Projekt 06671/01

Umweltentlastende Zerspantechnik durch Nutzung der Verbrauchsschmierung beim Spiralbohren-Senken-Reiben für Bohrungsdurchmesser < 12 mm

Projektdurchführung

Otto-von-Guericke-Universität MagdeburgInstitut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung
Postfach 41 20
39016 Magdeburg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zahlreiche durch den Kühlschmierstoffeinsatz verursachte Probleme, wie z. B. die Gesundheits- und Umweltgefährdung sowie der Reinigungs- und Pflegeaufwand, aber auch eine restriktive Gesetzgebung führen dazu, daß Kühlschmierstoffe zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Es erwächst die Forderung, das mit dem Kühlschmierstoffeinsatz verbundene Gefährdungs- und Finanzpotential erheblich zu mindern. Das erfordert ein konsequentes Überdenken der Einsatzbedingungen von KSS, der Technik hierzu und auch prinzipiell der Technologien von Fertigungsstrukturen.
Die Gesamtzielstellung des Vorhabens besteht darin, einen Beitrag zur Minimierung des quantitativen Kühlschmierstoffeinsatzes und somit der Umweltbelastung in der Zerspantechnik zu leisten. Durch eine entwickelte Kurzprüfmethode soll parallel eine Kühlschmierstoffqualifizierung zur Eignung beim Einsatz der Verbrauchsschmierung erfolgen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchungen zum Einsatz der Verbrauchsschmierung beim Bohren-Senken-Reiben erfolgte in drei Versuchsserien: 1. Trockenbearbeitung, 2. Fallstrahlkühlung, 3. Verbrauchsschmierung. Als Kriterium zur Bewertung wurde die Verschleißentwicklung sowie die hieraus resultierende Standzeit der Werkzeuge herangezogen. Die Bestimmung geeigneter Geräteeinstellparameter wie Durchflußmenge, Düsenzahl, Luftdruck u.a. aus fertigungstechnischer Sicht bildete parallel dazu einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchungen.
Zur Findung eines geeigneten Kühlschmierstoffes für die Verbrauchsschmierung laufen gegenwärtig Untersuchungen, bei denen KSS unterschiedlicher Zusammensetzung auf ihre Schmierfähigkeit hin bei verschiedenen Fertigungsverfahren getestet werden. Hierzu wurde eine Vorrichtung angefertigt, mit deren Hilfe konkrete Kraft- und Momentenmessungen erfolgen, die mit einer speziellen Software miteinander verglichen und ausgewertet werden.
Nach Einarbeitung in ein spezielles Gasanalysegerät sollen in einem weiteren Schritt Messungen zur Erfassung möglicher Schadstoffkonzentrationen infolge Verbrennung bzw. Verdampfung des Kühlschmierstoffes in der Luft durchgeführt werden. Auch hierzu erfolgt die Auswertung mit einer dafür speziell entwickelten Software.


Ergebnisse und Diskussion

Die bisher in der Projektbearbeitung durchgeführten Forschungsarbeiten zum Einsatz der Verbrauchsschmiertechnik bei der Bohrungsbearbeitung (Bohren-Senken-Reiben) mit HSS-Werkzeugen und äußerer Kühlschmierstoffzufuhr haben zu folgenden Ergebnissen und Erkenntnissen geführt. Bei der Bohrungsbearbeitung in Stahl mit Werkzeugen aus Schnellarbeitsstahl kann hinsichtlich der Sicherung einer ausreichenden Produktivität und der geforderten Qualität auf den Einsatz von Hilfsstoffen nicht verzichtet werden. Eine Trockenbearbeitung mit unbeschichteten HSS-Werkzeugen wird nur in Ausnahmefällen akzeptiert werden können. Eine Alternative zum Fallstrahleinsatz des Kühlschmiermittels stellt die Verbrauchsschmiertechnik dar. Durch sie wird die KSS-Menge so dosiert an die Zerspanstelle herangeführt, daß sie dort fast rückstandslos verbraucht wird. Dadurch kann auf erforderliche Umlaufsysteme und Filter sowie die immer teurer werdende Pflege und Entsorgung von Kühlschmiermitteln verzichtet werden. Durch deren zunehmende industrielle Einführung wird ein wesentlicher Beitrag zur Verringerung der überregionalen Umweltbelastung geleistet.
Beim Einsatz der Verbrauchsschmiertechnik laufen offensichtlich völlig veränderte thermochemische Vorgänge im Bereich der Schnittstelle ab, da durch die minimale Einsatzmenge nahezu keine Kühlwirkung in der Zerspanstelle und am Werkstück auftritt. Ein Ausgleich zu fehlender Kühlwirkung kann dadurch erreicht werden, daß ein eingesetztes Medium sehr hochwertig ist und durch eine gute Schmierwirkung die Reibverhältnisse deutlich verbessert werden. Art und Qualität der für die Verbrauchsschmiertechnik eingesetzten Medien erhalten die höchste Priorität, da hierdurch die Werkzeugstandzeiten elementar beeinflußt werden. Die hierzu durchgeführten Verschleißuntersuchungen unter Einsatz nativer Öle bzw. Mineralöle und deren Vergleich führten zu einem positiven Ergebnis. Nach einem Vergleich der erreichten Standzeiten zu urteilen, eignen sich die nativen Produkte wesentlich besser für den Einsatz der Verbrauchsschmiertechnik als die verwendeten Mineralölprodukte. Kurz gesagt kann man hier von einem ökonomischen Fortschritt mit ökologischen Mitteln sprechen. In diesem Punkt wurde das Forschungsziel erfüllt, da hiermit nachgewiesen wurde, daß eine Verbesserung von Werkzeugstandzei-ten in der Metallzerspanung auch mit umweltrelevanten Methoden, d.h. mit Produkten auf nativer Rohstoffbasis erreicht werden kann. Da sich die Auswahl geeigneter Kühlschmierstoffe für die Verbrauchsschmiertechnik mittels Verschleißuntersuchungen als relativ langwierig gestaltet, wurde im Rahmen dieses Projektes eine Kurzprüfmethode zur Testung von Kühlschmierstoffen auf ihre Schmierfähigkeit im Ansatz entwickelt. Mit dieser Methode, welche verschiedene Zerspanverfahren mit unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich des Schneidvorganges an der Zerspanstelle einbezieht, könnte man inner-halb kurzer Zeit eine konkrete Aussage über einen Kühlschmierstoff bezüglich seiner Schmierfähigkeit beim Reibungsvorgang treffen. Ein komplexer Einsatz dieser Kurzprüfmethode zur Testung von Kühlschmierstoffen vor allem auf nativer Basis, brächte eine nicht unerhebliche Kosteneinsparung mit sich u.a. durch den Wegfall eines Großteils von Werkzeug- und Werkstückkosten; durch Verwendung sehr geringer Probenmengen an Kühlschmierstoff bzw. durch die Einsparung von Maschinenzeiten.
In einem weiteren Komplex ist untersucht worden, inwiefern die bei der Verbrauchsschmiertechnik auftretenden Emissionen einen umweltbelastenden Faktor durch zu hohe Konzentrationen schädlicher Substanzen darstellen. Gemäß dem Arbeitsplan erfolgten konkrete Schadstoffkonzentrationsbestimmungen mit Hilfe moderner Technik (Gasanalysegerät). Auf der Grundlage dieser Messungen konnte festgestellt werden, daß trotz objektiver Beeinflussung der Umgebungsluft durch einen gewissen Prozentsatz an Ölkonzentrat in Form von Ölnebel bzw. -dampf keine Überschreitung gesetzlich festgelegter Grenzwerte für Arbeitsplatzkonzentrationen vorlag.
Insgesamt ist einzuschätzen, daß die vorliegenden Ergebnisse und die daraus schlußfolgernden Erkenntnisse in Einstimmung mit dem gestellten Forschungsziel liegen. Die dabei vorgenommenen um-fangreichen praktischen Untersuchungen, wurden entsprechend dem aufgestellten Zeitplan durchgeführt. Auf der Grundlage einer regelmäßigen Kostenkalkulation wurde gewährleistet, daß die bis dato angefallenen Kosten aus den zur Verfügung stehenden Fördergelder gedeckt wurden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Maschinenmarkt Nr.18 ; April/ 1997


Fazit

Eine Bewertung der Ergebnisse führt zu dem Schluß, daß die Verbrauchsschmierung eine wirksame Alternative zu den konventionellen Kühl-Schmier-Methoden darstellen kann. Dabei ist aber immer zu berücksichtigen, daß die Anwendung der Verbrauchsschmierung auf jeden praktischen Einsatzfall individuell abgestimmt werden muß. Ihr umfassender Einsatz vor allem in der konventionellen Zerspantechnik der metallverarbeitenden Industrie wird sich u.a. nur dann durchsetzen, wenn die konventionellen Kühl-Schmier-Methoden (Vollstrahlkühlung) mit der notwendigen Sensibilität betrachtet werden. Aufgrund der vielseitigen Funktionalität der Verbrauchs-schmierung ist ihr erfolgreicher Einsatz auch bei anderen zum Teil auch schwer zerspanbaren Fertigungsverfahren durchaus denkbar.

Übersicht

Fördersumme

99.224,88 €

Förderzeitraum

01.05.1995 - 30.04.1998

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Climate protection
Umweltforschung
Umwelttechnik