Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Studie zur verfahrenstechnischen Durchführbarkeit der Gülle- und Klärschlammvergasung
Projektdurchführung
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule(RWTH) AachenInstitut für Eisenhüttenkunde
Intzstr. 1
52072 Aachen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In der Bundesrepublik Deutschland fallen jährlich zwischen 175 und 200 Mio. m3 Gülle an. Diese Mengen werden größtenteils einer landwirtschaftlichen Verwertung als Dünger zugeführt. Geringe Mengen werden zu Biogas umgesetzt, das dann z. B. verstromt werden kann.
Die Biomasse Gülle ist als eine aktuell kaum genutzte Energiereserve anzusehen, die einen nicht unbeträchtlichen Anteil zur Ressourcenschonung und zur Senkung der CO2-Emissionen beitragen kann. Eine Möglichkeit stellt der von Gut Behl vorgeschlagene Hochtemperaturvergaser für Güllefeststoffe und sonstige Abfälle dar:
Im Rahmen dieser Studie soll die Durchführbarkeit eines derartigen Konzeptes untersucht und diskutiert werden. Es sollen Aussagen zur verfahrenstechnischen Machbarkeit von Förderung und Vergasung sowie zur Qualität der Rückstände gemacht werden. Letzteres wird notwendig, wenn aus genehmigungsrechtlichen Gründen der Vergasungsrückstand z. B. nicht als Dünger vermarktet werden darf. In diesem Fall müssen die Rückstände den Anforderungen der TA Siedlungsabfall entsprechen und entsprechenden Kriterien bezüglich Auslaugbarkeit und Eluatverhalten genügen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMit Hilfe einer Literaturrecherche wird der Kenntnisstand bei der thermischen Behandlung von Biomassen zusammengestellt. Dies umfaßt verschiedene Verfahren zur Klärschlammbehandlung sowie am IEHK gesammelte Erfahrungen z. B. zur Vergasung von Klärschlamm, Miscanthus, Gerste etc. in einem Wirbelschichtreaktor.
Der praktische Teil im Rahmen des Projektes beschäftigt sich mit Untersuchungen zur Qualität der möglichen Reststoffe. Hierbei wird auch die Förderbarkeit des Materials untersucht; da bisherige Ergebnisse zeigen, daß die Vergasung von Abfällen oder Biomassen hauptsächlich ein Problem des Eintrags in den Reaktor darstellen. Zusätzlich werden zwei Versuche im HTW-Vergaser des IEHK durchgeführt, um die prinzipielle Vergasbarkeit des losen Materials zu demonstrieren. Anschließend werden verfahrenstechnische Durchführbarkeit, Stoffströme und wirtschaftliche Aspekte umfassend erörtert.
Ergebnisse und Diskussion
Die Untersuchungen haben ergeben, daß in der thermischen Verwertung von Gülle ein bisher nur wenig genutztes Potential vorliegt. Die zum Anbau von Getreide notwendige Düngung kann durch Separation von Gülle in Fest- und Dünnfraktion effektiver und kostengünstiger durchgeführt werden. Um den Feststoff einer weiteren Nutzung zuzuführen, muß er einer Aufbereitung unterzogen werden. Dies kann wie bisher durch Kompostieren erfolgen, was sich aber nur lohnt, wenn ein Abnehmer für große Mengen in der Umgebung vorhanden ist. Unnötiger Transport sollte vermieden werden.
Es bietet sich an, den Nährstoffgehalt des Güllefeststoffes durch thermische Aufbereitung aufzukonzentrieren. Die bei der thermischen Behandlung gewonnene Wärme kann prozeßintern genutzt werden. Überschüssige Wärme kann an Abnehmer in der näheren Umgebung geliefert werden. Genauso besteht die Möglichkeit, ein Brenngas zu erzeugen und die Energie mit Kraft-Wärme-Kopplung zu nutzen. Beide Möglichkeiten müssen unter wirtschaftlichen Aspekten unter den spezifischen lokalen Gegebenheiten untersucht werden.
Die Gülleaufbereitung kann mit bekannten, am Markt erhältlichen Komponenten für Separation und Trocknung erfolgen. Geeignete Aggregate sind für die jeweilige Konfiguration auszuwählen.
Als thermischer Teil bietet sich ein Verfahren nach dem Wirbelschichtprinzip an. Es konnte gezeigt werden, daß das Verfahren in allen Belangen den Anforderungen der Güllevergasung entspricht. Der Reaktor beinhaltet zwei Zonen mit unterschiedlichen Temperaturen. Bei bis zu 800 °C wird die eigentliche Wirbelschicht gefahren. Bei Überschreitung ist zu erwarten, daß die Ascheteilchen miteinander und mit der Wand verkleben. Über der Wirbelschicht wird weiteres Vergasungsmittel zugegeben, um die Temperatur zu erhöhen und längerkettige Kohlenwasserstoffe zu zerstören. Im nichtoptimierten Versuchsbetrieb wurden 20 mg Teer je Normkubikmeter Brenngas gemessen. Durch Senkung der eingetragenen Wassermenge sollten in der Nachvergasungszone Temperaturen um 1000 °C erreicht werden. Dadurch wird der Teergehalt deutlich gesenkt. Die Wirbelschicht bietet als zusätzlichen Vorteil, daß mit der gleichen Anlage verschiedene Einsatzstoffe vergast werden können. So könnten bei geeigneter Aufbereitung beispielsweise Holz, Rinden oder Stroh eingesetzt werden. Die Steuerung erfolgt über drei Düsenebenen und den Feststoffeintrag. Als Prozeßgrößen werden Temperaturen in der Wirbelschicht und der Nachreaktionszone, Druckverlust und Gaszusammensetzung aufgenommen.
Das in der Wirbelschicht erzeugte Gas kann in einer weiteren Stufe verbrannt werden. Dies kann zur Wärmeerzeugung oder als Kraft-Wärme-Kopplung mit integrierter Stromerzeugung erfolgen. Über den Verkauf überschüssiger Elektrizität scheint sich das Verfahren wirtschaftlich nicht tragen zu können. Hier ist nach den lokalen Gegebenheiten eine geeignete Lösung anzustreben. Der hauptsächliche Vorteil des Konzeptes besteht in der effektiveren Nutzung der Gülle. Die Energiegewinnung kann nur ein zusätzliches Plus, nicht aber den Mittelpunkt des Konzeptes darstellen.
Hauptaugenmerk ist auf den Vergasungsprozeß zu legen. Er sollte vollautomatisch ablaufen und allen Sicherheitsanforderungen genügen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Vortrag: DGMK Fachbereichstagung Energetische und stoffliche Nutzung von Abfällen und nachwachsenden Rohstoffen 22. bis 24. April 1996 in Velen/Westf.
Titel: Vergasung von Gülle
Autoren: H. W. Gudenau, H. Hoberg, U.Hirsch
Fazit
Die Untersuchungen haben gezeigt, daß die Güllevergasung in einem Wirbelschicht-Reaktor nach dem HTW - Verfahren verfahrenstechnisch durchführbar ist. Die weiteren Entwicklungsschritte liegen vor allem in der Vereinfachung des Prozeßablaufs und einer Automatisierung.
Fördersumme
23.075,63 €
Förderzeitraum
01.07.1995 - 15.04.1997
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter
Climate protection
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik