenergetischen Verfahren konnten keine Granalien in der benötigten und geforderten Gleichmäßigkeit und Stabilität erzeugt werden. Gegen Ende des Vorhabens erwies sich ein Verfahren als erfolgreich, bei dem verflüssigtes Pulver (mit Kleber und Alkohol) durch ein Sieb gedrückt und wurstartige Granalien erzeugt werden, die auf einem Förderband getrocknet werden. Es gelang so gleichmäßige, runde Granalien mit geringem verbleibenden Feinanteil zu erzeugen, in die die Diamanten schon zu einem großen Teil eingebettet waren.
Bei weiteren Untersuchungen wurde festgestellt, dass rollige Partikel entsprechender Größe den Granuliervorgang selbst überflüssig machen können. Durch Ersatz eines Teils der Carbonyleisenpulver durch gröbere Stahlpulver (50-100 µm) konnte die Granulierung zum Teil entfallen. Die mechanischen Eigenschaften wurden weiter verbessert. Mit granulierten, aufgekohlten Eisenpulvern war es möglich Trennscheiben- und Bohrkronensegmente für allgemeine, weniger anspruchsvolle Baustellenmaterialien zu fertigen. Diese Legierung wird heute auch bei 95 % aller Fußlegierungen verwendet. Sie lässt sich sehr gut schweißen und ist durch Hinzufügen von Kupfer auch gut lötbar. Es war dadurch möglich Kobalt und Nickel aus den bisherigen Fußlegierungen fast vollständig zu ersetzen.
Für Hochleistungsdiamantwerkzeuge war die Bindung der Diamanten im Vergleich zu den dort verwendeten Co- und Ni-Matrizen jedoch nicht ausreichend. Das Problem wurde dadurch gelöst, dass in eine mechanisch hinreichend beständige Fe-Matrix, mechanisch dauerhaft gefasste, metallumhüllte Diamantkörner eingebettet wurden. Das Beschichten der Diamanten einzeln mit Kobalt oder einer anderen geeigneten Legierung erwies sich als schwierig. Durch Versuche wurde das Verfahren so verbessert, dass heute Diamanten reproduzierbar gleichmäßig beschichtet werden können. Der bisherige Kobaltgehalt dieser Segmente wurde dadurch drastisch reduziert, ohne dass der Diamant mechanisch schlechter gefasst worden wäre als bisher.
Dieses selbst für Hochleistungsanwendungen geeignete Verfahren hatte durch die dichtemäßige Angleichung des spezifisch leichten Diamanten an die metallische Matrix (bessere Verteilung im Segment) verarbeitungstechnische Vorteile. Da durch die Umhüllung der Diamanten mit Metallpulver die Diamanten untereinander einen Mindestabstand in der doppelten Dicke der Umhüllung aufweisen müssen, wurde auch die Bildung lokaler Diamantnester vermindert.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Über erste Ergebnisse und die Einführung der Ökoline Werkzeugserie wurde in der Allgemeinen Bauzeitung (9) 97/2 berichtet und eine kurze Projektbeschreibung in der Broschüre Die 1. Fördermilliarde der Deutschen Bundesstiftung Umwelt veröffentlicht. Im Jahr 2000 ist eine verstärkte Präsenz in Fachzeitschriften für Fachanwendern als auch Heimwerkern sowie den neuen Medien geplant. Dabei soll sowohl die Problematik der Kobalt/Nickel-Bindungen als auch generell die neue Produktlinie den Anwendern verstärkt zu Bewusstsein gebracht werden.
In diesem Rahmen werden wir versuchen den Blauen Umweltengel für diese Produktlinien zu erhalten.
Fazit
Es konnten für praktisch jeden Anwendungsfall die bisherigen Kobalt/Nickel-Bindungen bei gleichbleibender bzw. sogar besserer Qualität durch unproblematischere Stoffe auf Basis von Eisen und Eisenlegierungen ersetzt werden. Diese Bindungen haben im Lieferprogramm der Fa. Dr. Schulze GmbH entweder die bisherigen Bindungen ersetzt oder werden aus marktpolitischen Gründen zusätzlich als Öko-line angeboten. Die Reaktion der Kunden ist in der Regel von Zurückhaltung und Misstrauen gegenüber der Qualität gekennzeichnet. Reaktionen dieser Art ergaben sich insbesondere auch aus der Tatsache, dass diese Werkzeuge in der Regel preiswerter angeboten werden können.
Die weitere Nachfrage nach Diamantwerkzeugen auf Basis von Kobalt/Nickel-Bindungen ist im wesentlichen durch das Festhalten am Bewährten und dem wenig entwickelten Risiko- und Verantwortungsbewusstsein der Verarbeiter begründet. Zudem wird durch letzte verbleibende Anwendungszwecke von Kobalt/Nickel-Bindungen der Nimbus der Kobalt/Nickel-Bindungen aufrecht erhalten.
Der Anteil der Kobalt/Nickel gebundenen Produkte bei der Fa. Dr. Schulze GmbH ist trotzdem von ca. 70 % im Jahr 1996 auf ca. 40 % im Jahr 1999 gesunken.
Fördersumme
158.525,03 €
Förderzeitraum
20.11.1995 - 08.08.2000
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter
Climate protection
Land use
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik