Neues Korrosionsschutzverfahren durch Passivierung von Metallen mit Polyanilin
Projektdurchführung
Ormecon GmbH
Ferdinand-Harten-Str. 7
22949 Ammersbek
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Seit 1981 führte die Zipperling Kessler & Co. Grundlagenforschung auf dem Gebiet der leitfähigen Polymere (Organische Metalle) durch. Dabei wurde ein chemisch neuartiges Polyanilin entwickelt sowie ein Dispersionsverfahren zur weiteren Verarbeitung dieses unlöslichen und unschmelzbaren Stoffes. Weitere Forschungen führten zu der Entdeckung, daß Polyanilin in der Lage ist, Metall zu veredeln und zu passivieren, wodurch ein enormer Korrosionsschutzeffekt erzielt werden kann. Die Fragestellung des Vorhabens lag nun darin, entsprechende Produkte für die Praxis zu entwickeln. Angesichts der Tatsache, daß durch Korrosion 4% des BSP jährlich verloren gehen, wird die Bedeutung dieser neuen Entwicklung für den Umweltschutz verständlich. Durch die neue Technologie können außerdem umweltschädliche Korrosionsschutzmittel, die Chromate, Bleioxide, Zink u.ä. enthalten, ersetzt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAuf der Basis der Dispersionstechnologie wurden unterschiedliche Grundierungssysteme entwickelt. Aus dem Markt wurden zudem zahlreiche Decklacksysteme beschafft und zunächst bzgl. Trocknungs- und Härtungsverhalten auf Verträglichkeit untersucht. Dabei schieden bereits eine Großzahl von Systemen aus. Wir entwickelten parallel dazu Screening-Verfahren zum Testen kompletter Beschichtungssysteme, um die langwierigen Korrosionstests (die selbst als beschleunigte Tests 3-9 Monate dauern) auf diejenigen Systeme zu beschränken, die auf der Basis von Screening-Messungen positive Aussichten auf gutes Langzeitkorrosionsverhalten zeigten. Das Screening-Verfahren bestand zunächst aus einer elektrochemischen Messung (die wir heute auf eine neuartige Impedanzspektroskopie hin weiterentwickelt haben) kombiniert mit einem Wechseltauchtest. Desweiteren untersuchten wir die Schutzmechanismen der Veredelung und Passivierung auch in praktisch relevanter Umgebung. Als Tests wurden Wechseltauchtest, Salzsprühtest, VDA-Wechseltest, Dauertauchtest, Außenbewitterung und andere Korrosionstests eingesetzt. Darüber hinaus wurden bereits mit zahlreichen potentiellen Abnehmern Versuche in der Praxis durchgeführt (z.B. im industriellen Korrosionsschutz, im Bootsbau, bei der Beschichtung von Schüttgütern und im Korrosionsschutz von Aluminium).
Ergebnisse und Diskussion
Es ist während des Projektes gelungen, nicht nur alle Ziele des Vorhabens zu erreichen, sondern weit zu übertreffen. Ormecon Chemie entwickelte im Verlaufe des Vorhabens komplette Korrosionsschutzsysteme, darunter:
· CORRPASSIV® 4900, ein System für den industriellen Korrosionsschutz
· CORRPASSIV® 4902, wie 4900, aber mit höherer mechanischer Belastung
· CORRPASSIV® 4901, zum Schutz von Aluminium gegen Filiformkorrosion
· CORRPASSIV® 4003, zur Beschichtung von metallischen Schüttgütern (Kleinteile)
· Skippers CORRPASSIV®, ein System für Boote aus Stahl (ein analoges System für Aluminiumboote konnte ebenfalls fertiggestellt werden).
Alle diese Systeme wurden in Labortests beschleunigter Korrosion unterworfen und mit führenden, bewährten Beschichtungssystemen verglichen. In allen Tests, auch wenn diese bei potentiellen Kunden oder bei neutralen Instituten durchgeführt wurden, haben die Systeme sich als überlegen erwiesen.
Weitere Produkte, so für das coil coating oder für extrem aggressive Korrosionsumgebungen (z.B. Entschwefelungsanlagen) sind in der Entwicklung und konnten während des Projektes bereits in gewissem Umfang vorentwickelt werden.
Das Unternehmen geht derzeit, nach den bisher vorliegenden Testergebnissen, davon aus, daß die Lebensdauer von mit CORRPASSIV® beschichteten Metallprodukten um etwa den Faktor 5 verlängert werden kann. Sollte sich diese Vorhersage bestätigen, kann die Bedeutung der neuen Technologie Korrosionsschutz mit Organischen Metallen für die Umwelt nicht überschätzt werden.
Von zusätzlicher Bedeutung für die Umwelt ist die Feststellung mehrerer Unternehmen (u.a. eines Flugzeugherstellers), daß die Chromatierung von verzinkten Stahloberflächen bzw. von Aluminium ersetzt werden kann. Es scheint sich auch als richtig zu erweisen, daß die Verzinkung als solche ersetzt werden könnte.
Im Unterschied zu Grundierungen nach dem bisherigen Stand der Technik wird die CORRPASSIV-Grundierung nur mit 20 µm aufgebracht. Herkömmliche Grundierungen verlangen in den jeweils vergleichbaren Korrosionsanforderungen zwischen 60 und 150 µm. Bezogen auf die Gesamtschichtstärke ist dies allein schon eine Reduzierung auf 20-30%. Die Praxis wird zeigen, ob nicht zusätzlich sogar noch eine Reduzierung der Schichtdicke der weiteren Schichten und des Decklacks möglich wird im Vergleich zu herkömmlichen Systemen.
Alle Produkte werden bereits im Markt angeboten, z.T. auch dem Direktverbraucher (dann in kleinen Verpackungseinheiten). Industrieunternehmen befassen sich intensiv mit der neuen Technologie, eine Umstellung ist jedoch nicht innerhalb kürzerer Zeiten zu erwarten.
Insbesondere die Tatsache, daß Korrosion letztendlich nicht aus Labortests heraus beurteilt werden kann, erschwert es den meisten Industriebetrieben und Werften, selbst nach erfolgreichen Vortests in die erste echte praktische Erprobung zu gehen. Hier muß das Unternehmen in der nächsten Zeit mit erheblichen Investitionen Referenzobjekte unterstützen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Durch wissenschaftliche Veröffentlichungen, Fachaufsätze und Artikel in Publikumszeitschriften sowie zahlreiche Vorträge auf Kongressen und Seminaren wurde versucht, die neue Technologie bekanntzumachen. Darüber hinaus gibt die Ormecon Chemie umfangreiches Informationsmaterial (Broschüren, technische Informationen und Datenblätter, Referenzberichte) heraus.
Fazit
Das Vorhaben ist trotz seiner Komplexität, trotz der kompletten Neuheit des Verfahrens über die Maßen erfolgreich gewesen. Es sind weit mehr als die gesteckten technischen Ziele erreicht worden. Die neue Korrosionsschutztechnologie ist auf eine Weise leistungsfähig, wie dies von Fachleuten nicht erwartet werden konnte.
Allerdings ist der Widerstand gegen die Einführung der neuartigen Beschichtungssysteme aber unübersehbar. Die Überzeugung des Marktes wird nur mit erfolgreichen Referenzobjekten gelingen, deren Durchführung und begleitende wissenschaftlich-technische Untersuchung viel Geld erfordert.
Fördersumme
544.142,38 €
Förderzeitraum
02.09.1994 - 07.07.1998
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter
Climate protection
Umweltforschung
Umwelttechnik