Umweltgerechter Neubau eines Flußkraftwerkes an der Wutach in Wutöschingen/Baden-Württemberg – Demonstrationsvorhaben
Projektdurchführung
E-Werk Schweiger oHG
Schweiger Str. 3
85445 Oberding
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
An der Wutach in Wutöschingen/Schwarzwald wurde bis 1965 von einer Baumwollspinnerei ein Wasserkraftwerk als Ausleitkraftwerk mit ca. 65 kW Leistung betrieben. Seit der Kraftwerksstilllegung 1965 blockieren an diesem Standort mehrere Wehre und Sohlschwellen die Durchgängigkeit des Fließgewässers. Es ist nunmehr ein umweltgerechter Neubau des Flusskraftwerkes im Wehrbereich der ehemaligen Wasserkraftanlage vorgesehen. Darüber hinaus sollen im Rahmen des Neubaus verschiedene Maßnahmen berücksichtigt werden, welche die Möglichkeit zur angemessenen Berücksichtigung umweltrelevanter Aspekte aufzeigen. Von zentraler Bedeutung sind hierbei Maßnahmen im Bereich der Fließgewässergestaltung, die Gegenstand dieses Fördervorhabens sind.So soll durch:
1. die Anlage eines naturnahen Umgehungsgerinnes in Verbindung mit dem Rückbau einer Sohlschwelle und dem Einbau einer weiteren Sohlschwelle die Fließgewässerdurchgängigkeit wieder hergestellt werden;
2. eine Abflachung und Strukturierung der Uferlinie im Umfeld des Planungsgebietes die Wasser-Land-Verzahnung verbessert werden;
3. die Entwicklung eines standorttypischen Hartholz-Auenwaldes im ehemaligen Triebwerkskanal ein neuer Lebensraum für Tiere und Pflanzen geschaffen werden und
4. eine Verlegung einer vorhandenen Schotterbank auf ein niedrigeres Niveau in Verbindung mit einer stärkeren Uferstrukturierung eine vielfältige Wasserwechselzone geschaffen werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZiel des Projekts Wasserkraftanlage Wutöschingen (WKA) war der umweltgerechte Ausbau der Wasserkraft an dem bereits bestehenden, sanierungsbedürftigen Wutachwehr in Wutöschingen. Gleichzeitig musste mit dem Bau der Anlage den hohen Anforderungen des Hochwasserschutzes für die anliegenden Dorfbewohner in Wutöschingen Rechnung getragen werden.
Das Projekt setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
1. Krafthaus
2. Hochwasserentlastungsanlage
3. Grundablass
4. Gewerbekanal
5. Natürlicher Umgehungsbach
6. Naturnah ausgebildeter Stauraum
7. Naturnah ausgebildeter Unterwasserkanal
Die Wasserkraftanlage ist als Buchtenkraftwerk - ohne Ausleitkanal - ausgebildet. Das Krafthaus liegt unmittelbar neben dem Wehr. Bei Normalbetrieb ist lediglich der im Gewässerlauf gelegene Wehrrücken mit einer Länge von ca. 5 m trockengelegt.
Die Nutzung der Wasserkraft erfolgt durch eine Kaplan-Rohr-Turbine mit Synchrongenerator. Die Anlage erzielt eine maximale elektrische Leistung von 530 kW. Die Hochwasserentlastungsanlage wurde als luftgefülltes Schlauchwehr konzipiert, das auf dem im Rahmen des Kraftwerkbaus sanierten Wehrkörper aufgesetzt ist. Zur sicheren Abführung der relativ großen Hochwassermengen am Wehr dient ein Tosbecken, das in konventioneller Bauform erstellt wurde. Für einen geregelten Transport des Geschiebematerials am Wehrkörper vorbei ist ein Grundablass vorgesehen. Dieser wird über eine elektrisch bzw. manuell gesteuerte Schütze bedient und kann ggf. auch zur Hochwasserabführung herangezogen werden.
Ca. 5 km oberhalb des Kraftwerkstandorts wird der Wutach eine Wassermenge von 2,8 cbm/s durch Ausleitung in einen Mühlkanal (Gewerbekanal) entnommen. An dem Kanal liegen mehrere Kleinwasser-kraftwerke, die ebenfalls Strom erzeugen. Ursprünglich fand die Wiedereinleitung des Wassers in die Wutach über den unteren Gewerbekanal unmittelbar nach der Wehrschwelle der WKA statt. Um auch dieses Energiepotenzial für die elektrische Stromerzeugung in der WKA nutzen zu können, wurde der sogenannte obere Gewerbekanal über eine Länge von 175 m neu ausgebaut. Durch den oberen Gewerbekanal fließt die über den Mühlkanal ausgeleitete Wassermenge unmittelbar oberhalb der WKA, im Staubereich, der Wutach wieder zu. Für den unteren Gewerbekanal wird noch eine Restwassermenge von 150 l/s zur Verfügung gestellt, um dort den notwendigen Lebensraum für standorttypische Tiere und Pflanzen zu erhalten.
Mit der Errichtung der WKA konnte durch den zusätzlichen Bau eines natürlichen Umgehungsbaches mit einer Abflussmenge von 300 l/s und den Rückbau von drei vorhandenen Sohlschwellen die Durchgängigkeit in diesem Bereich wiederhergestellt werden, ohne die Wirksamkeit des Hochwasserschutzes zu beeinträchtigen. Durch eine gezielt ökologische Strukturierung des Stauraumes und des Unterwasserkanals wurden Lebensräume für Fauna und Flora erhalten bzw. noch zusätzlich geschaffen.
Ergebnisse und Diskussion
Durch den ökologisch ausgerichteten Bau der Wasserkraftanlage Wutöschingen konnte der lokale Eingriff in die bereits von einer bestehenden Wehranlage geprägte Landschaft und Natur auf ein geringes Maß begrenzt werden. Gleichzeitig wurde durch die Erstellung eines natürlichen Umgehungsbaches und den Rückbau dreier Sohlschwellen die Durchgängigkeit des Fließgewässers am Kraftwerksstandort wiederhergestellt, durch die Neugestaltung des Ober- und Unterwasserbereichs natürlicher Lebensraum er-halten bzw. zusätzlich geschaffen. Zudem leistet das Kraftwerk mit einer Erzeugung von ca. 2.600 MWh/Jahr regenerativer Energie einen Beitrag zur Schonung unserer Umwelt und natürlichen Ressourcen. Für eine ökologische Gesamtbewertung des Projekts sind die negativen Eingriffe den positiven Auswirkungen durch den Kraftwerksbau gegenüberzustellen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
In der öffentlichen Diskussion hat das Projekt eine große Zustimmung erfahren. Sowohl die zuständigen Behörden, die örtliche Gemeinde, die Fischerei und nicht zuletzt die Wutöschinger Bürger stehen dem Wasserkraftwerk vor Ort durchwegs positiv gegenüber. Auch über die lokalen Grenzen hinaus wurde der WKA großes Interesse entgegengebracht. Politiker, Fachleute, Behördenvertreter, Kraftwerkskollegen und andere Interessierte haben das Wasserkraftwerk bereits besichtigt.
Fazit
Nach abschließender Einschätzung des Verantwortlichen für die Umweltverträglichkeitsstudie wurden die durch die Baumaßnahme hervorgerufenen begrenzten Eingriffe in die Natur durch die positiven ökologischen Auswirkungen des Kraftwerkbaus und die damit verbundenen Ausgleichsmaßnahmen vollständig ausgeglichen. Das Projekt WKA Wutöschingen hat gezeigt, dass die aus gesamtökologischer Sicht sinnvolle Nutzung der Wasserkraft als erneuerbare Energie nicht unbedingt im Widerspruch zu den sektoralen ökologischen Belangen stehen muss. Bei Fließgewässerabschnitten, die z.B. durch bestehende alte Wehranlagen bzw. Hochwasserschutzeinrichtungen vorbelastet sind, kann ein naturgerechter Ausbau der Wasserkraftnutzung diesbezüglich sogar zu Verbesserungen führen.
Fördersumme
101.747,08 €
Förderzeitraum
11.05.1999 - 10.05.2002
Bundesland
Bayern
Schlagwörter
Bavaria
Climate protection
Nature Conservation
Resource conservation
Umweltforschung
Umwelttechnik