Projekt 05962/01

Prognoseverfahren zur regionalen und quantitativen Ableitung von Boden- und Gewässerversauerung auf mittlerer und kleiner Maßstabsebene

Projektdurchführung

Städtische Werke Kassel AG
Postfach 10 36 09
34112 Kassel

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Wassergewinnung aus Waldökosystemen besitzt in der Bundesrepublik qualitativ und quantitativ einen hohen Stellenwert. Durch die zunehmende Versauerung des Rohwassers aus oberflächennahen Wässern durch SO42- und NOx-Immissionen wird eine technische Aufbereitung zunehmend obligat. Wenn Trinkwasser auch in Zukunft ein Naturprodukt bleiben soll, müssen entsprechende Handlungs- und Prognoseverfahren zu dessen Schutz entwickelt werden.
Anhand der Stoffhaushaltstheorie von Ökosystemen wird ein für die Wasserwirtschaft praxistaugliches Verfahren zur quantitativen Prognose des Eintritts von Gewässerversauerung auf der Basis moderner In-formationstechnologie erstellt (AcidProgress). Hierzu wird ein modular aufgebautes Verfahren entworfen. Die Datengrundlage bilden hierbei im wesentlichen routinemäßig vorgehaltene Daten (z.B. Geologie, Topographie). Hieraus lassen sich GIS-technisch Kartenwerke für die wasserwirtschaftliche Planung erstellen. Der modulare Aufbau der Methode macht es möglich, neben dem eigentlichen Ergebnis automatisch eine Reihe weiterer planungsrelevanter Auswertungsmöglichkeiten zu liefern (regionalen Depositionsbelastung, Pufferverhalten des Sickerwasserleiter, etc).
Das eigentliche Produkt zur Prognose des Eintritts von Boden- und Gewässerversauerung wird (erst in Phase II) als Aufsatz (Add-on) zu einem handelsüblichen Geographischen Informationssystem (Arc/Info) entwickelt.
Auf der mittleren, für die wasserwirtschaftliche Planung relevanten Maßstabsebene sind z.Z. keine Modelle bzw. Verfahren verfügbar, die sowohl den Eintritt von Gewässerversauerung zu quantifizieren vermögen als auch dies auf Grundlage routinemäßig vorhaltbarer Daten erlauben. Das Planungsverfahren AcidProgress liefert für oberflächennahe Wasservorkommen ein einfaches aber effektives Planungsin-strument, mit dem nicht nur die mittel- bis langfristige Entwicklung der Wasserqualität hinreichend genau prognostiziert werden kann, sondern darüber hinaus auch einen Maßnahmenkatalog zur effizienten Steuerung der Wasserqualität abgeleitet werden kann. Wasserwirtschaftliche Nutzer erhalten somit ein Werkzeug für eine umweltgerechte und nachhaltige Raumnutzungsplanung bzw. zum Ressourcenschutz.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Das wissenschaftlichen Modellkonzept wird hinsichtlich der Operationalisierbarkeit des Ansatzes fortgesetzt (z.B. durch Zerlegung des Gesamtverfahrens in Teilmodule, Algorithmisierung dieser Einzelmodule und durch Sensitivitätsanalysen des Verfahrens) und an die Testregion angepaßt (NLfB).
2. Bereits vorliegende Daten werden in Form von Datenrecherchen und einer Umfragen aller beteiligten Institutionen zusammengetragen (NLfB) und an die Fa. Schall zur weiteren GIS-technische Ver- und Bearbeitung weitergeleitet. Die routinemäßig vorliegenden Daten bilden die Grundlage zur Durchführung des Prognoseverfahrens (NLfB/Fa. Schall). Forschungsdaten (z.B. zur Gewässerchemie) bilden die Grundlage zur Validierung des Prognoseverfahrens (NLfB).
3. Entwicklung und Zusammenstellung von Auswertungsalgorithmen, d.h. Verfahren zur Ableitung aggregierter Informationen aus einfachen Grundlagendaten (NLfB): Zusammenstellung und Weiterentwicklung von bereits vorliegenden Auswertungsalgorithmen (z.B. Silikatverwitterung, Deposition) und Entwicklung neuer Algorithmen (z.B. Lagerungsdichte und Feinbodengehalte in der Verwitterungsdecke, mGW-Stand im Testgebiet)
4. Messung der Tiefenlage der Versauerungsfront in den Testgebieten (pH, KAK). Da dieser Parameter der wesentliche Kennwert des Prognoseverfahrens ist und nicht ableitbar (algorithmisierbar) ist, sind zu diesem Punkt Messungen notwendig (NLfB). Da diese aber nur ca. 10 Tage in Anspruch nehmen, ist dieser Aufwand vertretbar.
5. Durch Overlay (Kombination) der Einzelkomponenten (Module) des Prognoseverfahrens (Fa. Schall) werden im Rahmen von GIS-Technik regionalspezifische Karten des Eintritts von Gewässerversauerung erstellt . Darüber hinaus werden - bedingt durch den modularen Aufbau des Verfahrens und den Einsatz von GIS-Technik - zahlreiche planungsrelevante Zwischenergebnisse in Kartenform abbildbar (Puffervermögen der Böden, Belastungsraten, Versauerungspotentiale, etc.). In der zweiten Projektphase soll dieses Verfahren zu einem eigenständigen, von jedem Anwender selbst zu nutzenden Programmpaket erweitert werden (Fa. Schall, NLfB).
6. Durch die wissenschaftliche Interpretation der Ergebnisse werden Handlungsempfehlungen für die Testregion zur Verzögerung/Vermeidung von Gewässerversauerung abgeleitet (NLfB).


