Projekt 06307/01

Entwicklung einer aktiven Schwingungslagerung zur Reduzierung der Schallemissionen von Windkraftanlagen

Projektdurchführung

Entwicklung und Realisation adaptiver Systeme(ERAS) GmbH
Hannah-Vogt-Str. 1
37085 Göttingen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei einer Windkraftanlage entstehen im Betrieb eine Reihe von Geräuschen. Die wesentlichen Schallquellen sind dabei die Rotorblätter und der Triebstrang. Entsprechend sind dabei ein breitbandiges Rauschen, einige Einzeltöne und eventuell periodische Ereignisse zu hören, die eine erhebliche Umwelt- und Gesundheitsbelastung zur Folge haben können. Infolge der durch akustische Optimierung der Rotorblätter und geringere Blattspitzengeschwindigkeiten verringerten Abstrahlung von Strömungsgeräuschen, die bisher den Hauptteil der Schalleistung darstellten, treten die körperschallerregten Maschinengeräusche immer stärker in den Vordergrund. Die Maschinengeräusche werden in Form von Körperschall über die Lagerelemente weitergeleitet und führen auf der extrem großen Fläche des Turms zu starker Schallabstrahlung. Zur Reduktion der Schallemission ist es daher erstrebenswert, die Körperschallübertragung vom Getriebe auf den Turm auf ein Minimum zu reduzieren. Daher bestand die Zielsetzung, die Entwicklung einer neuartigen schwingungsisolierenden Lagerung, die die Körperschallübertragung vom Getriebe auf den Mast verhindert, vorzunehmen und deren Wirksamkeit an einem Laboraufbau zu untersuchen und zu qualifizieren.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEntsprechend dem Ziel, eine Entwicklung einer aktiven schwingungsisolierenden Lagerung vorzunehmen, wurden zunächst die Eckdaten und das Anforderungsprofil für die Lagerung mittels einer Körper- und Luftschallmessung an einer Windkraftanlage gewonnen und formuliert. Basierend auf diesen Ergeb-nissen wurde ein Lösungskonzept für eine aktive körperschallisolierende Lagerung entwickelt, konstruktiv ausgestaltet und umgesetzt. In einem weiteren Schritt wurde ein Versuchsstand konstruiert, gefertigt und aufgebaut, um das Lösungsprinzip zu verifizieren und die endgültige Konstruktion der schwingungsisolierenden Schnittstelle festzulegen. Zeitlich parallel zu der Konstruktion, der Fertigung und dem Bau des endgültigen Demonstrators, in dem die Isolationswirkung in mehreren Freiheitsgraden untersucht wurde, wurde die Reglerentwicklung und Implementierung zur aktiven Ansteuerung der Festkörperaktuatoren vorgenommen. Zur Erprobung der schwingungsisolierenden Schnittstelle wurden Labortests durchgeführt und eine Beurteilung der Wirksamkeit des Systems gegeben.


Ergebnisse und Diskussion

Das Ziel, Lagerelemente zu entwickeln, die hohe statische Lasten aufnehmen können und darüber hinaus im Körperschallbereich sowohl longitudinale als auch transversale Wellen isolieren, fordert eine frequenzselektive Lagerung, die im tieffrequenten Bereich eine möglichst steife und im höheren Frequenzbereich eine weiche Lagerung darstellt. Diese Forderungen führten zu in Stabstruktur ausgebildeten Lagerelementen mit integrierten Festkörperaktuatoren. Anhand von Rechnersimulationen, mittels derer das Körperschallübertragungsverhalten von Stabelementen untersucht wurde, wurden Stabelemente ausgewählt, die eine Länge von 20-40 mm und einen Durchmesser von 3 mm besitzen. Die Untersuchungen an entsprechenden Stabelementen bestätigen, daß diese Elemente in dem Frequenzbereich von 200 bis 1000 Hz Longitudinalwellen gut übertragen, während Transversalwellen mit erheblich verminderten Amplituden übertragen werden. Jeweils 9 Stabelemente wurden parallel zueinander angeordnet zu einer schwingungsisolierenden Schnittstelle zusammengefaßt, wobei jeweils an der isolationsseitigen Stirnseite der Stäbe Festkörperaktuatoren positioniert sind. Die Lagerelemente zeigen im Frequenzbereich von 200 bis 1000 Hz in transversaler Richtung breitbandig Schwingungsreduktionen von 10-40 dB und in longitudinaler Richtung wird in einzelnen markanten Frequenzen eine Absenkung der Schwingungsamplituden um mehr als 30 dB erreicht.
Ein Konstruktionsentwurf für die Integration der Interfaces in die Lagerung eines Getriebes einer Windkraftanlage wurde vorgestellt. Die Interfaces sind mit Lasten bis zu 2 to in axialer Richtung belastbar, die mögliche Belastung in radialer Richtung bzw. die zulässige Biegebeanspruchung ist geringer. Die Möglichkeit, die Lagerelemente, bestehend aus einer seriellen Anordnung der Interfaces, mit den bisher eingebauten passiven Isolationselementen so anzuordnen, daß bei einer Lagerung in allen 6 Freiheitsgraden die wesentliche Beanspruchung der Interfaces nur in axialer Richtung erfolgt, ist denkbar, erfordert jedoch für die Umsetzung an der Windkraftanlage u.a. unter Gesichtspunkten der Standfestig-keit eine detaillierte Auslegung und Konstruktion der Getriebelagerung. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, stellen sich die Kosten für die aktiven Interfaces zunächst als reine Mehrkosten dar, da die herkömmlichen Lagerelemente weiterhin eingesetzt werden. Diesen Investitionen stehen Einsparungen beim Getriebe gegenüber. Es kann auf aufwendige Fertigungsverfahren für besonders leise Getriebe (die aber nicht das notwendige Maß an Geräuschreduzierung erbringen) verzichtet werden. Vom umwelttechnischen Standpunkt aus ist zu erwarten, daß die Amplituden der Frequenzen, die zur Tonhaltigkeit des Geräuschs führen, soweit abgesenkt werden, daß sie der Amplitude des Hintergrundrauschens ent-sprechen. Dies würde bedeuten, daß ein Tonhaltigkeitszuschlag für die entsprechende Anlage entfallen würde. Darüber hinaus ist aufgrund der z.T. breitbandigen Wirksamkeit der körperschallisolierenden Schnittstelle (10-40 dB für transversale Schwingungsanteile) eine weitere merkliche Reduktion des Schallpegels zu erwarten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse bilden zum einen die Grundlage einer Deutschen Patentanmeldung Lagerelement mit richtungsselektiver Schallübertragung zur aktiven Körperschallreduktion (Nr. 198 12 748.0), Deutsches Patentamt), zum anderen werden sie im Rahmen einer Dissertation von Dipl. Phys. H. Siebald mit dem gleichnamigen Titel veröffentlicht. Eine Präsentation des Demonstrators auf dem Dritten Anwenderforum Windenergie im Binnenland am 15./16.10.1998 in Kassel sowie auf dem Adaptronic Congreß im Frühjahr 1999 in Berlin ist angedacht. Bestehende Kontakte zu Windkraftanlagenherstellern und -betreibern bzw. zu Herstellern von medizinischen Geräten oder Institutionen, die in vergleichbaren Anwendungsgebieten tätig sind, bestehen bereits und können auf Basis der positiven Ergebnisse des Vorhabens intensiviert werden.


Fazit

Es wurde ein neuartiges Schwingungsisolationskonzept für Körperschall vorgestellt. Eine Umsetzung in Form von lasttragenden Interfaces wurde vorgenommen. Die aktiven Interfaces weisen im Vergleich zu passiven Lagerelementen, die dem Stand der Technik entsprechen, ein wesentlich besseres Isolations-verhalten für Körperschall im Bereich von 200 bis 1000 Hz auf. Eine konstruktive Integration der Interfaces in die Lagerung eines Getriebes einer Windkraftanlage ist möglich, erfordert jedoch für die Umsetzung eine detaillierte Auslegung und Konstruktion der Getriebelagerung. Für Lagerungen von Geräten im niedrigen Lastbereich ist ein Einsatz der neuartigen körperschallisolierenden Lagerelemente mit vergleichsweise geringem Konstruktionsaufwand durchführbar. Um den enormen Performancegewinn bezüglich der Körperschallisolation bzw. der damit verbundenen Luftschallabstrahlung möglichst bald für die Entlastung der Umwelt nutzbar zu machen, scheint es sinnvoll zu sein, parallel zur Verfolgung des Ziels eine Integration in der Getriebelagerung einer Windkraftanlage vorzunehmen, um eine Umsetzung der körperschallisolierenden Lagerung im niedrigen Lastbereich zu realisieren. Eine gegenseitig Befruchtung der Arbeiten ist durchaus vorstellbar und wünschenswert.

Übersicht

Fördersumme

97.665,44 €

Förderzeitraum

09.04.1996 - 23.11.1998

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Climate protection
Lower Saxony
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik