Entwicklung und Bau einer Pflanzenkläranlage sowie Einrichtung einer Labor- und Lehrhütte
Projektdurchführung
Ver- und Entsorgungsgesellschaft mbH Ostritz (VEGO)
Markt 1
02899 Ostritz
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Im Rahmen des Gesamtvorhabens Energieökologische Modellstadt Ostritz- St. Marienthal soll auch der sogenannte Baustein Nr. 3 - die Pflanzenkläranlage- ökologisches und ökonomisches, ganzheitliches Handeln dokumentieren. Das Entsorgungsgebiet des städtischen Abwasserentsorgers, der Ver- und Entsorgungs GmbH Ostritz, umfaßt ca. 3.600 Einwohner. Aufgrund topographischer Verhältnisse, der langen Wegstrecke (Entfernung zum öffentlichen Kanalnetz: 680 m bei 80 Höhenmetern) und dem streckenweise felsigen Baugrund entschied sich die VEGO 1995 zur Errichtung einer dezentralen Lösung zur abwassertechnischen Entsorgung im ländlichen Raum für den Ortsteil Bergfrieden mit 50 Einwohnen und zwei Gewerbeeinrichtungen.
Beispielhaft für kleine Kommunen und Siedlungsgebiete im ländlichen Raum sollte eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösung aufgezeigt werden. Im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen im Internationalen Begegnungszentrum Ostritz-St. Marienthal besteht die Möglichkeit, gerade kleineren Gemeinden auch aus den osteuropäischen Ländern ähnliche Lösungswege zur dezentralen Abwasserbehandlung aufzuzeigen. Eine kleine Lehrhütte sollte das Informationsangebot für den Besucher noch unterstützen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie für den OT Bergfrieden errichtete vertikal durchflossene Pflanzenkläranlage (PKA) basiert auf einer Lizenz für den Anlagentyp: Phytofilt MS - DD 300 015 A7 von Herrn Professor Löffler/Institut Frisenius. Die Anlage ist für 70 EW bemessen. Der Gesetzgeber sieht für diese Anlagengröße die Grenzwerte: CSB < 150 ml/l, BSB5 < 40 ml/l vor.
Neben der allgemeinen Skepsis gegenüber PKAen war für den Genehmigungsprozeß die Tatsache besonders problematisch, daß das gereinigte Abwasser nicht direkt einer Vorflut, sonder unmittelbar am Standort versickert werden sollte. Es wurden Auswirkungen des zusätzlichen Nährstoffeintrages infolge der Ableitung geklärter Abwässer durch eine Hohlrinne in den angrenzenden Schluchtwald auf Flora und Fauna befürchtet. Eine vergleichmäßigte Ableitung des gereinigten Abwassers sollte vom Anlagenbetreiber sichergestellt werden.
Ergebnisse und Diskussion
Die PKA besteht aus einem vertikal durchströmten, mehrschichtigen Sand-Kiesfilter mit selbständiger Intervallbeschickung des mechanisch vorgereinigten Abwassers. Der Anlagentyp unterscheidet sich von den in den 80ziger Jahren häufig gebauten, meist horizontal durchflossenen PKAen insbesondere hinsichtlich: Filteraufbau, Durchströmungsrichtung, Beschickungsart, besserer Verfahrensstabilität und guter, nachgewiesener Reinigungsleistung unter Flächeneinsparung. Besondere Leistungsstärken sind der weitestgehende Abbau der sauerstoffzehrenden organischen Substanzen des Abwassers (BSB5) und die extrem hohe Keimzahlverminderung, wodurch ein klares, praktisch geruchloses Wasser abgegeben wird. Das Abwasser wird über die Mindestanforderungen an den Kläranlagenablauf hinaus gereinigt, so daß die vom Gesetzgeber vorgegebenen Grenzwerte eingehalten bzw. weit unterschritten werden.