Ergebnisse und Diskussion

Alle im Rahmen der Phase I des Vorhabens genannten Ziele konnten inhaltlich und zeitlich mit den veranschlagten Kosten erreicht werden.
Ergebnisse
In der Auswertungskarte zum Eintritt der Gewässerversauerung im Testgebiet wurden starke Unterschiede bezüglich des errechneten Zeitpunktes des Eintritts saurer Sickerwässer in den Grundwasserleiter, sowohl zwischen als auch innerhalb der einzelnen Einzugsgebiete in der Testregion Kaufunger Wald deutlich. Die Spanne reicht von bereits versauert bis Eintritt von Gewässerversauerung in > 670 Jahren
Überprüfung der Verfahrensergebnisse
Die dargestellten Prognoseergebnisse entziehen sich prinzipiell einer direkten Überprüfung. Erste Überprüfungsschritte waren die experimentelle und die modelltechnische Validierung des wissenschaftlichen Modellansatzes selbst.
Unter Verwendung der vorliegenden Prognoseergebnisse, des sog. end-member-mixing-analysis-Ansatzes und der Kenntnis der hydrologischen Situation in den Einzugsgebieten ließen sich Prüfkriterien für die Ergebnisse des Prognoseverfahrens ableiten.
In den Einzugsgebieten wurden mit dem vorliegenden Datenmaterial die Prüfkriterien erfüllt.
Aufgrund der erfolgreich abgeschlossenen Arbeiten zur Überprüfung der Validität des Modells und des Verfahrens können die hieraus abgeleiteten Daten als grundsätzlich anwendbar beschrieben werden.
Ableitung von Planungs- und Handlungsentscheidungen für die Wasserwirtschaft
Für die Wasserwirtschaft stellen sich bzgl. der Prognose der Entwicklung der Wassergüten folgende Fragen:
1. Wann ist mit Versauerungsschüben im Rohwasser zu rechnen ?
2. Wo sind versauerungsempfindliche Bereiche eines Einzugsgebietes ?
3. Welche leicht verfügbaren Unterlagen liefern hierfür kostengünstig Aussagen ?
Durch den Einsatz von AciProgress lassen sich diese Fragen für mittel- langfristige Managemententscheidungen auf betrieblicher Ebene von Wasserversorgern nutzen


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Alle vom Vorhabens unmittelbar oder mittelbar betroffene Institutionen wurden schriftlich von dessen Existenz und Zielsetzung in Kenntnis gesetzt. Es wurde nach dem Bedarf, der gewünschten Genauigkeit und möglichen Einsatzmöglichkeiten eines solchen Verfahrens und nach Art, Umfang und Format vorliegenden Datenmaterials gefragt.
Die Ergebnisse der Phase I des Vorhabens wurden in Form eines öffentlichen Statusseminares am 27.11.1996 im Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung in Hannover vorgestellt.
Die Ergebnisse des Statusseminars werden in der Reihe des NLfB Arbeitshefte Boden veröffentlicht. Im Rahmen der Phase II sind Veröffentlichungen der Ergebnisse der Phase I in jeweils einer nationalen (Chemie der Erde) und einer internationalen (Water Resources Research) Zeitschrift geplant.


Fazit

Als Fazit aus der Machbarkeitsstudie zum Verfahren AcidProgress läßt sich zusammenfassen, daß die auf der Grundlage von vorhandenen Daten und Methoden erzielten Ergebnisse des Prognoseverfahrens für mittel- bis langfristige Managemententscheidungen in der Wasserwirtschaft zum ökonomischen und ökologischen Nutzen einsetzbar sind.

Übersicht

Fördersumme

93.926,88 €

Förderzeitraum

01.01.1996 - 06.03.1998

Bundesland

Bundesrepublik Deutschland

Schlagwörter

Bundesrepublik Deutschland
Land use
Nature Conservation
Resource conservation
Environmental communication
Umwelttechnik