Zusätzlich kann noch ein teilweiser, nicht unerheblicher Abbau der Pflanzennährstoffe: Stickstoff (durch den Wechsel aerober und anoxischer Schichten) und Phosphor (durch Einbau eisenhaltiger Sand-Kies-Gemische) erreicht werden. Der Bodenkörper der PKA besteht aus mehreren, hinsichtlich der Wassersickergeschwindigkeit unterschiedlichen, nichtbindigen Bodenschichten, deren Milieu durch gezielte Maßnahmen zur Belüftung teilweise aerob gehalten wird. Für eine ordnungsgemäße Funktion und eine hohe Reinigungsleistung sind die Beschaffenheit und die Erfüllung der hydraulischen Bedingungen jeder einzelnen Filterschicht ausschlaggebend. Der Bodenkörper wurde mit standorttypischen Helophyten bepflanzt.
Die geforderte vergleichmäßigte Ableitung des gereinigten Abwassers in die Hohlrinne wurde durch die zusätzliche Anordnung eines Puffer- und Ausgleichteiches sichergestellt. Mit Hilfe einer Praktikumsarbeit der HTWS Zittau vom Oktober 1997 bis März 1998 wurde unterstrichen, daß die mitunter beschriebene Leistungsreduktion des Abbaues von CSB, BSB5, P, NH4-N und Nges in der kalten Jahreszeit für die Anlage in Ostritz-Bergfrieden nicht eintrat. Die Ablaufkonzentrationswerte im Winter sind auffallend gut.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Kontaktadressen:
VEGO Ver- und Entsorgungs GmbH Wasser - Abwasser, Markt 1, 02899 Ostritz, Ansprechpartner: Herr Schwarzbach, Telefon 035823 / 86-254 und Fax 86-584;
Ingenieurgemeinschaft UWETEC, Köpenicker Straße 126, 10122 Berlin, Ansprechpartner: Herr Willing, Tel. 030 / 2702311, Fax 2792258.
Die PKA ist fester Bestandteil des energieökologischen Lehrpfades. Im Rahmen der Weiterbildungen im IBZ ist das Konzept der PKA fest integriert und bietet eine gute Möglichkeit der Demonstration und Bildung. Auf einer Schautafel am Stadtort werden Funktionsweise und technische Daten dreisprachig für jedermann dargestellt.
In der Schriftenreihe der energieökologischen Modellstadt Ostritz- St. Marienthal wurde die PKA als Bausteinheft Nr. 3 publiziert. Die Auflagenstärke beträgt 5.000 Exemplare. Das Heft verfügt über ein Einlegeblatt in tschechischer und polnischer Sprache.
Die Anlage ist für einige Studienrichtungen der HTWS Zittau Lehrplanbestandteil. Im Rahmen von Praktika der Hochschule soll die PKA weiterhin wissenschaftlich begleitet werden.
Fazit
Das Projekt ist ein weiteres gelungenes Beispiel dafür, daß die dezentrale naturnahe Abwasserbehandlung im ländlichen Raum aus ökologischen und ökonomischen Gründen im Vergleich mit dem Anschluß an ein zentrales Netz die sinnvollere Form der Abwasserreinigung sein kann. Zu den Kosten von Pflanzenkläranlagen kann allgemein festgestellt werden, daß deren Investitionskosten sich nicht wesentlich von technischen Kläranlagen vergleichbarer Größe unterscheiden. Der Wartungsaufwand und die Betriebskosten sind dagegen deutlich niedriger.
Die Abbauleistung des Phytofilt-Systems kann als hervorragend eingestuft werden. Die Ablaufkonzentrationswerte liegen bei 10 v. 100 der geforderten Grenzwerte (CSB 13-15 ml/l, BSB5 2-4 ml/l). Auch die Reinigungsleistung im Winterbetrieb ist auffallend gut. Die mit dem Abwasser anfallenden Phosphate werden besser mit dreiwertigem Eisen im Bodenkörper der PKA durch chemische Fällung gebunden, als mit zweiwertigem Calcium.
Die Vergleichmäßigung des Ablaufes über einen Ausgleichsteich hat sich im OT Bergfrieden bewährt. Die Bedenken gegen die Versickerung des Abwassers vor Ort konnten mit den Ergebnissen zerstreut werden.
Fördersumme
102.258,38 €
Förderzeitraum
05.09.1994 - 11.02.1999
Bundesland
Sachsen
Schlagwörter
Resource conservation
Umwelttechnik